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Table rondeHürden, Vorurteile und Bikini-Höschen: Vier Athletinnen und ein Trainer über Frauensport in Luxemburg

Table ronde / Hürden, Vorurteile und Bikini-Höschen: Vier Athletinnen und ein Trainer über Frauensport in Luxemburg
Unter dem Motto „Success Stories“ erzählten die Gäste von ihren persönlichen Erfahrungen und Geschichten Foto: Editpress/Alain Rischard

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Sie kommen aus unterschiedlichen Welten und haben dennoch vieles gemeinsam: Tischtennisspielerin Sarah De Nutte, die junge Basketballspielerin Claudia Peffer, Ex-Schwimmerin Christine Peffer, FLVB-Präsidentin Norma Zambon und FLF-Trainer Dan Santos diskutierten am Montagabend gemeinsam über Stereotypen, Schwierigkeiten und Probleme des Frauensports. Am Ende des Tages stand fest: Das Thema gehört auf die politische Agenda – und der erste Internationale Tag des Frauensports sei kein Allheilmittel, sondern diene vielmehr der Aufmerksamkeit.

Die Wege zum Erfolg verliefen für die fünf Redner komplett unterschiedlich. Vorgezeichnet war eigentlich nur die Karriere von Christine Maillet, deren Lizenz im Ettelbrücker Schwimmverein am Tag ihrer Geburt ausgestellt worden ist. Dabei war das kühle Nass zu Beginn absolut nicht ihr Ding: „Ich habe geweint, ich wollte nie schwimmen“, erzählte sie mit einem Lachen. Doch als Tochter der Trainerin biss sie sich durch.

Andere Sportlerinnen kamen erst später auf den Geschmack: Bei Volleyballspielerin Norma Zambon war es ein Lehrer, der sie auf die Schiene setzte, Tischtennis-Ass Sarah De Nutte hatte derweil vorher Fußball und Tennis ausprobiert. Claudia Peffer, die im vergangenen Jahr bei den World Games eine Goldmedaille mit der Luxemburger Special-Olympics-Mannschaft holte, schnupperte bereits im Alter von vier Jahren erste Basketball-Luft. Beim heutigen FLF-Nationaltrainer der Damen, Dan Santos, war es das schulische Umfeld, das ihn zum runden Leder lotste.

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Christine Maillet
Christine Maillet Foto: Editpress/Alain Rischard

Eines haben ihre Geschichten gemeinsam: All diese Akteure haben sich von Rückschlägen nicht ausbremsen lassen. Bei Christine Maillet beispielsweise war es der Willen, vor großem Publikum zu schwimmen. Einen Ehrgeiz, den De Nutte nachvollziehen kann: „Ich wollte immer gewinnen. Ich trainierte nicht, um zu trainieren, sondern um zu gewinnen.“ Dabei kamen manchmal auch unerwartete Schicksalsschläge dazwischen. Acht Monate vor den JPEE 2013 in Luxemburg musste sich Zambon einer Knie-Operation unterziehen. Die Teilnahme am Beachvolley-Wettbewerb stand auf der Kippe: „Als dann der letzte Ball gespielt war, habe ich mir geschworen, nie wieder einen Ball anzufassen.“

Bei Claudia Peffer war es der Druck der Matches, der ihr nicht gefiel. Statt Spaß am Spiel flossen die Tränen und so entschied sie gemeinsam mit ihrer Familie, es ausschließlich bei Trainingseinheiten zu belassen. Erst als mit 18 Jahren eine geistige Beeinträchtigung festgestellt wurde, kam die Freude zurück: „Es macht Spaß, mit Rocky zu trainieren“, erzählte sie. „Ich traue mich jetzt viel mehr als vorher.“

Ausgebremst

Claudia Peffer
Claudia Peffer  Foto: Editpress/Alain Rischard

In Sanem versuchte das Quintett aber auch zu erklären, warum viele Mädchen und Frauen eben nicht diesen engen Bezug zum Sport aufbringen können und konnten. „Bremsen gibt es überall“, formulierte es Zambon, Chefin des Sportdienstes der Stadt Esch und gleichzeitig Präsidentin des Volleyballverbands FLVB. Die Minettemetropole hat sich in dieser Hinsicht als erste Gemeinde im Land eine Charta zur Gleichheit von Frau und Mann im Sport gegeben. „Nur 30 Prozent der Frauen treiben Sport. In den Medien wird nur über Fußball berichtet … Wir müssen uns einfach mehr trauen.“ Sie nahm auch die Verbände in die Pflicht: „Es ist ihre Rolle, auf die Frauen hinzuweisen.“

Auch die Verantwortung der Medien war ein Thema. Für Santos ist klar, dass der einzige Weg, die Präsenz zu steigern, nur durch politisches Engagement erreicht werden kann. Dass die Fußballvereine gemerkt haben, dass das Interesse steigt, wenn sie ihre Damenmannschaften auf dem Hauptplatz antreten lassen, sei inzwischen kein Geheimnis mehr.

