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Gravel-WMSpannendes Zukunftsprojekt: Belgier Vermeersch gewinnt Premiere, Diederich wird 49.

Gravel-WM / Spannendes Zukunftsprojekt: Belgier Vermeersch gewinnt Premiere, Diederich wird 49.
Das erste Podium bei einer Gravel-WM: Gianni Vermeersch (M.) setzte sich vor Daniel Oss (l.) und Mathieu van der Poel durch Foto: AFP/Massimo Fulgenzi

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Die erste UCI-Weltmeisterschaft mit dem Gravelbike in Venetien ist Geschichte. Mit spannenden Rennen, verdienten Weltmeistern, guter luxemburgischer Beteiligung und einer interessanten Zukunft.

Gleich zum Auftakt in Norditalien gab es mit der favorisierten Pauline Ferrand-Prevot eine würdige erste Weltmeisterin. Sie hatte diesen Titel bereits 2014 auf der Straße, 2015 im Cyclocross und auch achtmal mit dem MTB geholt. In einer unglaublichen Saison 2022 gelang ihr dabei ein WM-Tripple mit dem MTB. „Ich bin ein perfektes Rennen gefahren“, berichtet die 30-jährige Französin. „Es war sehr schnell und ich versuchte mich vorne zu behaupten. Dann in der Ausreißergruppe dabei zu sein. Ich wusste, dass ich im Sprint einer kleinen Gruppe gewinnen würde.“ Dort war sie der Schweizerin Sina Frei klar überlegen. Elf Sekunden dahinter setzte sich aus der Vierer-Fluchtgruppe die Italienerin Chiara Teocchi gegen die Deutsche Jade Treffeisen durch.

Auch bei der Elite der Männer wurden auf den 194 Kilometern mutige Ausreißer belohnt: Die schwierigeren 30 ersten Kilometern rissen das Feld auseinander und als ein Quartett noch ziemlich zum Anfang der endlosen flachen Passage eingeholt wurde, startete der entscheidende Konterangriff: Der Belgier Gianni Vermeersch setzte sich mit dem Italiener Daniel Oss ab und ihr Vorsprung pendelte sich bald um die fünf Minuten ein. Bei der ersten Zieldurchfahrt lagen sie noch 4:38 vorn und obwohl der Niederländer Mathieu van der Poel ab dem ersten Anstieg zur Citadelle mehrmals das Tempo verschärfte, lag das Duo vor der letzten Schleife noch 3:40 vorne. Vier Kilometer vorher hatten die beiden unter anderem Sebastian Einsle eingeholt, der damit nicht mehr auf die letzte Runde über 27 Kilometer durfte. „Ich war darüber nicht unfroh. Ich hatte alles gegeben und bin deshalb auch nicht enttäuscht“, meinte der sympathische Offroad-Spezialist.

Tim Diederich: „Eine richtig geile Erfahrung“

Ein längerer Single Trail rund 10 Kilometer vor dem Ziel war die entscheidende Schlüsselstelle: Hier setzte sich der Alpecin-Profi Gianni Vermeersch entscheidend von Oss ab. Ebenfalls hier setzte Mathieu van der Poel eine letzte Attacke, die die Verfolger auf ein Sextett reduzierte, bevor er anderthalb Minuten hinter dem Weltmeister den Belgier Greg van Avermaet im Zielsprint um Bronze distanzierte. In der ersten Verfolgergruppe hinter den Favoriten setzte sich an der gleichen Stelle auch Tim Diederich ab: „Wie bei einem Klassiker habe ich davor attackiert und voll durchgezogen. Zum Glück kam ein Zweiter dazu und ich wurde am Ende 49.  Ich bin zufrieden. Ich hatte am Ende auch nichts mehr übrig, bin mit 100 Prozent Energie losgefahren, angekommen mit null Prozent. Mehr kann man nicht machen. Aber es war eine richtig geile Erfahrung, als Amateur mit der Weltelite mitzufahren.“

Das bunt gemischte Teilnehmerfeld war sicher ein Merkmal dieser ersten Gravel-WM, genau wie der offene Rennverlauf. Ohne Knopf im Ohr, den sportlichen Leiter im Mannschaftsauto dahinter und ein starkes Team, das ein Rennen kontrolliert, haben Ausreißer ganz andere Erfolgsaussichten. Das Rennen machten dennoch die Fahrer der World Tour auf der Straße. Selbst der Zehnte, Andreas Stokbro, fuhr immerhin noch 2021 World Tour und der südafrikanische Mountainbiker Matthew Beers war als 17. erster Nicht-Straßenfahrer, wobei die meisten von ihnen modifizierte Rennräder wie bei Paris-Roubaix oder der Strade Bianchi einsetzten. Was ein mit seinem 80. Platz sehr zufriedener luxemburgischer Gravel-Spezialist Pol Weisgerber auf Nachfrage auch kritisierte: „Ich habe jetzt einige große Gravelraces gesehen und das hier war kein richtiges. Dass Straßenfahrer Straßenräder fuhren, zeigt, welche Strecke es war.“ Dafür schwärmte er von der wunderschönen Zielankunft in Vincenca, wo man zwischen Zuschauerspalieren „volle Pulle“ durch die Straßen fuhr. Ein „Girofeeling“ habe er richtig genossen. Im luxemburgischen Team habe eine großartige Atmosphäre geherrscht und man habe sich nach den eigenen Möglichkeiten gut aus der Affäre gezogen.

Die Stimmung war auch im Feld gut, laut Einsle weniger verbissen als bei Straßenrennen. Auf seiner ersten Abfahrt lag dann ein US-Amerikaner. „In unserer Gruppe ging es eh nicht um den Sieg, also blieb ich stehen. Er torkelte hin und her. Ich wollte ihn in die stabile Seitenlage legen, aber er wollte aufs Rad.“ Als das erste Quad mit den Ärzten ankam, fuhr der luxemburgische Polizist weiter. „Ich dachte, der wäre reif fürs Krankenhaus, aber bei Kilometer 30 fuhr er mich wieder auf. Und nahm mich aus Dankbarkeit einfach die nächsten 30 Kilometer in den Windschatten.“ Und wenn jemand bei der Verpflegung eine Trinkflasche verpasste, habe sie dann einfach jemand einer anderen Nation genommen und weitergereicht.

Das luxemburgische Aufgebot bei der Gravel-WM: Diederich, Einsle, Bützow, Larry und Weisgerber (v.l.n.r.)
Das luxemburgische Aufgebot bei der Gravel-WM: Diederich, Einsle, Bützow, Larry und Weisgerber (v.l.n.r.) Foto: Jempy Drucker