Mit Wiltz tritt einer der kleinsten Vereine des Landes am Samstag den Weg in die Coque an. Um 17.45 Uhr wird das Team aus der Nationale 2 im Halbfinale der Coupe des Dames Titelverteidiger Steinsel herausfordern.
Von unserem Korrespondenten Pierrot Feltgen
Viel ist nicht von den Wiltzer Basketballern bekannt und gleich zweimal wäre der Basketball in der „Capitale des Ardennes luxembourgeoises“ fast zum Erliegen gekommen. Auch wenn es vorher bereits einen katholischen Jünglingsverein gab, der Basketball im Angebot hatte, fand die offizielle Gründungsversammlung im heute nicht mehr bestehenden Café „Lu Koster“ am 23. November 1962 statt. Die „Sangliers“ schauen demnach auf 55 Jahre Bestehen zurück. Am 1. September 1963 wurde das erste Spielfeld im oberen Schulhof eingeweiht. Bis zur Fertigstellung der ersten Wiltzer Sporthalle im Jahr 1973 wurden alle Heimspiele hier ausgetragen.
Die Damen standen immer im Vordergrund, so besaß Wiltz in den Siebzigern vier Jahre lang überhaupt keine Herrenmannschaft. Die Damen schafften dann auch einige Male den Sprung in die Elite. So erstmalig 1975 unter der Leitung von Trainer Jim Flies, im gleichen Jahr, als die Cadettes den Meistertitel gewannen. In der Saison 1976/77 schaffte Wiltz es gar auf Platz vier, dies als jüngstes Team der Liga. Bis 1981 konnte die Klasse gehalten werden.
Die beste Zeit der Sangliers-Damen fand unter Trainer Will Kerger statt. Nach einigen Auf- und Abstiegen erreichte das Team das Pokalhalbfinale. Gegen Sparta Bartringen war aber für die damalige Nationalspielerin Françoise „Fritz“ Vanek und ihre Mitspielerinnen Gaby Stein, Nathalie Reding und Isabel Oliveira Endstation. Dem letzten Abstieg aus der höchsten Liga folgte ein enormes Tief. Daran änderte auch der Gewinn der Coupe FLBB nichts. 1999 stand der Basketball in Wiltz vor dem Abgrund.
Ein Neuanfang
Fast zwanzig Jahre hat sich der Verein irgendwie über Wasser gehalten. 2013 stand der Wiltzer Klub ein weiteres Mal kurz vor dem definitiven Aus. Es fehlte auf allen Ebenen an freiwilligen Helfern. Der langjährige Schriftführer und „Mann für alles“, Raymond Molitor, machte einen letzten Appell zur Unterstützung.
Seit 2015 ist jedoch alles anders im Norden. Kein Geringerer als Molitor weiß den Umschwung richtig einzuschätzen: „Endlich scheint es wieder zu klappen. Wir haben uns die letzten Jahre komplett erneuert. Der Umschwung kam mit Ildiko Vass. Sie ist ein enormer Glücksfall für uns. Mit ihrer Verpflichtung ging ein Ruck durch den Verein. Sie hat ein enormes Fachwissen. Es ist ihr Verdienst, dass die Damen nun Erfolge feiern. Das Niveau von vor vier Jahren und heute ist ein Drei-Klassen-Unterschied. So gut hat unsere Damenmannschaft noch nie gespielt. Auch die Jugendkategorien profitieren von diesem neuen Aufschwung. Wir haben einen Zuwachs an Lizenzen und Jugendteams.“
Nach langen Jahren ohne Vereinsvorsitzenden hat Wiltz seit dieser Saison wieder einen Präsidenten. Der A-Schiedsrichter Pit Hetting hat diese Führungsposition übernommen. Hetting schlägt in die gleiche Kerbe: „Wir versuchen, etwas mit Ildiko aufzubauen. Es ist eine Investition auf lange Sicht. Das Halbfinale im Pokal soll eine Zwischenetappe sein. Wir machen weiter in diese Richtung und stehen erst am Anfang. Die Jugendarbeit soll weiter gefördert werden. Diese Aufbauarbeit hat schneller als erwartet Früchte getragen. Der Fokus liegt ganz klar auf den Damen. Wir wissen, dass kaum Spielerinnen von auswärts nach Wiltz wechseln. Es läuft eher umgekehrt ab.“
Der neue Verantwortliche der Sangliers sieht im Pokalspiel eine große Chance für den Verein, Werbung zu machen, immerhin ist man auch im Norden auf Sponsorengelder angewiesen. So ein Projekt trägt sich nämlich nicht von alleine: „Wir fahren nicht in die Coque, um uns deklassieren zu lassen. Solch eine Situation wäre auch nicht positiv für den Basketball. Unser Motto lautet keineswegs ‹dabei sein ist alles›. Wir möchten die kleine Chance, die wir haben, nutzen. Unser Team ist zu hundert Prozent motiviert. Viele Experten erwarten ein einseitiges Spiel. Wir haben natürlich nichts zu verlieren, wollen aber ordentlich mitspielen.“
Ein großes Wochenende steht den Fans der Sangliers also bevor, denn bereits am Freitag bestreiten die Herren, die im dritten Anlauf endlich erfolgreich sein wollen, das Endspiel der Coupe FLBB, das Klubs der N3 vorbehalten ist.
