Der Renminbi, etwas weniger offiziell auch Yuan genannt, wird für Luxemburg immer bedeutsamer. Oder Luxemburg für den Renminbi? Wie dem auch sei: Der Luxemburger Finanzplatz ist einer der wenigen Standorte weltweit, die von China auserwählt worden sind, um die (politisch gesteuerte) internationalisierung der Chinesischen Währung voranzutreiben (Link). Nebst Orten wie Toronto, Katar, Zürich, London, Singapur und anderen.
„Die Deutsche Mark Asiens“
„Die Situation in China ist vergleichbar mit der in Deutschland in den 60er Jahren, als die Deutschen kollektiv entschieden haben, dass es gut ist, eine starke Währung zu haben. Der Renminbi ist die Deutsche Mark Asiens“, sagte gestern Finanzexperte David March in Luxemburg.
Während andere Währungen wie Dollar und Pfund zur Reservewährung gewachsen sind, versucht Chinas Politik die Entwicklung der Währung politisch zu steuern.
„Game changer“ MSCI
Die Bedeutung der chinesischen Währung Renminbi nimmt stetig zu. Kein Wunder also, dass Beobachter sagen, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis der Renminbi vom IWF zur Berechnung seiner hauseigenen Kunstwährung SDR mit einbezogen wird. Dadurch bekäme der Renminbi hochoffiziell den Ritterschlag als Reservewährung, wie Dollar, Pfund oder Euro.
Die Entscheidung des IWF werde jedoch wahrscheinlich nicht so große Folgen haben wie eine andere ausstehende Entscheidung, meint Frederic Neumann von HSBC Hongkong. Experten gehen davon aus, dass der einflussreiche Anbieter von Aktienindizes MSCI bald chinesische Aktien, die ausschließlich auf dem chinesischen Festland gehandelt werden (sogenannte A-Shares) in seinen Index aufnehmen wird. Viele große Investoren orientieren sich an diesem Index und müssten demnach solche A-Shares kaufen. Neumann spricht von einem „Game changer“. In diesem Sinne ist es interessant, dass Vanguard – ein Schwergewicht in der Fondswelt – sich die Lizenz gesichert hat, um A-Shares im Wert von zehn Milliarden Renminbi zu kaufen (RQFII). Der Fondsgigant hat bereits damit begonnen, solche Aktien zu kaufen.
So war die Luxemburger Börse die erste Börse Europas, an der ein so genannter „Dim Sum Bond“ gelistet worden ist, also eine Anleihe in chinesischer Währung außerhalb Chinas. „Wir sind Nummer eins bei Einlagen in Renminbi.
Wir sind Nummer eins bei Fonds, die auf Renminbi lauten. Und wir sind Nummer eins bei Dim Sum Bonds“, wird auch Finanzminister Pierre Gramegna nicht müde zu wiederholen. Ende 2014 waren es Einlagen im Wert von 61,5 Milliarden Renminbi (8,9 Milliarden Euro). Außerdem hat China Luxemburg kürzlich RQFII-Lizenzen im Wert von 50 Milliarden Renminbi (7,246 Milliarden Euro) zugesprochen – also die Erlaubnis, Aktien im Wert von 50 Milliarden Renminbi auf dem abgeschottetem Kapitalmarkt Chinas zu kaufen.
Mit anderen Worten: Luxemburg ist ein „Hub“ – ein Drehkreuz – für den Renminbi. Und von diesen „Hubs“ kann es nicht genug geben, erklärte gestern Sophie Leung. Die Politikerin vertritt Hong Kong im chinesischen Parlament. „Je mehr dieser Zentren, umso besser. Je höher entwickelt sie sind, umso besser“, sagt sie. Überall hätten die Nutzer andere Ansprüche und Bedürfnisse. „Wir müssen Einzigartigkeit kultivieren“, fordert sie bei einem Rundtischgespräch mit Vertretern der Hubs in Kanada, Luxemburg, der Schweiz und Singapur.
Drehkreuz für den Renminbi
Nicolas Mackel, Direktor bei Luxembourg for Finance, brachte ein, dass die Hubs sich untereinander besser vernetzen sollen. Das Netzwerk von Renminbi-Zentren dürfe nicht sein wie das französische Autobahnnetz, in dem alle Stecken „nach Paris und zurück führen“. Vielmehr müssten sie sich verhalten wie das Deutsche Autobahnnetz, in dem alle Städte untereinander verbunden sind.
Hierin waren sich am Mittwoch alle einig. Konkurrenzdruck scheint in Sachen Renminbi nicht zu herrschen. „Der Renminbi-Kuchen ist groß genug, damit wir ihn teilen können“, sagte auch Leng Yeng Thong von der Finanzaufsicht in Singapur.
Möglicher Stolperstein
Ähnlich hatte sich auch der Chef der Luxemburger Börse bereits in der letzten Woche geäußert. Robert Scharfe hatte die Ankündigung eines Joint Venture zwischen den Börsen in Frankfurt und Schanghai positiv bewertet. Jede Initiative, die dafür sorge, dass der Renminbi in Europa Fuß fasst, sei auch gut für Luxemburg, sagte er gegenüber dem Tageblatt.
Zeitgleich mit der Konferenz am Mittwochmorgen veröffentlichte die OECD ihre Prognosen für das chinesische Wachstum: 6,8 Prozent in diesem Jahr und 6,7 Prozent im nächsten Jahr. Nicht mehr zweistellig, wie noch vor ein paar Jahren, jedoch im Vergleich zu Europa und Nordamerika ein sehr hohes Wachstum.
Die Gefahr eines Finanz-Kollaps à la Lehman in China sah am Mittwoch übrigens niemand. Zwei Referenten wiesen allerdings auf eine andere Gefahr hin: Wenn es China nicht gelänge, seine Bevölkerung am gewonnenen Reichtum teilhaben zu lassen, „was auch immer sie verlangt“, befürchten die Experten soziale Unruhen im Reich der Mitte.
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