In der vergangenen Ausgabe sind wir von Keflavik losgefahren, haben eine Tour über die Halbinsel Snaefellsnes gemacht, sind per Fähre in die Westfjorde übergesetzt und haben bei der Fahrt an der Küste entlang Papageientaucher, Robben und beeindruckende Wasserfälle erlebt. Geendet hat der erste Teil des Berichts in Heydalur, einem kleinen Pferdehof wenige Kilometer von Ísafjörður entfernt.
Ísafjörður ist die größte Siedlung in den Westfjorden. Hier leben knapp über 2.700 Bewohner. Die Siedlung ist insbesondere für die Fischerei bekannt, eine wichtige Industrie für die ganze Region. In Ísafjörður legen auch viele Kreuzfahrtschiffe bei ihrer Rundreise um Island an und deren Gäste können von der Siedlung aus verschiedene Tagestouren buchen, etwa einen Besuch des Dynjandi-Wasserfalls oder des Látrabjarg-Steilhangs, an dem Papageientaucher, Möwen, Tölpel und viele andere Vogelarten brüten. Beides Highlights, die wir in der letzten Ausgabe des Magazins präsentiert haben.
Von daher ist es nicht ungewöhnlich, in der unmittelbaren Umgegend von Ísafjörður vereinzelt größere Touristenbusse anzutreffen. Doch schnell lässt man diese Touristengruppen auch wieder hinter sich und begegnet kilometerlang keiner Menschenseele.
Heydalur ist ein beliebter Zwischenstopp bei einer Rundreise der Westfjorde. Wer ein wenig Zeit mitbringt, kann dort auch Pferde- und Kajaktouren buchen. Reiterfahrung muss man nicht unbedingt mitbringen und die Islandpferde erlauben auch Anfängern, ein wenig Abenteuerluft zu schnuppern, wenn sie mit sicherem Schritt durch Ströme von Schmelzwasser oder quer durch Lavafelder marschieren. Nach dem Ausflug kann man in einer von zwei heißen Quellen entspannen.
Wer danach mit Bärenhunger in die große Halle kommt – die stark an ein Vikinger-Langhaus erinnert und früher mal ein Scheune gewesen ist – sollte unbedingt die frisch gefangene Forelle probieren! Ein kulinarischer Genuss, der in Erinnerung bleibt. Über gutem Essen kommt man auch gerne mit den anderen Gästen ins Gespräch. Wer während der Rundreise etwas aufpasst, dem kann schnell auffallen, dass man häufig die gleichen Menschen wieder trifft, da es nicht unendliche viele Übernachtungsmöglichkeiten unterwegs gibt und auch nur wenige Straßen durch die Westfjorde führen. So trifft man auch bei den Zwischenstopps aufeinander. Will man mehr über die Westfjorde selbst erfahren, dann sollte man Hotelbesitzerin Stella fragen, ob sie Zeit hat für ein paar Geschichten. Mit einer besonderen Herzlichkeit, die wir bei vielen Isländern erlebt haben, vermittelt sie einem sofort, bei ihr zu Hause zu Gast zu sein – auch weil ihr Büro mitten im Restaurantbereich angesiedelt ist und zwischen Laptop, Familienfotos, kleinen Erinnerungsstücken, Katalogen und Büchern ein geordnetes Chaos herrscht, über das sie zweifellos der Chef ist.
Von Heydalur aus führt uns die Route entlang beeindruckender Naturszenen und unzähliger Wasserfälle weiter nach Djúpavík, eine winzige Ortschaft von gerade mal fünfzehn Häusern und einer alten Heringfabrik. War alles Bisherige schon einsam, kommt der ehemalige Fischereiort einem wie der abgelegenste Platz der Welt vor. Vor allem der letzte Teil der Fahrt erfordert einiges an Geduld und einen konzentrierten Fahrer: Die Schotterstraße ist eng, hat viele Schlaglöcher und lässt einen kaum schneller als 30 km/h fahren – insbesondere wenn man, wie wir, auf einer der Hochebenen ein dichtes Nebelfeld erwischt.
Auf den ersten Blick fragt man sich vielleicht, ob sich die Reise nach Djúpavík wirklich lohnt. Die alte Heringsfabrik fällt beinahe in sich zusammen und spektakuläre Landschaften findet man auch weniger abgelegen. Doch der Ort hat einige Überraschungen zu bieten. DC-Fans wird die Kulisse bekannt vorkommen: Hier wurden einige Szenen von „Justice League“ gedreht. Wer lieber liest, der kann sich im Roman des Literaturnobelpreisträgers Halldór Laxness Guðsgjafaþulan (dt. Die Litanei von den Gottesgaben), nach Djúpavík entführen lassen. Und die isländische Band Sigur Rós hat 2006 in der alten Fabrik ein ziemlich einzigartiges Konzert gegeben. Doch die alte Fabrik und das zugehörige Hotel haben ihren eigenen Artikel verdient und werden in einer künftigen Ausgabe noch einmal vorgestellt.