Norma Zambon
Norma Zambon  Foto: Editpress/Alain Rischard

Er gab zu, sich dreimal überlegt zu haben, den Posten des FLF-Cheftrainers anzunehmen. Die Spielerinnen hatten ihn beim Gespräch auf Missstände aufmerksam gemacht: So besaß die Frauen-Auswahl damals keine eigenen Trikots und musste ihren Trainingsplan an sämtliche andere Jugendteams anpassen. All das ist inzwischen Geschichte – und die Bedingungen haben sich deutlich verbessert. „Ich trainiere mit ihnen, wie ich es mit einer BGL-Ligue-Mannschaft tun würde. Die Ansprache ist die gleiche. Was sich ändert, ist, dass Frauen dazu tendieren, zu weinen, wenn man ihnen mitteilt, dass sie nicht spielen. Sie hinterfragen mehr. Aber das macht aus uns bessere Trainer. Als ich die UEFA-Pro-Lizenz abgelegt habe, sagte einer der Ausbilder, dass man eine Frauenmannschaft trainieren muss, um ein guter Trainer zu werden.“

Einzig Maillet hat im Becken nie Diskriminierung erlebt. Während De Nutte viel zu große Shirts tragen musste, da keine Frauen-Modelle hergestellt wurden, und Zambon im Mini-Bikini-Höschen antreten musste, sei man als Frau ja bedeckter als die Herren, meinte die Schwimmerin mit einem Lachen. „Ich hatte nie das Gefühl, dass man mich nicht wahrnehmen würde. Die Bedingungen waren für jeden gleich: Man musste eine Norm schwimmen.“

Zukunftsvisionen

Daher hat sie auch nur einen Ratschlag für junge Mädchen: „Sich nicht abbringen lassen.“ Das hat De Nutte ebenfalls tun müssen, als man sie schief anschaute, da sie nach dem Abitur die Armee einem Studiengang an der Universität vorzog: „Ich wusste, dass ich dafür später noch immer Zeit hätte – nicht aber für den Sport. Wäre ich nicht zur Armee gegangen, hätte ich es bereut.“ Beim Fußball war es ähnlich: „Wenn wir auf andere gehört hätten, wären wir heute noch immer nicht bereit für eine Qualifikationskampagne … Wir mussten viele Leute überzeugen. Wenn man den Willen hat, soll man trainieren und an sich glauben“, sagte Santos, der von einem großen Boom in der Jugendabteilung berichten konnte. Der Coach ging noch einen Schritt weiter und forderte mehr Sportunterricht vom jüngsten Alter an.

Dan Santos
Dan Santos  Foto: Editpress/Alain Rischard

Dass die Berührungsängste im Volleyball entfallen, wenn man Jungs und Mädchen von klein auf zusammenspielen lässt, sei keine neue Erkenntnis, meinte Zambon. „Mein Wunsch wäre es, dass sich mehr Frauen trauen würden, einen Sport zu betreiben – und zwar den, den sie wollen.“ Nur so würde sich auch irgendwann auf Verbandsniveau etwas ändern.

Das sei allerdings möglicherweise (noch) nicht immer so gewünscht, entgegnete De Nutte. „Ich frage mich, ob es am Willen liegt. Meine Kollegen aus dem Nationalteam sind beispielsweise alle bereits darauf angesprochen worden, ob sie sich eine Trainerkarriere vorstellen können – ich allerdings nicht.“

Die Unterschiede

Sarah De Nutte
Sarah De Nutte  Foto: Editpress/Alain Rischard

Das wohl pikanteste Thema kam erst spät auf den Tisch: die Finanzen. Ein Ausnahmeathlet wie Michael Phelps verdiente Millionen durch den Sport, ein weibliches Pendant gibt es nicht. „Aber insgesamt merkt man die Unterschiede im Schwimmen eher wenig“, erklärte Maillet. Auch im Tischtennis sind die Preisgelder identisch – doch es ist der Alltag im Verein, bei dem die Schere auseinandergeht. „Im Klub verdienen Männer mehr. Uns sagt man dann, dass es am Zuschauerinteresse liegt. Obschon das eigentlich kein Argument sein kann. Ein Mann hat es dagegen viel leichter, Sponsoren zu finden. Petrissa Solja, eine ehemalige Silbermedaillengewinnerin bei Olympia, schrieb 400 Mails an potenzielle Sponsoren und hat fast keine Antworten bekommen …“  Santos musste nicht viele Worte verlieren, um die gravierenden Unterschiede im Fußball zu erläutern.

Das Erfolgsrezept

Letztlich war sich die Runde einig, dass es wohl tiefgründigere Änderungen geben muss, um den Frauensport zu fördern. Was in der Zwischenzeit die jungen Athletinnen tun können, das konnten die fünf Redner allerdings mit auf den Weg geben: Mit Willen (Santos), Geduld, Konstanz und Durchhaltevermögen (De Nutte), Ausdauer (Zambon), Freude (Peffer) und der richtigen Portion Ehrgeiz (Maillet) kann man schon sehr viel erreichen.

Erste Auflage des Internationalen Tages des Frauensports

Den Frauensport und die Frauen auf die Agenda zu bringen, das ist das Ziel des allerersten Internationalen Tages des Frauensports in Luxemburg. Rund um den Stichtag des 24. Januar wird in den Gemeinden Luxemburg, Esch, Differdingen, Düdelingen, Bettemburg, Sassenheim, Schifflingen, Steinfort, Rosport-Mompach und Vianden konkret auf das Sportangebot hingewiesen. Gesprächsrunden mit Sportlerinnen, der Dokumentarfilm „Um Ball“ oder aber besondere Kurse für Kinder wurden an mehreren Standorten organisiert. Die Gemeinde Sanem hatte sich entschlossen, auf Erfolgsgeschichten einzugehen. (chd)