Die Wahl
Normalerweise finden die Gemeindewahlen in Luxemburg alle sechs Jahre am zweiten Sonntag im Oktober statt. Im Superwahljahr 2023 haben sich die Spielregeln jedoch geändert. Aufgrund der Chamberwahlen im Oktober wurde der Termin für die Gemeindewahlen auf den 11. Juni vorverlegt, damit keine zwei Wahlen an einem Tag stattfinden müssen. Die Wahlbüros sind am Sonntag von 8.00 bis 14.00 Uhr für die Wähler geöffnet.
Die Kandidaten
Dieses Jahr stehen insgesamt 3.847 Kandidaten zur Wahl, davon jedoch nur 1.483 Frauen (38,55 Prozent). Um Kandidat zu sein, muss man mindestens 18 Jahre alt sein und zum Zeitpunkt der Listenabgabe seit sechs Monaten in der jeweiligen Gemeinde gewohnt haben. Unter den Kandidaten treten auch 379 (9,85 Prozent) Nicht-Luxemburger an. Um teilnehmen zu dürfen, müssen Luxemburger und Nicht-Luxemburger im Besitz ihrer Bürgerrechte sein und dürfen nicht das passive Wahlrecht in Luxemburg oder im Herkunftsland verloren haben. Dazu muss man am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sechs Monaten seinen üblichen Wohnsitz in der Gemeinde haben. Der Verlust einer der Voraussetzungen für die Wählbarkeit führt zur Beendigung der Amtszeit. Die Luxemburger Staatsbürger müssen die Mehrheit auf den vorgelegten Listen der Parteien darstellen. Zudem ist die Liste der Kandidaturen bei den Kommunalwahlen in der Gemeinde beschränkt. Ist man erst eingeschrieben, kann man sich nicht ohne Weiteres zurückziehen. Wer sich als Kandidat von einer Liste zurückziehen möchte, muss dies per Gerichtsvollzieher dem Präsidenten des Hauptwahlbüros mitteilen.
Die Räte
Bei den Wahlen wählt man den Gemeinderat und dessen Mitglieder. Die Einwohnerzahl der Gemeinde beschließt die Zahl der Räte und somit, ob es 7, 9, 11, 13, 15, 17 oder 19 sind, wobei die Stadt Luxemburg 27 Räte hat. Damit es zu einer Mehrheit kommen kann, ist die Zahl der Räte immer ungerade. Der Gemeinderat stellt den Bürgermeister und die Schöffen, wobei sich die gewählten Gemeinderäte über die Verteilung einig werden müssen. Spätestens zum 1. September 2023 muss der neue Gemeinderat vereidigt sein.
Wie wird abgestimmt?
Es dürfen nur so viele Stimmen vergeben werden, wie Gemeinderatsplätze da sind. Vergibt man mehr, ist der Wahlzettel ungültig; vergibt man jedoch weniger, ist das kein Problem. Zudem gibt es noch die Möglichkeit des sogenannten „Panaschieren“, wobei der Wähler bis zu zwei Stimmen an einzelne Kandidaten verteilen kann – unter Vorbehalt, dass die maximale Anzahl der zu vergebenden Stimmen nicht überschritten wird.
In Majorzgemeinden kann man nur ein Kreuz hinter den Kandidaten machen. Sind nicht mehr Kandidaten als Gemeinderatsplätze da, wird nicht gewählt. Dies ist dieses Jahr in sechs Gemeinden der Fall: Burscheid, Nommern, Stadtbredimus, Vichten, Weiler-la-Tour und Winseler. In Nommern steht mit Sophie Diederich bereits die mit 24 Jahren jüngste Bürgermeisterin des Landes fest. In Proporzgemeinden können einem Kandidaten dagegen bis zu zwei Stimmen gegeben werden. Oder der Wähler „schwärzt“ die Parteiliste: Dann erhält jeder Kandidat auf der Liste eine Stimme.
Aber aufgepasst: Bevor man sich auf den Weg macht, sollte man auf keinen Fall seinen Personalausweis und seine Vorladung vergessen. Ohne diese beiden Dokumente kann man nämlich genau null Stimmen abgeben.
Wer darf alles wählen?
Ab diesem Jahr dürfen alle luxemburgischen und ausländischen Einwohner zu den gleichen Bedingungen an den Kommunalwahlen teilnehmen. Um dies zu tun, mussten sich die ausländischen Einwohner lediglich via Guichet.lu oder in der Gemeinde, in der sie wohnen, auf die Wählerliste einschreiben.
Wahlmuffel, die am Tag der Wahl nicht im Wahlbüro auftauchen, droht laut Wahlgesetz eine Geldstrafe von 100 bis 250 Euro. Wiederholungstäter riskieren sogar eine Strafe zwischen 500 und 1.000 Euro. Personen, die am Wahltag arbeiten müssen, haben das Recht, während ihrer Arbeitszeit und während der Öffnungsstunden der Wahllokale wählen zu gehen.
