Am Mittwochabend feierte die Agentur «Luxembourg for Finance» (LFF) ihren zehnten Geburtstag. Als die Organisation gegründet wurde, stand der Finanzplatz viel in der Kritik. Diskutiert wurde damals über Themen wie das Bankgeheimnis, die Finanz- und Schuldenkrise sowie der automatische Informationsaustausch. Seit 2013 ist Nicolas Mackel Geschäftsführer von LFF. Dem Tageblatt stand er Rede und Antwort.
Tageblatt: Was ist «Luxembourg for Finance» (LFF)? Die Mission? Nur Promotion oder auch mehr?
Nicolas Mackel: «Luxembourg for Finance» ist eine Agentur für die Entwicklung des Finanzplatzes. Zudem tätigen wir Missionen im Ausland. Wir suchen nach neuen Märkten für Luxemburger Produkte, etwa in China oder Lateinamerika. Hinzu kam die Kommunikation mit der internationalen Presse. Ein Teil der Arbeit, etwa das Herausgeben von Broschüren und das Organisieren von Veranstaltungen, ist öffentlich – ein anderer, etwa die Hilfestellung, um neue Unternehmen nach Luxemburg zu bringen, nicht. Allein im Rahmen des Brexit hatten wir bisher rund 230 Meetings.
Zur Person: Nicolas Mackel
Seit 2013 ist Nicolas Mackel Geschäftsführer der Agentur «Luxembourg for Finance» (LFF). Er ist somit nach Fernand Grulms der zweite Direktor der Organisation. Letztes Jahr erhielt er ein zweites Mandat für den Posten (bis 2021).
Mackel hat Recht studiert und arbeitet seit 1999 für das Luxemburger Außenministerium. Er ist professioneller Diplomat.
In diesem Zusammenhang hat er mehrere europäische Verträge (Amsterdam, Nice, die Verfassung, Lissabon) mit ausgehandelt.
Danach arbeitete er in der ständigen Vertretung Luxemburgs bei der Europäischen Union in Brüssel (2002 bis 2007). Später war er als Nummer zwei in der luxemburgischen Botschaft in Washington (2007 bis 2011) und als Generalkonsul in Schanghai (2011 bis 2013) tätig.
Wie hat sich «Luxembourg for Finance» in den letzten zehn Jahren entwickelt?
In den ersten fünf Jahren, als Fernand Grulms die Agentur LFF aufbaute, lautete das Ziel vor allem: neue Märkte erschließen. Und unsere Präsenz in den Märkten, in denen wir präsent sind, zu festigen. Als ich 2013 hier begann, setzte ich mehr in den Bereich Kommunikation. Die Themen entwickeln sich: Angefangen von sehr «defensiven» Jahren (Steuern) über die RNB (chinesische Währung) und FinTech bis hin zum Brexit und zur Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel heute. Wir können heutzutage ganz anders reden und auftreten als früher: positiv und proaktiv.
Wie hat sich der Ruf des Platzes in den letzten zehn Jahren entwickelt?
Das ging von «ganz negativ» über zu «viel rationeller, sachlicher, fairer». Heute werden auch die Stärken des Finanzplatzes hervorgehoben, etwa die Erfolge beim Brexit. Wobei man einen Unterschied machen muss: Die professionelle Welt wusste schon immer, dass etwa ein Bankgeheimnis nichts mit dem Erfolg des Investmentfondsplatzes zu tun hatte. Die anderen Medien vermischten alles. Das Bankgeheimnis hat dem Ruf anderer Sektoren sehr geschadet. Wir haben den vollen Preis bezahlt. Dabei sind wir Nummer eins bei den Fonds sowie bei grünen Anleihen, und die Regierung hat sich zur Transparenz bekannt. Die Lage hat sich deutlich verbessert. Luxemburg steht in einem besseren Licht da.
Immer mehr große internationale Zeitschriften wollen Sie als Interviewpartner, vor allem als Experte zum Thema Brexit. Woran liegt das?
Wir haben daran gearbeitet. Es war eine Priorität für mich. Den internationalen Medien bieten wir Hintergrundgespräche und Interviews zum Schreiben. Das ist nicht immer einfach, es beginnt aber, seine Früchte zu tragen. Wir wurden zu glaubwürdigen Gesprächspartnern. Es geht darum, jede Gelegenheit zu nutzen, um zu erklären, was wir sind. Diese Arbeit wird sich aber noch über viele Jahre hinziehen.
In großen Ländern verstehen viele den großen Erfolg eines kleinen Landes nicht. Sie verstehen nicht, dass sich Luxemburg innerhalb eines großen Marktes spezialisiert hat und dass davon auch Firmen aus ihren Ländern profitieren. Die sind nicht nur wegen Steuern hier. Die sind wegen der Spezialisierung des Landes hier. Investmentbanking machen wir beispielsweise nicht. Doch das muss man erst erklären.
Luxembourg for Finance
LFF ist eine öffentlich-private Partnerschaft (PPP). Ihre Aktionäre sind der Luxemburger Staat (Finanzministerium) sowie die „Fédération des professionnels du secteur financier“ (Profil), in der beispielsweise die ABBL (Luxemburger Bankenvereinigung), der ALFI (Luxemburger Investmentfondsverband), die ACA (Vereinigung der Versicherungsunternehmen) und die Handelskammer vertreten sind.
