In diesem Jahr war es Bertons großes Ziel, den nächsten Schritt in ihrer Karriere zu machen. Die 21-Jährige wollte ein neues Team finden – dass sie wegen der Auflösung von Andy Schleck-CP NVST-Immo Losch zwangsweise eine neue Mannschaft finden musste, setzte sie jedoch unter Druck. Im Juni kamen die Verantwortlichen von Andy Schleck-CP NVST-Immo Losch erstmals auf die Fahrerinnen zu, um ihnen mitzuteilen, dass die Zukunft des Teams ungewiss sei. Im Juli war dann klar: Die Mannschaft wird sich zurückziehen.
„Die Tatsache, dass das Team sich zurückzieht, hat den Druck erhöht. Andy Schleck-CP NVST-Immo Losch wäre immer eine Option gewesen, falls mir der Schritt nicht gelingen würde. Ich habe mir also schon Fragen gestellt.“ Berton hatte in der vergangenen Saison jedoch schon Erfahrungen bei WorldTour-Rennen sammeln können. Vor allem Liège-Bastogne-Liège bleibt ihr in Erinnerung. „Liège ist das Rennen, das ich immer mal fahren wollte – seit ich Rad fahre. Zu diesem Rennen habe ich immer aufgeschaut und auch das Profil gefällt mir sehr gut“, sagt Berton, die sich, wie so viele andere Luxemburger auch, an Bob Jungels’ Sieg 2018 bei der Doyenne bestens erinnern kann. Zuvor gewannen Andy Schleck (2009) und Marcel Ernzer (1954) das Rennen. Bei den sechs Ausgaben für Damen ist Berton neben Christine Majerus die zweite Luxemburgerin, die das Rennen beendet. Berton fuhr bei der letzten Ausgabe mit 12:57 Minuten Rückstand auf Siegerin Annemiek van Vleuten auf Platz 72.
Präsenz bei der WM gezeigt
Doch auch das Straßenrennen der WM im australischen Wollongong nutzte Berton, um sich in einer Ausreißergruppe zu präsentieren. „Ankommen ist bei einer WM nicht das einzige Ziel. Ich wollte mich nochmal zeigen – weil ich noch nicht wusste, wie es im nächsten Jahr für mich weitergehen würde.“ Insgesamt blickt sie zufrieden auf das vergangene Jahr zurück. „Ich habe immer alles getan, um bestmöglich abzuschneiden“, sagt sie. Problematisch hingegen empfand sie die wenigen UCI-Rennen, an denen sie teilnahm. Insgesamt kommt sie auf 15 Renntage bei UCI-Rennen – zu wenig für die 21-Jährige. „Für mich ist es wichtig, in einen Rennrhythmus zu kommen. Es ist schwierig, wenn du nur alle zwei bis drei Wochen ein Rennen hast – so ist es komplizierter, einen Platz im Peloton zu finden. Mental ist es auch nicht einfach, wenn man immer nur trainiert und trainiert.“
Auf der Suche nach neuen Teams fing Berton an, Anfragen herauszuschicken – und bekam auch Optionen, zu wechseln. „Es waren aber eher kleine UCI-Teams, das war nicht mein Ziel.“ Durch FSCL-Koordinator Fränk Schleck entstand der Kontakt zum deutschen ContinentalTeam Ceratizit-WNT Pro Cycling. Weil Dirk Baldinger, Sohn des ehemaligen Nationaltrainers Bernhard Baldinger, als Sportlicher Leiter im Team ist, kannte Berton die Mannschaft bereits. Im letzten Jahr verpasste die Mannschaft mit Platz 14 im UCI-Teamranking nur ganz knapp den Aufstieg in die WorldTour – deswegen bekommt die Mannschaft, trotz des Status als Continental-Mannschaft, Einladungen für sämtliche WorldTour-Rennen. Im letzten Jahr feierte das Team, dessen Hauptsponsor Ceratizit seinen Sitz in Mamer hat, beispielsweise einen Sieg bei der Tour de Romandie, bei der Tour de France war die Mannschaft ebenfalls dabei.
Psychologie-Studium nebenher
Berton kann im nächsten Jahr also um die Startplätze bei den wichtigsten Rennen der Welt kämpfen. Aktuell bereitet sie sich auf die Saison vor. Anfang Dezember war sie am Sitz des Teams im österreichischen Reutte, danach ging es für drei Wochen zum Trainingslager in die Toskana. Auch einige Cyclocross-Rennen hat Berton bereits absolviert. Beim Neujahrscross in Petingen trug sie zum ersten Mal das Trikot ihres neuen Teams und wurde Achte. „Ich will mich zwar auf die Straße fokussieren, aber ich mag es, Cyclocross zu fahren. Es macht mehr Spaß, als alleine Intensität zu trainieren. Außerdem ist es gut für den Kopf, im Winter Rennen zu fahren.“
Die Vorfreude auf die kommende Saison ist groß. Mindestens 30 Renntage bei UCI-Rennen wird Berton bekommen – mit Rennen in Spanien, Italien, den Klassikern oder beim heimischen Festival Elsy Jacobs. „Ich werde viele Chancen bekommen“, sagt sie. „Die Diversität der Rennen ist sehr groß, das gefällt mir.“
Der Fokus liegt für Berton aktuell voll auf dem Sport – nebenher studiert sie online an der Internationalen Hochschule Psychologie. „Vorher habe ich Vollzeit an der Universität in Luxemburg studiert. Weil ich viel mehr unterwegs sein werde, geht das nicht mehr. Ich kann mich während der wichtigen Rennen aber auf den Sport konzentrieren. Ich werde im Kopf freier sein und kann mir online einteilen, wann ich lernen kann.“ Berton plant, nach ihrem Bachelor auch den Master-Abschluss zu machen. „Das hängt davon ab, wie es im Sportlichen läuft. Ich finde diesen Abschluss aber sehr wichtig, weil ich keinen Radsport machen werde, bis ich 50 Jahre alt bin. Ich will nach meiner sportlichen Karriere etwas machen, das mir Spaß macht.“
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