Um die Komplexität – und auch die Ursachen und Folgen – eines Fünfsatzspiels bei einem Grand-Slam-Turnier zu ergründen, reichen die Zeilen an dieser Stelle nicht aus. Dennoch können mehrere Gründe für die Niederlage – übrigens die erste nach fünf Durchgängen bei einem Grand Slam – von Gilles Muller gegen Hewitt – nach zweimaliger Satzführung – genannt werden: „Eigentlich habe ich das Match dominiert. Ich hatte viele Möglichkeiten. Ich habe 1:0 nach Sätzen geführt, 5:3 und eigener Aufschlag in Durchgang zwei. Aber auch im Anschluss hatte ich so viele Chancen. Eigentlich hätte ich das Match auch in vier Sätzen gewinnen können.“ Muller suchte teilweise den Weg nach vorne, weiß aber auch, dass er in den wichtigen Momenten nicht gut gespielt hat, erklärte der Schifflinger nach der Niederlage.
Muller muss aggressiv spielen, ans Netz gehen, gegen Hewitt suchte er 75 Mal den Weg nach vorne, machte 43 Mal den Punkt; eine gute Quote. Natürlich musste er gegen einen der besten Return- und Passing-Spieler der Welt hinnehmen, dass der Weg nach vorne manchmal umsonst war. Aber dafür das Risiko zu vermindern, kam nicht in Frage: „Ich war mir bewusst, dass ich viel passiert werden würde. Ich versuche mein Spiel durchzuziehen und ich bin heute (am Freitag, d. Red.) meiner Linie treu geblieben. Ich bin viel nach vorne gegangen, das muss ich so machen. Ziel war es, ihm mein Spiel aufzudrängen. Mit weniger Risiko hätte ich ihm wohl mehr in die Karten gespielt. Und wenn ich mit ihm von der Grundlinie spiele, hätte das die Situation verschlechtert.“
Probleme
Das Problem ist, wie in den vergangen Wochen vermehrt: den Sack zuzumachen. „Die nötige Souveränität fehlt. Das passt zu den ersten sechs Monaten des Jahres, die nicht so gelaufen sind wie geplant. Technisch gibt es zwei bis drei Spiele im Jahr, wo alles perfekt läuft. Sonst klappt immer irgendetwas nicht. Man muss eben mit den Waffen kämpfen, die einem zur Verfügung stehen. Momentan spiele ich wieder gutes Tennis, habe aber Probleme, die Matches abzuschließen. Zu Beginn der Saison hätte ich mir vielleicht gewünscht, diese aktuellen Probleme zu haben.“
Auf der anderen Seite kommt dann die Psyche ins Spiel: „Daran kannst du gezielt arbeiten, aber in einem Match ist das dann wieder eine andere Sache. Nervosität in wichtigen Situationen ist normal, menschlich. Hier machen sich die Unterschiede zwischen ‹gut› und ‹weniger gut›. Jeder spürt die Nervosität, aber sie wird anders gehandhabt. Gegen Hewitt ist mir das im zweiten Satz nicht gelungen.“
Routine
Oft hat ihn auch seine größte Waffe – der erste Aufschlag – in kniffligen Situation gerettet. Oft hat dieser Schlag aber nicht funktioniert. Die einzige Erklärung ist die bereits erwähnte, fehlende Souveränität, die durch Nervosität und Verkrampfung entsteht. Das Rezept gegen dieses Manko heißt einzig und allein: Matches zu bestreiten, mit der gleichen Intensität und auf dem Niveau wie die beiden Begegnungen in NY. Das weiß auch Muller („regelmäßig Matches auf hohem Niveau gewinnen, dann wird alles zur Routine“), der in den vergangenen Monaten sehr abgeklärt wirkt und auch durch solch eine eigentlich unnötige Niederlage wie gegen Hewitt nicht in Panik gerät. „Ich gehe mit erhobenem Kopf aus diesem Turnier. Negativ ist, dass ich meine Chancen nicht genutzt habe. Ich hatte es selbst in der Hand. Es ist bitter, so zu verlieren. Aber ich bin auf dem richtigen Weg für den Rest der Saison.“
Um wieder auf die Komplexität dieser Fünfsatzspiele zurückzukommen: einen größeren Vorwurf sollte Gilles Muller sich nicht machen, aber die richtigen Lehren aus dem Match – gegen Hewitt und Juschni – ziehen. Die Arbeit, die er seit fast zwei Jahren mit den Trainern Benoît Carelli und Alexandre Lisiecki – in Zusammenarbeit mit Konditionstrainer Frank Eicher – leistet, zahlt sich immer mehr aus. Ausgeschöpft hat der ehemalige Junioren-Weltmeister sein Potenzial aber sicherlich noch nicht.
Lösungen
Auf dem Weg zu einem Duell gegen die Nummer eins der Welt, Victoria Azarenka, („das ist dann für ein anderes Mal“) gestern im Arthur-Ashe-Stadion erlebte Mandy Minella ihre „Lehrstunde“, was ihr in ihrem Spiel noch fehlt. Bei den beiden Satzbällen beim 5:3 in Satz 1 hat sie sich „nicht viel vorzuwerfen“. Mehr dann jedoch beim weiteren Verlauf und vor allem dem zweiten Satz (0:6): „Beim 5:5 habe ich mental etwas nachgelassen.“ Der Durchgang war dann mit 5:7 weg. Die Georgierin hatte Oberwasser; Minella fand nicht mehr zurück ins Match: „Ich habe die Lösung gesucht, aber leider nicht gefunden. Meine Linie war weg.“ „Granzeg“ war die Luxemburg, da „ich zum Schluss des Matches mental nicht durchgehalten habe“.
Was ihr bereits einige Male zu schaffen machte, waren Einbrüche im zweiten Satz, vor allem mit einer Führung im Rücken: „Daran muss ich arbeiten. Die Gegnerin hat in solch einem Fall nichts zu verlieren. Du überlegst dann zu viel. Die gute Lösung ist, ruhig und positiv zu bleiben. Du merkst nicht, dass deine Hand nicht mehr so schnell geht. Und du hoffst, dass die Gegnerin Fehler macht. Aber das ist die falsche Herangehensweise. Das passiert vielen Spielern, vor allem bei den Frauen, da der Aufschlag nicht eine so große Bedeutung hat.“
Die US Open 2012 sind für Luxemburg damit vorbei. Zusammenfassend war es resultatstechnisch ein erfolgreiches Turnier für das Duo, auch wenn sicherlich die Chance auf ein Weiterkommen groß war. Die Lehren scheinen gezogen, die nächsten Turniere können kommen.
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