FIFA-Präsident Gianni Infantino hat unlängst „die beste WM aller Zeiten“ versprochen. Die Aussage passt zum großen Schein dieser WM, bei der immer mehr kritische Berichte aufkommen. Dass die Sicherheit und Freiheit der Menschen der LGBTQ-Community neben den Lebensbedingungen für die Millionen ausländischer Arbeiter in Katar eines der großen und besorgniserregenden WM-Themen ist, ist schon lange klar. Kürzlich erst berichteten Journalisten über den Eingriff in die Pressefreiheit. Doch wie gehen die einheimischen Fans mit der WM in Katar um?
„Ich werde die WM gar nicht gucken“, erklärt Thierry Kruchten, der am Donnerstagabend das Testspiel der luxemburgischen Mannschaft gegen Ungarn besuchte. „Ein solches Turnier in Katar gefällt mir nicht. Mein Entschluss ist gefallen.“ Kruchten selbst ist großer Fußballfan und würde laut eigener Aussage sonst jedes Spiel einer WM gucken – „aber nicht in Katar“. Doch wie genau sieht sein persönlicher Boykott aus und was will er erreichen? „Ich sehe mir vielleicht die Resultate an und werde mir Spielberichte durchlesen, aber nichts aktiv verfolgen. Ich glaube, dass ein Boykott überhaupt nichts bringt. Wenn, dann hätte es etwas bei der WM-Vergabe 2010 geholfen. Den Boykott mache ich aus persönlichen Gründen. Ich kann es nicht mit mir vereinbaren, ein solches Turnier unter diesen Bedingungen anzusehen.“ Kruchten hat dabei schon die passende Idee, wie er die Zeit überbrücken möchte: „Es tut schon weh, eine WM zu verpassen, weil man sich vier Jahre auf das Turnier freut. Aber dann schauen wir uns eben die Spiele in Luxemburg an – den ehrlichen Fußball.“ Bis zum 11. Dezember finden in der heimischen BGL Ligue noch Spiele statt – das Finale der WM wird genau eine Woche später ausgetragen.
„Sport und Politik sollten getrennt werden“
Gianni Brescia hingegen wird sich die WM anschauen. „Natürlich schaue ich die WM, auch wenn Italien nicht dabei ist“, schmunzelt er. „Schönen Fußball muss man schauen. Ich muss aber sagen, dass es auch für mich eine große Rolle spielt, dass die WM in Katar stattfindet. Das bringt viel zu viel durcheinander und passt nicht. Ein Boykott von mir würde in meinen Augen aber gar nichts bringen.“
Eine ähnliche Meinung über einen persönlichen Boykott hat auch Tom Storck. „Ich glaube, dass es nicht mal etwas bringen würde, wenn eine größere Masse die WM boykottieren würde. Das würde Katar nicht wehtun. Ein Land, das eine WM organisiert, sollte offener sein und niemals so schlecht mit Menschengruppen umgehen, wie sie es tun. Ich interessiere mich nicht viel für Fußball, Weltmeisterschaften schaue ich aber – auch diese. Ich bin der Meinung, dass Sport und Politik getrennt werden sollten – deswegen ist es okay, das Turnier zu schauen. Man darf aber nicht mit den Regeln in Katar einverstanden sein. Das Problem ist die Vergabe. Es gab viele Länder als Kandidaten, die sicher eine bessere Option gewesen wären.“
Laura Lucius und ihre Freundinnen werden die WM derweil auch verfolgen. „Ich bin fußballbegeistert und deswegen schaue ich mir die WM an. Die Leidenschaft zum Fußball überwiegt. Wenn ich die WM boykottieren würde, würde es nichts bringen. Eine WM in einem anderen Land wäre aber sicherlich besser.“
Anderer Meinung ist Alex M.: „Ich gucke die WM nicht, das ist alles nicht normal. Menschenrechte, Korruption und Fußball in Katar. Das passt alles nicht, das sollte man nicht unterstützen. Ich gucke nichts. Wer Weltmeister wird, interessiert mich nicht. Bei uns zu Hause wird niemand das Turnier schauen. Ich bin zwar leidenschaftlicher Fußballfan, aber es tut gar nicht weh, diese WM nicht zu sehen. Ich habe allgemein das Gefühl, dass keine WM-Stimmung aufkommt – und das liegt nicht daran, dass wir im Winter sind. Wir gehen ja auch im November Luxemburg im Stadion gucken. Es liegt daran, dass die WM in Katar stattfindet. Ich boykottiere die WM für mein Gewissen. Ich kann mich nicht für eine Sache aussprechen, aber das Gegenteil tun. Der Ursprung ist das Problem, also die Vergabe – und das können wir nicht beeinflussen.“
Ich schaue mir alle Spiele an die mich interessieren... Halbfinale und Finale sowieso!
Bierverbot im Stadion finde ich gut. Sport und Politik sind wie Katz und Maus. Wenn jedoch religiöse Muezzinrufe und Gebete die Geräuschkulisse in den Stadien sind, dann schaue ich noch nicht einmal das Finale. Dann bin ich nicht mehr dabei! Genau wie damals mit den Vuvuzela in Suedafrika.