Aus Combloux
Am Ende der 22,4 Kilometer zwischen Passy und Combloux musste Tadej Pogacar fast froh sein, nicht komplett gedemütigt zu werden. Obwohl der Slowene eine beeindruckende Leistung beim Bergzeitfahren zeigte und im Ziel den Führenden Wout van Aert mit 1:13 Minuten Vorsprung ablöste, musste er sich glücklich schätzen, von Jonas Vingegaard nicht eingeholt worden zu sein.
Um 16.58 Uhr ging Pogacar als Gesamtzweiter den Kampf gegen die Uhr an, zwei Minuten später startete Vingegaard. Zwischen Start und Ziel waren 600 Höhenmeter zu bewältigen, wobei nach zwei Kilometern bereits die giftige Côte de la Cascade de Couer anstand. Vingegaard ging in der Abfahrt nach dem Anstieg hohes Risiko und lag nach der zweiten Zeitmessung rund sechs Kilometer vor dem Ziel bereits mit 31 Sekunden vorne.
Schlüsselstelle war die Côte Domany, die dann folgte: ein kurzer, aber steiler Anstieg, der die Teams der Führenden zu taktischen Überlegungen zwang. Während Pogacar und UAE sich dafür entschieden, am Fuß des Anstiegs von der Zeitfahr-Maschine auf das leichtere Rennrad zu wechseln, fuhr Vingegaard auf seinem Zeitfahrrad durch. Fünf Sekunden sollten laut UAE-Teamchef Mauro Gianetti für den Wechsel draufgegangen sein.
Am Ende sorgte Vingegaard wohl für die Vorentscheidung bei der Tour de France. 1:38 Minuten schneller war er als Pogacar, der wiederum klar Zweiter wurde. Die Abstände sind enorm für ein Zeitfahren, das knapp über 20 Kilometer lang war. Bester Luxemburger war Alex Kirsch (Lidl-Trek), als 34. auf 5:10 Minuten. Bob Jungels (Bora-hansgrohe) wurde 38. auf 5:19 Minuten, Kevin Geniets (Groupama-FDJ) beendete das Bergzeitfahren als 51. auf 5:43 Minuten.
Am Mittwoch kommt es zur Königsetappe, auf der vier Anstiege auf den 165,7 Kilometern nach Courchevel überwunden werden müssen. Mit dem Col de la Loze (2304) wird auch das „Dach“ der diesjährigen Tour befahren, das bis zu 24 Prozent Steigung für die Fahrer bereithält.
Die Reaktionen von Tadej Pogacar
Erst suchte er Trost bei seiner Verlobten Urska, dann ging es für Tadej Pogacar ungewohnt emotionslos vor die TV-Kameras. „Ich hätte heute nicht mehr machen können“, sagte der Slowene, der die herbe Pleite hinnehmen musste. „Es war nicht mein bester Tag. Es ist noch nicht vorbei.“
Pogacar bleibt trotzig, wirkte aber dennoch niedergeschlagen. „Ich hatte heute nichts entgegenzusetzen.“ Auch der Rad-Wechsel habe das Rennen nicht maßgeblich beeinflusst. „Das hat mich vielleicht ein paar Sekunden gekostet, aber das hat heute nicht den Unterschied ausgemacht.“
Trotz all seiner Trotzigkeit weiß Pogacar nun um die Schwere der Aufgabe. „Es ist noch nicht vorbei, aber er hat eine große Lücke gerissen, es wird schwer sein, sie zu schließen.“ Zumindest kann Pogacar ein wenig auf die Vergangenheit bauen. Vor drei Jahren gelang ihm ein Coup, als er Primoz Roglic, den damaligen Kapitän von Jumbo-Visma, beim Zeitfahren auf die Planche des Belles Filles vom Thron stürzte. Der Slowene muss eine ähnliche Leistung vollbringen, wenn er Vingegaard noch schlagen will.
Die Reaktionen von Jonas Vingegaard und Umfeld
Es waren Freudenschreie, die Jonas Vingegaard am Dienstag am Fuß des Mont Blanc aus sich heraus ließ. Nach dem Zeitfahren war auch dem Dänen klar, dass er sich nun wohl nur noch selber schlagen kann. „Ich habe mich großartig gefühlt. Das war das beste Zeitfahren, dass ich jemals gefahren bin. Ich bin sehr stolz darauf, was ich geschafft habe“, sagte Vingegaard, der sein Glück kaum fassen konnte. „Das habe ich überhaupt nicht erwartet. Heute habe ich mich selbst überrascht. Ich habe es sofort gespürt, sobald ich losgefahren bin, habe ich sehr hohe Wattzahlen gesendet, obwohl ich noch etwas unter dem Pedal halten wollte. Ich dachte sogar, mein Leistungsmesser hätte Aussetzer, so schnell war ich.“
Vingegaard versicherte dabei, dass die Tour noch nicht gewonnen sei. „Es gibt noch viele sehr schwierige Etappen. Wir müssen weiterkämpfen.“ Auch Jumbo-Visma-Teamchef Richard Plugge wollte nichts von einer Vorentscheidung wissen. „Die Tour ist erst entschieden, wenn der Bus mit Pogacar Richtung Slowenien abfährt. Pogacar wird uns bis nach Paris und sogar noch im Bus zwischen Paris und Slowenien angreifen“.
Im Überblick
16. Etappe: Passy – Combloux (22,4 km/EZF):
1. Jonas Vingegaard (Dänemark/Jumbo-Visma) 32:36 Minuten, 2. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) 1:38 Minuten zurück, 3. Wout van Aert (Belgien/Jumbo-Visma) 2:51, 4. Pello Bilbao (Spanien/Bahrain Victorious) 2:55, 5. Simon Yates (Großbritannien/Team Jayco AlUla) 2:58, 6. Remi Cavagna (Frankreich/Soudal-Quick Step) 3:06, 7. Adam Yates (Großbritannien/UAE Team Emirates) 3:12, 8. Mattias Skjelmose 3:21, 9. Mads Pedersen (beide Dänemark/beide Lidl-Trek) 3:31, 10. David Gaudu (Frankreich/Groupama-FDJ) gleiche Zeit, … 34. Alex Kirsch (Luxemburg/Lidl-Trek) 5:10, … 38. Bob Jungels (Luxemburg/Bora-hansgrohe) 5:19, … 51. Kevin Geniets (Luxemburg/Groupama-FDJ) 5:43
Gesamtwertung nach 16 von 21 Etappen:
1. Vingegaard 63:06:53 Stunden, 2. Pogacar 1:48 Minuten zurück, 3. A. Yates 8:52, 4. Rodriguez 8:57, 5. Jai Hindley (Australien/Bora-hansgrohe) 11:15, 6. Kuss 12:56, 7. Bilbao 13:06, 8. S. Yates 13:46, 9. Gaudu 17:38, 10. Gall 18:19, … 29. Jungels 1:38:44, … 39. Geniets 1:55:38, … 112. Kirsch 3:46:01
Wieviele Überflieger haben wir schon gehabt? Armstrong,Ulle,Pantani die Liste ist endlos. Schade dass man immer ein Gefühl im Nacken hat verarscht worden zu sein wenn man sich sowas ansieht. Aber,man muss ja nicht. In dubio pro reo.Solange die Urin- und Bluttester ein Jahr hinterher hinken bleibt alles beim Alten. The show must go on.