Volkswagen hat Manipulationen von Abgastests bei Diesel-Fahrzeugen in den USA eingeräumt. «Die Manipulation an der eingesetzten Software hat es gegeben», sagte ein Sprecher des Konzerns am Sonntag in Wolfsburg. Die US-Umweltbehörde EPA beschuldigt VW, mit Hilfe einer Software die Resultate von Abgasuntersuchungen bei Diesel-Autos geschönt haben.
Nachdem Volkswagen sich zunächst nicht zu Details des Falls äußern wollte, drückte VW-Chef Martin Winterkorn am Sonntag in einer Erklärung sein Bedauern darüber aus, Vertrauen von Kunden und Öffentlichkeit enttäuscht zu haben. Direkt eingeräumt hatte der Konzernchef die Vorwürfe in der Erklärung noch nicht.
Umfassende Aufklärung
Winterkorn kündigte eine umfassende Aufklärung des Abgas-Skandals an. «Die Geschehnisse haben für uns im Vorstand und für mich ganz persönlich höchste Priorität», sagte der Konzernchef. «Wir arbeiten mit den zuständigen Behörden offen und umfassend zusammen, um den Sachverhalt schnell und transparent vollumfänglich zu klären.»
Laut der US-Umweltbehörde EPA hat VW gegen das Klimaschutzgesetz «Clean Air Act» verstoßen. Der Konzern habe mit Hilfe einer Software die Resultate von Abgasuntersuchungen geschönt, hatte die EPA am Freitag mitgeteilt. VW drohen deswegen schlimmstenfalls Strafzahlungen von mehr als 18 Milliarden Dollar und ein nicht abzuschätzender Imageschaden.
Vertrauen wiedergewinnen
VW habe eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. «Klar ist: Volkswagen duldet keine Regel- oder Gesetzesverstöße jedweder Art», sagte Winterkorn. Der Konzern werde alles daran setzen, Vertrauen, wiederzugewinnen.
Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte am Sonntag, es sei zu früh, um die Sache zu bewerten. «Ich weiß viel zu wenig über den Fall, um zunächst mal beurteilen zu können, wie gerechtfertigt der Vorwurf Volkswagen gegenüber ist und ob wir zu hundert Prozent und in jeder Betrachtungsweise davor völlig sicher sein können», sagte Zetsche.
«Illegale» Schummelei
Konkret wirft die EPA VW vor, die Ermittlungen von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Betroffen sind bisher rund 482 000 Fahrzeuge. Laut EPA soll das Programm ermöglichen, das Abgas-Kontrollsystem nur bei offiziellen Emissionstests zu aktivieren. Das würde bedeuten, dass die Luftverpestung im Normalbetrieb viel höher wäre. Bislang seien Fahrzeuge der Baujahre 2009 bis 2015 aufgefallen, darunter das für VW in den USA wichtigste Modell Jetta, aber auch der Golf, Beetle, der Passat und der Audi A3.
«Solche Mittel zu benutzen, um die Klimaschutzstandards zu umgehen, ist illegal und eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit», hatte EPA-Vertreterin Cynthia Giles gesagt. Ihre Behörde werde die Untersuchungen in diesem «sehr ernsten» Fall fortsetzen. Dabei sei nicht auszuschließen, dass weitere Verdachtsfälle ans Licht kämen.
«Bärendienst für Dieseltechnologie»
Der Autofachmann Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaftin Bergisch Gladbach sagte, bei VW müsse es strukturelle Änderungen geben. «Da ist etwas fundamental schiefgegangen bei VW», sagte Bratzel der Deutschen Presse-Agentur.
Wie andere Branchenkenner ist Bratzel entsetzt: «Das ist ein Bärendienst für die ganze deutsche Dieseltechnologie», sagt er. Hierdurch würde das Image von Dieselautos – in den USA ohnehin in einer Nische – schwer beschädigt. Auch BMW und Daimler seien dadurch indirekt betroffen. «Man versucht seit Jahren, die Dieseltechnologie zu etablieren in den USA – und jetzt das», sagte Bratzel.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können