Es gibt aber auch Ausnahmen: Menschen über 75 Jahren sind nicht mehr verpflichtet, an den Wahlen teilzunehmen und haben das Recht, am Wahltag zu Hause zu bleiben. Aber auch verurteilte Straftäter stellen eine Ausnahme dar, weil ihnen das Wahlrecht in bestimmten Fällen entzogen werden kann. Bei einem kriminellen Vergehen kann das Wahlrecht je nach Strafmaß entweder lebenslänglich oder für zehn bis 20 Jahre abgesprochen werden. Wird man aufgrund eines Deliktes zu einem Freiheitsentzug verurteilt, kann auch das aktive oder passive Wahlrecht zwischen fünf und zehn Jahren entzogen werden.
Die Gemeinden
Es gibt in Luxemburg 102 Gemeinden. Dabei wird zwischen Majorz- und Proporz-Gemeinden unterschieden. Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohner wählen nach dem Majorz-System (relative Mehrheitswahl) im Gegenteil zu den größeren Gemeinden, die nach Proporz-System (Listenwahl) wählen. Befort, Bettendorf, Esch/Sauer, Lintgen, Redingen/Attert und Wormeldingen haben am 30. September die Schwelle von 3.000 Einwohner überschritten und gehören jetzt zu den Proporz-Gemeinden. Nach dem 1. September 2023 wird das Großherzogtum nur noch 100 Gemeinden zählen, da eine Fusion zwischen Bous und Waldbredimus sowie zwischen Grosbous und Wahl vollzogen wird. Bis zur vollständigen Erneuerung der Gemeinderäte bei den ordentlichen Kommunalwahlen 2029 wird die kommende Amtsperiode für die Gemeinderäte eine ganz spezielle sein: Die Gemeinde Grosbous-Wahl wird von einer geraden Anzahl an Ratsmitgliedern vertreten werden. Der Gemeinderat für die neu fusionierte Gemeinde Bous-Waldbredimus wird sich aus elf Mitgliedern zusammensetzen.
Majorz-System
Alle Gemeinden, die weniger als 3.000 Einwohner haben, wählen nach dem Majorz-System – was einfach ausgedrückt heißt, dass Parteien keine Liste aufstellen und Kandidaten sich individuell zur Wahl stellen können. Dieses Jahr wählen 46 Gemeinden nach dem Majorz-System – das sind zehn weniger als noch 2017.
Proporz-System
In Luxemburg, wählen alle Gemeinden, die mehr als 3.000 Einwohner haben, nach Verhältniswahlsystem (Proporz-System). Seit dem 30. September 2022 haben sechs Gemeinden die 3.000-Einwohner-Schwelle überschritten: Befort, Bettendorf, Esch/Sauer, Lintgen, Redingen/Attert und Wormeldingen. Sie wählen jetzt auch nach dem Proporz-System. Am Sonntag wird in 56 Gemeinden nach dem Proporz-System gewählt. Das sind über 50 Prozent der Kommunen, was noch nie zuvor in der Geschichte Luxemburgs vorgekommen ist.
Familie im Gemeinderat
Familienmitglieder, die bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind, dürfen dem Gemeinderat nicht gemeinsam beitreten. Man darf auch nicht in einer ehelichen Gemeinschaft leben. Sollte es dazu kommen, dass mehrere Familienmitglieder gewählt werden, kommt derjenige, der die meisten Stimmen erhält, in den Gemeinderat. Bei gleicher Stimmenanzahl entscheidet das Los.
Mandatsvergabe
In den Majorz-Gemeinden vergibt man die Mandate an die Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten. Sollten mehrere Kandidaten die gleiche Anzahl an Stimmen erhalten, wird über den Einzug in den Gemeinderat gelost. In den Proporz-Gemeinden teilt man die Zahl der gültigen Stimmen durch die um eins erhöhte Anzahl an zu vergebenden Ratsmitgliederposten. Die Zahl wird aufgerundet und stellt den „Wahlquotienten“ für die jeweilige Gemeinde dar. Danach erhält jede Liste so viele Gemeinderatssitze, wie der Wahlquotient in der Zahl der auf sie entfallenen Stimmen beträgt. Sollten nicht alle Posten besetzt werden, müsste das Wahlbüro eine zusätzliche Rechnung vornehmen. Die Anzahl der Stimmen für jede Liste wird durch die Zahl der Sitze, die sie durch die vorherige Sitzverteilung bereits erhalten hat, plus eins, geteilt. Danach erhält die Liste mit dem höchsten Quotienten die restlichen Sitze. Bei Gleichheit der Quotienten wird der verfügbare Sitz der Liste mit der höchsten Stimmenzahl zugeteilt.
GSD . Bald ist es geschafft. Dann haben wir den Alltag wieder. Haben wir die Wahl?