„Motiviert, die Partie lange offen zu gestalten“
Die gebürtige Rumänin Ildiko Vass besitzt eine stolze Visitenkarte.
Die 39-Jährige trug mehr als hundert Mal das Trikot der rumänischen Auswahl, wo sie über lange Zeit als Kapitän fungierte. Im europäischen Ausland wirkte sie bei vielen Vereinen. In Deutschland holte sie mit dem TSV Wasserburg den Meistertitel, beim BBV Leipzig war Vass Topscorerin. Außerdem war sie in Österreich, Litauen und Spanien aktiv. Trainerstationen in Luxemburg waren bisher Hesperingen, Schieren, Contern und Walferdingen, ehe sie in Wiltz den Posten als Spielertrainerin und Koordinatorin übernahm. Sie ist zudem im Besitz eines Masters im Sportmanagement.
Tageblatt: Worin besteht die Motivation, in Wiltz Basketball zu fördern?
Ildiko Vass: Zuerst gab es persönliche Gründe, die meinen Mittelpunkt eher in den Norden des Landes verlagert haben. Meine Motivation ist es, in der Region den Basketball weiterzuentwickeln. Das Ziel besteht darin, den Verein in die höchste Liga zu bringen und die Kinder für diesen Sport zu begeistern. Ich bin jetzt bereits drei Jahre in Wiltz aktiv und kann auf eine interessante Erfahrung zurückblicken. Wir befinden uns auf dem besten Weg in die Total League. Es war klar, dass nichts sofort erreicht werden kann, aber unsere Motivation ist ungebremst.
Wie sehen die Erwartungen fürs Halbfinale aus?
Die Partie wird recht schwierig für uns. Steinsel hat in den letzten Jahren fast alle Titel gewonnen und besitzt ganz viel Erfahrung. Wir möchten vor allem ein gutes Spiel abliefern und um jeden Ball kämpfen. Wir wollen so lange wie möglich ein enges Ergebnis halten. Unser Ziel ist es, zu zeigen, was wir in der letzten Zeit aufgebaut haben. Wir möchten Werbung für Wiltz und den Verein machen, denn wir benötigen auch Sponsoren, wenn wir nächste Saison in der obersten Liga mitspielen möchten. Allerdings war unsere Vorbereitung nicht unbedingt optimal, denn in der zweiten Liga gewannen wir unsere beiden letzten Spiele, ohne anzutreten. Wir haben deshalb Testspiele gegen Contern, Ettelbrück und Bartringen bestritten, um dieses Manko zu kompensieren. Der richtige Wettbewerb hat dennoch gefehlt.“
Wo liegen die Qualitäten des Teams?
Wir haben eine junge Mannschaft ohne viel Erfahrung, aber alle sind richtig motiviert. Wir arbeiten seit drei Jahren im Hinblick auf eine solche Gelegenheit. Die Mädchen werden nicht aufgeben, denn bisher hatten sie noch nie die Möglichkeit, auf solch einem Level mitzuwirken. Amra Hasanovic spielt in der U18-Auswahl und hat jetzt eine Einladung für die A-Mannschaft der FLBB erhalten. Nya Jordan steht seit drei Jahren in Wiltz als Profispielerin unter Vertrag, aber da besteht absolut kein Vergleich mit den Ausländerinnen von Steinsel.
Ich selbst versuche, mein Können und meine Erfahrung mit einzubringen. Da wir die Partie so lange wie möglich offen gestalten möchten, haben wir uns mit Jovana Jaksic, die vorher in Vrsac in der ersten serbischen Liga gespielt hat, verstärkt. Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung im Augenblick die beste Wahl für die Mannschaft ist.
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