Schon vor dem Spiel deutete sich an, dass es ein ganz besonderer Tag für die Engländerinnen werden sollte: Zu Beginn präsentierte Jill Scott die Trophäe der Europameisterschaft. Scott war genau wie Rekordtorschützin Ellen White nach dem Triumph der Engländerinnen bei der Europameisterschaft am 31. Juli aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Später wurde noch Nationaltrainerin Sarina Wiegman im ausverkauften Stoke City Stadium geehrt – die 52-Jährige wurde zuvor als UEFA Frauen-Trainerin des Jahres 2021/22 ausgezeichnet.
Es war also alles angerichtet für ein großes Fußballfest. Luxemburgs Coach Dos Santos hatte gefordert, dass sein Team genießen solle – vor allem aber auch „Courage zeigen und lieber ein Tor mehr kassieren, als nicht zu spielen“. Der 40-Jährige rotierte im Vergleich zur 1:2-Heimniederlage gegen Nordirland dreimal – zweimal zwangsweise. Während Noémie Tiberi für Jessica Becker auf der Bank Platz nehmen musste, fuhren Amy Thompson und Marta Estevez lediglich als Zuschauerinnen mit nach England. Beide waren für das Spiel gegen die Europameisterinnen gesperrt. Mariana Lourenco rückte auf die linke Seite, Joana Lourenco fand sich in der Sturmspitze wieder.
Die erste Annäherung an das Tor der Luxemburgerinnen gelang den „Lionesses“ in der 2. Minute – doch den Versuch konnte Emma Kremer noch robust klären. Luxemburg stand mit allen elf Feldspielerinnen von Beginn an tief in der eigenen Hälfte. England hatte den Ball und bestimmte wie erwartet das Spiel. In der 11. Minute foulte Catherine Havé im eigenen Sechzehner dann Alessia Russo – Schiedsrichterin Simona Ghisletta aus der Schweiz entschied folgerichtig auf Strafstoß. Georgia Stanway verwandelte den fälligen Elfmeter – Lucie Schlimé war zwar in der richtigen Ecke, doch der Schuss war zu platziert und zu stramm.
Musterangriffe
Auch während der nächsten Minuten spielte sich das Geschehen nur in Luxemburgs Hälfte ab. Russo vergab erst eine große Chance nach einer starken Parade von Schlimé (14.), kurz danach vergab Russo erneut nach einer flachen Hereingabe (16.). Besser machte es die englische Stürmerin dann in der 18. Minute und köpfte zum fälligen 2:0 ein – nach einer starken Hereingabe von Leah Williamson. Luxemburgs ganzes Team stand unter Dauerbeschuss und konnte sich kaum mal befreien. Einzig ein Foul an Dos Santos ließ das Team mal Luft holen.
Einen wahren Musterangriff präsentierten die Engländerinnen in der 26. Minute: Ein tiefer Ball in die Schnittstelle der Abwehr wurde bis zur Grundlinie getrieben und von dort in den Rückraum gespielt – da wartete Stanway, die ihren Doppelpack schnürte. Das 4:0 fiel nach einer einstudierten Eckball-Variante der Engländerinnen, die auch vorher bereits nach Eckbällen gefährlich waren. Rachel Daly köpfte am langen Pfosten ein (38.). Nur eine Minute später mussten die Luxemburgerinnen das 5:0 hinnehmen, als ein Angriff stark an das dritte Tor erinnerte. Wieder ein tiefer Ball auf außen und ein Lauf zur Grundlinie mit einem anschließenden Pass in den Rückraum, den Beth Mead verwertete. Beim Stand von 5:0 wurden die Seiten gewechselt.
Stimme
Dan Santos (FLF-Nationaltrainer): „Ich bin mit unserer Leistung zufriedener als im Hinspiel. Wir haben immerhin gegen den amtierenden Europameister vor 24.800 Zuschauern gespielt. Wir haben uns hier in England besser verkauft als zu Hause in Luxemburg. Die englische Mannschaft hat von der ersten bis zur letzten Minute Vollgas gespielt, ohne mal die Handbremse anzuziehen. Mir hat die Art und Weise gefallen, wie wir probiert haben, mitzuspielen. Wir haben einen Fortschritt meiner Mannschaft gesehen – das hat auch die englische Trainerin attestiert. Ich bin auch sehr zufrieden, wie die Spielerinnen mit der Kulisse umgegangen sind. Es herrschte eine große Euphorie, auch schon vor dem Stadion. Wir kamen schwierig mit dem Bus rein, weil so viele Zuschauer da waren. Dann kamen die Ehrungen der Engländerinnen, der Pokal wurde gezeigt. Aber meine Spielerinnen waren sehr fokussiert. Es zeigt, dass sie erfahrener werden und dass es der richtige Weg ist, solche Spiele zu bestreiten.“
Während Wiegman dreimal zur Halbzeit wechselte, änderte Santos zwei Positionen: Für Mariana Lourenco und Julie Marques kamen Kelly Mendes sowie Isabel Albert ins Spiel. Viel änderte sich am Spiel allerdings nicht. England spielte weiter hemmungslos nach vorne und erzielte in der 48. Minute durch die in der Halbzeit eingewechselte Bethany England das 6:0. Zum ersten und einzigen Mal wurde es in der 56. Minute etwas brenzlig für die Engländerinnen: Nachdem die Verteidigung einen Vorstoß von J. Lourenco abgefangen hatte, wurde der Ball auf Torhüterin Ellie Roebuck gespielt – diese bekam den Ball aber nicht richtig unter Kontrolle, sodass das Spielgerät Richtung Pfosten kullerte.
Es wirkte teilweise wie im Handball: Luxemburg stand um den Strafraum, während England nach der Lücke suchte. In der 59. Minute erhöhte dann Nikita Parris, Stürmerin vom FC Arsenal, auf 7:0, ehe die eingewechselte Julie Marques die englische Offensivkraft im Sechzehner foulte. Den Strafstoß verwandelte diesmal Ella Toone in der 73. Minute. Zum Abschluss des Spiels traf England gleich noch zweimal nach einem Eckball. Erst staubte Lauren Hemp ab, dann köpfte sie in der Nachspielzeit zum 10:0. Damit stand das gleiche Endergebnis wie im Hinspiel im Stade de Luxembourg zu Buche. Während sich England also mit 30 Punkten in zehn Spielen und einem Torverhältnis von 80:0 für die WM qualifiziert, beendet Luxemburg die Kampagne auf dem vierten Platz.
Statistik
England: Roebuck – Bronze, Williamson (46. Bright), Greenwood, Daly (61. Stokes) – Stanway (46. Zelem), Walsh, Toone – Parris, Russo (46. England), Mead (60. Hemp)
Luxemburg: Schlimé – Dos Santos, Havé, Kremer, Becker (79. Tiberi) – Miller, Soares (46. Mendes) – Jorge (66. Marques), Schmit, M. Lourenco (46. Albert) – J. Lourenco (79. Kocan)
Schiedsrichter: Ghisletta – Brem, Nuara (alle CH)
Torfolge: 1:0 Stanway (12., Foulelfmeter), 2:0 Russo (17.), 3:0 Stanway (26.), 4:0 Daly (38.), 5:0 Mead (39.), 6:0 England (47.), 7:0 Parris (59.), 8:0 Toone (73., Foulelfmeter), 9:0 Hemp (90.), 10:0 Hemp (92.)
Beste Spielerinnen: Stanway, Toone, Greenwood – Schlimé, J. Lourenco
Zuschauer: 24.800
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