Es ging um (sehr) viel Geld, Angebote und langfristige Entscheidungen: Die Zukunft des französischen Flügelspielers bei Bayern München ist geklärt. Nachdem Kingsley Coman im Sommer sogar Pini Zahavi als Berater mit einem Mandat ausgestattet hatte, standen die Zeichen eigentlich schon auf Abschied. Topklubs wie Paris Saint-Germain, Manchester City oder Manchester United sollen an einer Verpflichtung interessiert gewesen sein. Sie alle hatten zunächst einen Gesprächspartner am Telefon: Christian Coman. Doch der Vater und Agent des Spielers hat seit 2015 auf externen Rechtsbeistand zurückgegriffen. „Auf Vertrauensbasis“, wie Jurist Marc Theisen das damalige Verhältnis beschrieb.
„Es war schon fast pittoresk, als er mich darum bat, mir den damaligen Vertrag anzusehen.“ Coman Senior („ein Vater, der mit zwei Füßen auf dem Boden geblieben ist“) war sich bereits damals bewusst, dass er in den rechtlichen Angelegenheiten nicht der ideale Berater für den Fußballspieler sei, der damals von Juventus Turin an die Säbener Straße ausgeliehen war. Den Kontakt zwischen Familie Coman und Theisen hatte, „wie das meist so läuft“, ein gemeinsamer Bekannter (Benoît Menye) hergestellt.
Im Kreis der Spitzenverdiener
Anders als bei den Verhandlungen 2017, als der Rechtsfuß Italien endgültig für München verließ, war das Dossier diesmal komplexer. Ein Pokerspiel, bei dem einige Offerten aus dem Ausland vorlagen, endete am Dienstagmorgen. „Sein Bekanntheitsgrad hat zugenommen. Bayern hat sich um eine Vertragsverlängerung bemüht“, meinte Theisen. Wie L’Equipe bereits in den vergangenen Tagen berichtet hatte, unterschrieb der französische Nationalspieler jetzt einen Vertrag bis 2027 – und soll künftig rund 17 Millionen Euro brutto pro Jahr verdienen. Beim deutschen Rekordmeister siedeln sich diese Summen knapp unter den Spitzenverdienern wie Manuel Neuer oder Robert Lewandowski an. „So ein Spieler wie er gehört zum Gerüst der Mannschaft, dementsprechend wird der Rest drumherum aufgebaut.“
Es gehört ein gute Portion Strategie dazu. Meine Rolle als Jurist ist es, das Optimale für den Spieler herauszuschlagen.
Coman war vor dieser neuen Unterschrift nur bis 2023 an die Münchner gebunden, weshalb eine Entscheidung für den Verein wichtig war: Andernfalls hätte dieser bei einem Wechsel im kommenden Jahr leer ausgehen können. Das erlebte der FCB bereits beim Abgang von David Alaba, der im vergangenen Sommer ablösefrei zu Real Madrid ging. „Für den Klub ist der Spieler ein Kapital. Man hat also großes Interesse daran, den Spieler entweder langfristig an sich zu binden, oder eben zu verkaufen, solange man noch etwas für den Transfer bekommt“, erklärte der Luxemburger Rechtsexperte. Doch auch Parameter wie das Coronavirus werden den Transfermarkt noch in den nächsten Jahren beeinflussen, wie er hinzufügte: „Die Pandemie hat finanzielle Auswirkungen, so etwas fließt auch in die Verhandlungen mit ein.“
Der Franzose, der 2017 für 21 Millionen Euro verpflichtet worden war, ist mit klaren Gehaltsforderungen in die Diskussionen mit den FCB-Bossen gegangen. Coman soll laut einem Eurosport-Bericht 20 Millionen anvisiert haben. „Das Geld ist ein Teil der Verhandlungen, aber nicht nur. Es geht um Bildrechte, Bewegungsfreiheiten, Versicherungen, soziale Absicherungen oder die Frage, was im Fall einer Invalidität passiert. Es gehört also eine gute Portion Strategie dazu. Meine Rolle als Jurist ist es, das Optimale für den Spieler herauszuschlagen“, beschrieb Theisen die Themen, die für ihn im Vordergrund eines Kontrakts stehen. „So eine Vertragsverhandlung ist ein langer Prozess. Es ist wie bei einer Eheschließung. Das läuft ja meist auch nicht von einem Tag auf den andern. Auch im Fußball gibt es Phasen mit intensiveren Gesprächen – und eben Zeiten, in denen es lange keine gibt.“ Eine Einigung gab es am Dienstag demnach zwischen Kingsley Coman in Begleitung seiner Berater, die mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Dr. Michael Gerling, dem Direktor der Rechtsabteilung des FC Bayern, allesamt an einem Tisch saßen.
Ein Einblick hinter die Kulissen
Vorgelegt werden auf Profiniveau meist bis zu 40 Seiten lange Verträge. Um sich vor Unterschriften abzusichern, haben sich in der Vergangenheit auch einige Luxemburger Spieler an den Anwalt gewandt. „Dann geht es darum, abzuklären, wie sie abgesichert sind oder welchen Spielraum sie bei den Bildrechten haben.“ Zudem sind Vorschriften, wie bei der Diskretion, klar zu beachten: Welche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen dürfen oder wie man den Verein nach außen vertritt. Wer sich nicht an die festgehaltenen Regeln hält, dem drohen Gehaltseinbußen oder die Kündigung. Doping, Krankheitsfälle oder eine Pandemie sind weitere Themen, mit denen sich befasst werden muss. „Man kann verstehen, dass der Verein beispielsweise ein Teil des Gehalts nicht auszahlt, aber die Höhe sollte dann auch klar definiert sein. Man muss für alle Zufälle gewappnet sein.“
Der 25-jährige Kingsley Coman muss sich im Alltag mit keinem dieser Themen beschäftigen, das übernehmen sein Vater, Menye oder Theisen. Von der Frage, wie oft und wann der Spieler das Sponsorenauto fahren muss bis hin zu der Kleidungsordnung: Die Auskünfte des Luxemburgers werden in regelmäßigen Abständen gebraucht. „Ich bin Anwalt, kein Agent. Trotzdem bin ich sehr froh darüber, eine Hand mit anpacken zu können“, freute sich der ehemalige COSL-Präsident. „Einerseits habe ich einen Einblick in diesen Verein bekommen, der ’en bon père de famille’ geführt wird, andererseits ist dies – anders als Sportrecht – etwas Praxisbezogeneres. Auch wenn ich nicht immer direkt einbezogen bin, werde ich um Rat gebeten. So kann man dann auch Diskussionen durch Gespräche klären, anstatt dass es zur Gerichtsaffäre kommt.“
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