Das Team besteht aus 17 Mitarbeitern aus sieben Ländern, darunter 12 Frauen. Das Jahresbudget liegt 2018 bei fünf Millionen Euro. Davon zahlt das Finanzministerium 80 Prozent und Profil steuert 20 Prozent bei.cm
Sind Sie nur im Ausland mit Werbung aktiv? Oder setzen Sie sich auch innerhalb Luxemburgs für beispielsweise mehr Transparenz ein?
Wir sind keine Lobby. Wir intervenieren nicht bei Gesetzesänderungen – weder bei der Luxemburger Regierung noch bei den Behörden in Brüssel. Das ist nicht unsere Aufgabe. Das tun Verbände wie die ABBL, ALFI und ACA.
Wir reden mit jedem, der das hier anfragt – auch wenn nicht jedes Interview angenehm ist. Zudem gehen wir negativen Artikeln über Luxemburg nach. Wir bieten Informationen, Hintergrundgespräche und erklären, was Luxemburg ist.
Wie geht es weiter mit der LFF?
Hoffentlich sehr langweilig. Weiter wie bisher: Die Aktionäre sind zufrieden mit den Veranstaltungen und der Kommunikation. Es werden noch viele Anstrengungen darin fließen, Unternehmen anzuziehen – auch nach dem Brexit.
Nun zum Finanzplatz selbst: Ist dieser auf der richtigen Spur?
Ja. Davon bin ich überzeugt. Bereits der Brexit zeigt, dass Luxemburg eine der «natürlichen Alternativen» für die Zeit nach London ist. Wobei klar ist, dass wir nicht alle Aktivitäten bekommen können. Gute Chancen haben wir in Bereichen wie dem Fonds, der Vermögensverwaltung und der Trésorerie.
Innerhalb von zehn Jahren hat sich das von Luxemburger Fonds verwaltete Geldvolumen auf mehr als 4.000 Milliarden verdoppelt. Selbst in der Vermögensverwaltung ist das Volumen von 280 auf 360 Milliarden gestiegen. Und das alles trotz Transparenz. Das heißt: Die kommen wegen der Kompetenzen nach Luxemburg.
Doch damit wir auf der richtigen Spur bleiben, müssen wir die Augen offen halten. Die anderen Finanzplätze schlafen nicht. Und sie geben uns auch keine Geschenke. Wir müssen unsere Attraktivität konstant verbessern – das tun die anderen auch. Das bedeutet: auf die bestehenden Kompetenzen aufbauen.
Aber Frankfurt hat Luxemburg in einem internationalen Ranking als wichtigsten Finanzplatz der Eurozone überholt …
Eigentlich hat die Stadt Frankfurt nur den Platz zurück, den sie bereits hatte. Zwei Jahre zuvor hatten wir Frankfurt überholt. Trotzdem ist es ein Kompliment für Luxemburg, auf gleicher Augenhöhe wie Frankfurt zu sein.
Wird Luxemburg vom Brexit profitieren?
Wir profitieren jetzt schon. Es gibt viele Ankündigungen von Verlegungen und noch viel mehr Firmen, die bereits hier präsent sind und ausbauen. Vieles hängt vom Endresultat ab. Insgesamt könnte es sich auf 3.000 Jobs belaufen.
Aber der Brexit bringt nicht nur Gutes. Europa wird geschwächt. Und wir brauchen Europa. Zudem lagen Luxemburg und Großbritannien oft auf einer Linie, was Finanz- und Wirtschaftsregeln angeht. Dort hatte Großbritannien Gewicht. Künftig könnte Europas Wirtschaft weniger liberal werden, was nicht gut für Luxemburg, dessen Wirtschaft offenen Handel braucht, wäre. Der Brexit gefällt uns nicht, aber wir müssen darüber reden können.
Warum hat der Beobachter den Eindruck, dass beim Brexit nur Versicherer nach Luxemburg kommen?
In London betreiben die Banken viel Investmentbanking. Und die gehen eher nach Frankfurt als nach Luxemburg. Dort gibt es diese Aktivität bereits. Einige Banken, etwa Northern Trust, JP Morgan und die Citibank, bringen Aktivitäten nach Luxemburg. Die Bank of Singapore wollte sich in London niederlassen, entschied sich wegen des Brexits aber für Luxemburg.
Man hört viel von Versicherungen. Ich bin aber der Überzeugung, dass der Löwenanteil im Fondssektor stattfinden wird. Viele Unternehmen haben bereits Aktivitäten hier, etwa für Ucits-Fonds. Und nun kommen Aifm-Fonds hinzu.
Eine ganze Reihe EU-Parlamentarier würden auch Luxemburg gerne auf einer schwarzen Liste sehen …
Das sind verschiedene Unbelehrbare im Parlament. Die haben eine Meinung, die auf «outdated» Informationen beruht. Und ihr wichtigstes Ziel ist es, sich selbst zu profilieren. Da wird nichts dabei herauskommen.
Was wird der nächste Skandal?
Keiner, hoffe ich. Ich hoffe, 2018 wird sehr langweilig. Und auch die letzten Skandale, die Panama und Paradise Papers, waren alle nur Fotos aus der Vergangenheit. Das liegt Jahre zurück und viele Gesellschaften gibt es nicht einmal mehr. Das ist heute anders. Das Vergangene passiert nicht wieder. Das ist das Resultat der neuen Transparenz.
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