Ehe man von Djúpavík aus wieder gen Zivilisation fährt, sollte man ein wenig Zeit einplanen und der einzigen Straße, der Küste entlang bis nach Krossnes folgen. Denn hier befindet sich wohl das einsamste Freiluftschwimmbad der Welt, gespeist von einer heißen Quelle. Es ist eine einzigartige Erfahrung voller Kontraste – die angenehme Wärme am Körper gegen den kalten Wind im Gesicht, das stille Wasser des Schwimmbads gegen die wilden Wellen des Meeres, die Geselligkeit der wenigen Besucher gegen die absolute Abgelegenheit des Ortes, die Stille des Menschen gegen das laute Rauschen der Natur.
Doch so gerne manches Einsiedlerherz auch verweilen will, die Fahrt durch die Westfjorde geht weiter – und führt langsam wieder Richtung Süden. Man sollte auf jeden Fall wieder einige Zeit für Fotostopps einplanen. Denn immer wieder zwingt einen die respekteinflößende Landschaft von Islands ältester Region zum Stehenbleiben und einfach nur Sattsehen.
Da die Westfjorde nur über eine schmale Landbrücke mit dem Rest Islands verbunden sind, findet man sich schnell in Orten wieder, die man auch auf der Hinreise besuchen kann. Schließlich führt uns unsere Reise wieder ins Innere des Landes und die Westfjorde verschwinden im Rückspiegel.
Ein Besuch Islands ist natürlich nicht komplett, wenn man nicht auch den „Goldenen Kreis“ besucht. Die Route heißt so, da man hier innerhalb kürzester Zeit drei von Islands Naturwundern erlebt: das Geothermalegebiet Haukadalur mit dem aktivsten Geysir der Welt, der bekannte Wasserfall Gullfoss und den þingvellir-Nationalpark, in dem man die auseinanderdriftenden Kontinentalplatten erkunden kann.
Alle drei Stopps sind natürlich sehr beeindruckend. Doch nach der Abgeschiedenheit der Westfjorde sind die Menschenmassen an diesen bei Touristen sehr beliebten Orten schon sehr gewöhnungsbedürftig – und aufgrund des rasch umschlagenden Wetters an diesem Tag und der erst beginnenden Reisesaison waren es beileibe nicht so viele Menschen, wie ich es bei einem früheren Besuch erlebt habe. Wer also unbedingt den „Golden Circle“ erleben möchte, aber das Gefühl der Einsamkeit der Westfjorde mit nach Hause nehmen will, sollte den Besuch vielleicht eher zu Beginn der Reise einplanen.
Ehe die Reise am Flughafen endet, haben wir noch einmal kurz in Islands Hauptstadt Reykjavík vorbeigeschaut. Die Stadt spiegelt das freundliche Wesen der Inselbewohner wider – die teils rauen Fassaden, die Winterstürmen die Stirn bieten müssen, sind bunt angemalt, hier und da zaubert ein lustiges Graffiti oder ein lockerer Spruch ein Lächeln auf die Lippen. Shoppen kann man in der Einkaufsstraße bis zum Umfallen – oder eher, bis einem das Geld ausgeht. Denn es stimmt, dass vieles in Island deutlich teurer ist, als man es sich erwartet. Das Budget sollte dementsprechend ausgerichtet sein – auch beim Essen und Trinken. Für den kleinen Hunger zwischendurch zwei „Geheimtipps“: Bei der Bäckerei Brauð & Co gibt es ofenfrische Backwaren, die unbeschreiblich gut schmecken. Und wer eher abenteuerlich essen will, kann einen der Hotdog-Stände Reykjaviks besuchen. Am bekanntesten ist sicherlich Baejarins Beztu Pylsur, nachdem Bill Clinton 2004 hier einen traditionellen Hotdog verdrückte. Doch ich persönlich würde Víkinga Pylsur, nahe der großen Kirche Hallgrímskirkja, empfehlen. Den hier gibt es nicht nur den traditionellen Hotdog, sondern auch eine Art „Pulled Lamb“, einen „Pulled Pork“ und einen vegetarischen Hotdog, die wirklich sehr lecker waren.
Zur Pressereise
Drei Journalistinnen, ein Auto und zwölf Tage freie Fahrt: Das war das Konzept der von dem Reiseunternehmen Islanderlebnis im Juni durchgeführten Pressereise. Weitere Berichte über die Erfahrungen in Island werden Sie in den kommenden Wochen und Monaten im Tageblatt-Magazin lesen.
Bisher schon erschienen ist:
Islands beeindruckende Westfjorde: Durchatmen in der Einsamkeit am 27.8.2022
Die Reise kann direkt bei Islanderlebnis.de unter dem Namen „Westisland mit viel Zeit entdecken“ gebucht werden. Sie kostet ab 1.874 € p. P.
Das Unternehmen wird in den kommenden Wochen auch ein Büro in Luxemburg eröffnen und ist dann unter der Adresse 6, Pierre-Risch-Strooss, L-5450 Stadtbredimus zu finden.
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