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Schleck-Affäre: Der Stand der Dinge

Schleck-Affäre: Der Stand der Dinge
(Tageblatt/Gerry Schmit)

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Der Disziplinarrat der ALAD hat sich bislang noch nicht im Detail mit der Affäre Frank Schleck befasst. Am Mittwoch einigten beide Parteien sich lediglich auf das Datum, an dem die Affäre „à huis clos“ plädiert wird. Ein Urteil in der Xipamid- Angelegenheit ist kaum vor Ende Oktober zu erwarten.

Vor rund einem Monat hat die UCI das „Xipamid-Protokoll“ von Frank Schleck an die FSCL geschickt, die es gemäß den Luxemburger Reglementen umgehend an die ALAD („Agence luxembourgeoise anti-dopage“) weitergeleitet hat.

Am Mittwoch kam etwas Bewegung ins Dossier, als Frank Schleck mit seinem Anwalt Me Albert Rodesch ein erstes Mal in der „Maison des Sports“ vorstellig wurde, um mit dem von Generaladvokatin Martine Solovieff präsidierten „Conseil de discipline“ Prozedurfragen zu klären und sich auf ein Datum zu einigen, an dem die Affäre plädiert werden soll.

Niemand aus dem ALAD-Gremium hat sich bisher in irgendeiner Weise in der Xipamid-Affäre geäußert, es drang nichts Offizielles und Nicht-Offizielles nach draußen (nicht einmal das Datum des gestrigen ersten Zusammentreffens); so dass ausländische Journalistenkollegen hinter vorgehaltener Hand tuscheln, hier würde heimlich, still und leise an einer Verlegenheitslösung „gewerkelt“, damit nur keine der beiden Parteien das Gesicht verliere.

Fahrer schützen

Klammer auf: Dass bisher von der ALAD nicht viel Aufhebens um diese für den Luxemburger Sport doch recht peinliche Sache gemacht wurde, hat eine doppelte Ursache. Angeblich möchte der Disziplinarrat sowohl sich als auch den Fahrer (vor wem eigentlich, etwa vor der internationalen Presse?) schützen.

Das mag das gute Recht der ALAD sein, doch hat ein solches Vorgehen mit Transparenz wenig am Hut. Denn die Affäre Frank Schleck geht nicht nur die ALAD oder den Fahrer und seine Familie, sondern das ganze Land und darüber hinaus sogar die komplette Sportwelt etwas an. Klammer zu!

Schleck positiv getestet

Zurück vor den Disziplinarrat und die kommende Verhandlungsrunde, die erst in ein paar Wochen, möglicherweise sogar erst im Oktober, sein soll. Hier bedarf es nicht wie im Jahr 2008 bei Schlecks Fuentes-Geschichte mit der ominösen Überweisung von rund 7.000 Euro einer Anhörung des Fahrers; nein, es wird gleich plädiert, da die Fakten aus dem „Laboratoire national de détection du dopage de Châtenay-Malabry“ auf dem Tisch des Hauses liegen.

Frank Schleck wurde sowohl in der A- als auch in der B-Probe das Diuretikum Xipamid nachgewiesen; eine Substanz, die auch der Verschleierung von Dopingmitteln dienen kann, die aber nicht auf der offiziellen Verbotsliste der Weltantidoping-Agentur (Wada) steht.

Vorerst nicht gesperrt

Und weil es sich beim Xipamid um ein „produit masquant“ und nicht um ein „produit dopant actif“ handelt, ist vorerst keine Sperre gegen Schleck verhängt worden. „Le règlement antidopage de l’UCI ne prévoit pas la suspension provisoire vu la nature de la substance, qui est une substance spécifiée“, hieß es am 17. Juli im offiziellen Communiqué des Weltradsportverbands.

Der Fahrer hätte also rein theoretisch die Tour de France beenden und danach auch an den Start anderer Rennen gehen dürfen. Ausgenommen von dieser Regel sind nur die Olympischen Spiele, die es einem Konkurrenten, der in eine laufende „Prozedur“ verwickelt ist, verbieten, das Renntrikot überzustreifen.

Die Tatsache, dass Schleck zurzeit nicht gesperrt ist, er aber durch Beschluss seines Teams keine Rennen bestreitet, kann sich später sowohl für den Fahrer als auch für die Mannschaft als zweischneidiges Schwert erweisen. Denn im Falle einer eventuellen Strafe (von bis zu zwei Jahren) tritt Schlecks Sperre prinzipiell erst an dem Tag in Kraft, an dem das Urteil gesprochen wird.
Die paar Monate Inaktivität vor dem Verdikt können kaum in Rechnung gestellt werden. Der Fall Contador (mit rückwirkender Sperre) war anders gelagert, da man den Spanier gleich provisorisch suspendiert hatte.

Nur Beweise zählen

In einem RTL-Interview meinte Frank Schleck am Mittwochabend, er hätte volles Vertrauen in die „authorities“ (Originalzitat) und er würde seine Verteidigung „gut aufbauen“. Das muss er auch, denn vor dem „Conseil de discipline“ sind der Angeklagte und seine Verteidiger gezwungen, die „Vergiftungstheorie“, die sie am Abend des 18. Juli in der Weltpresse verbreiten ließen, oder aber den Verdacht, „que quelqu’un a dû m’administrer cette substance“ (Schleck-Communiqué vom 20. Juli), mit hieb- und stichfesten Beweisen zu belegen.

Gelingt ihnen das nicht, sieht es nicht unbedingt rosig um des Fahrers Zukunft aus.

Nach den Plädoyers (wahrscheinlich erst Anfang Oktober) dürften mindestens zwei bis drei Wochen vergehen, ehe das Urteil gefällt und publik gemacht wird.

Langer Instanzen-Weg

Der Entscheid des „Conseil de discipline“ ist anfechtbar, sowohl vom Fahrer und seinen Anwälten als auch vom internationalen Radsportverband UCI oder von der Weltantidoping-Agentur Wada.

Im Falle eines Einspruchs, von welcher Seite auch immer, landet das ganze Dossier vor dem Internationalen Sportgerichtshof („Tribunal arbitral du sport“, TAS – „Court of Arbitration for Sport“, CAS) in Lausanne. Dieses Gericht ist die letzte Entscheidungsinstanz.

Der Weg durch die Paragrafen könnte demnach lang werden …