Alles irdische Leben ist nur möglich, weil die Erde von der Sonne beschienen wird. Sie liefert permanent neue Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung – Sonnenstrahlen. Sie erhitzt die Erdoberfläche und treibt damit das Klima an. Pflanzen sind auf die Sonne angewiesen, um Fotosynthese zu betreiben und so Zucker und Sauerstoff zu produzieren. Und die Sonne sorgt dafür, dass es flüssiges Wasser gibt.
Wasser ist eine Grundvoraussetzung für Leben – glauben die meisten Wissenschaftler. Unterschiedliche Elemente können im Wasser frei herumschwimmen. Wenn sie zusammenfinden, können sie die Grundbausteine des Lebens bilden.
Auf der Suche nach Leben im Weltall konzentrieren sich Wissenschaftler deshalb auf die „bewohnbare Zone“. Gemeint ist der Bereich um einen Stern, in dem flüssiges Wasser auf der Oberfläche von Planeten existieren kann. Im Englischen wird dieser Bereich auch als „Goldilocks Zone“ bezeichnet, nach dem Märchen „Goldlöckchen und die drei Bären“, in dem vermittelt wird, dass das Mittelmaß den Extremen vorzuziehen ist.
Je nach Berechnungsmethode fällt die Größe der bewohnbaren Zone eines Sonnensystems unterschiedlich aus. In unserem Sonnensystem reichen die Schätzungen (ungefähr) von knapp hinter der Umlaufbahn der Venus bis zum Asteroidengürtel. Eigentlich liegen damit nur die Planeten Erde und Mars in der bewohnbaren Zone.
Trotzdem gelten auch die Atmosphäre der Venus sowie die Jupitermonde Europa, Ganymed und Kallisto sowie die Saturnmonde Titan und Enceladus als Kandidaten, auf denen es theoretisch Leben geben kann oder konnte. Messungen zufolge gibt es auf dem Eismond Europa unter einer dicken Eisschicht einen Ozean aus flüssigem Wasser. Wissenschaftler nehmen an, dass das Wassereis durch die Gezeitenreibung (die durch das Zusammenspiel der Anziehungskräfte von Jupiter und Europa entsteht) verflüssigt wird.
Wissenschaftler aus den USA haben diese Idee von der bewohnbaren Zone nun noch einmal untersucht und sind zu dem Schluss gekommen, dass sich sogar auf Planeten, die gar nicht um einen Stern kreisen, theoretisch Leben entwickeln kann. „Auch Welten außerhalb der bewohnbaren Zone können bewohnbar sein“, schreiben sie in einem Artikel, der im Januar in The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurde. Sie behaupten: „Es ist zu erwarten, dass die Anzahl der Welten außerhalb der bewohnbaren Zone jene innerhalb der bewohnbaren Zone um ein Vielfaches übersteigt.“ Sogar Einzelgänger-Planeten, die sich nicht um einen Stern bewegen, sondern frei durch das Universum streifen, könnten Leben hervorbringen, glauben die Wissenschaftler.
Ihre Energie könnten solche Lebewesen aus dem Inneren ihres Planeten beziehen. Einen solchen Wärmestrom gibt es auf der Erde. Zum einen wird er erzeugt durch den radioaktiven Zerfall von Isotopen im Erdmantel. Zum anderen ist der Erdkern seit der Entstehung unseres Planeten noch nicht abgekühlt. Diese „Primärwärme“ strömt langsam zur Oberfläche, während der Kern aushärtet. Das Problem: Beide Energiequellen nehmen mit der Zeit ab. Es bleibt also nur ein relativ kurzes Zeitfenster, in dem sich auf diese Weise (ohne Sonnenenergie) Leben bilden kann. Diesen Zeitraum nennen die Wissenschaftler tH.
Um die Entstehung des Lebens ranken sich noch viele Geheimnisse. Zum Beispiel ist nicht ganz klar, wie lange es gedauert hat, bis das erste Leben auf der Erde entstanden ist. Hinzu kommt der lange Zeitraum, in dem die Erde sich aus dem Material, das um die junge Sonne kreiste, gebildet hat. „Ausgehend von den obigen Argumenten erscheint es wünschenswert, dass die Dauer von tH mehr als 100 Millionen Jahre beträgt, damit Leben entstehen kann“, so die Wissenschaftler. Dazu müsste es sehr hohe Mengen an langlebigen radioaktiven Stoffen auf einem solchen Planeten geben, glauben die Wissenschaftler. Die Forscher sagen, dass Planeten mit einer 1.000-mal höheren Menge an Radionukliden als die Erde langlebige Ozeane aus Wasser beherbergen können.
Eine solche Welt würde sich radikal von der Erde unterscheiden. Das meiste irdische Leben würde die radioaktive Strahlung nicht überleben. Aber sogar auf der Erde finden sich Beispiele für Bakterien, die hohe Dosen Radioaktivität problemlos aushalten können und sie sogar nutzen.
Ozeane aus Ethan
Die Wissenschaftler haben allerdings auch eine Idee, wie ein solcher Planet mit weniger Energie auskommen könnte. Anstatt Ozeane aus Wasser könnten solche Welten Ozeane aus Ethan (C2H6) besitzen. Der Schmelzpunkt von Ethan liegt (auf der Erde) bei -183 Grad Celsius. Der Siedepunkt bei -88,6 Grad Celsius. Es wäre sehr viel weniger Radioaktivität notwendig, um einen solchen Ozean bei Temperatur zu halten, damit er nicht zufriert, meinen die Wissenschaftler.
Die Berechnungen der Forscher legen auch nahe, dass die Größe der Planeten eine wichtige Rolle spielt. Ein Planet mit einem Zehntel der Masse der Erde würde seine Energie schneller verlieren. Flüssige Ozeane aus Wasser oder Ammoniak wären nur eine Million Jahre lang möglich. Ein Planet mit der zehnfachen Masse der Erde könnte solche Ozeane mehrere Milliarden Jahre unterstützen.
Voraussichtlich 2021 soll das neue James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) ins Weltall geschossen werden. Eine seiner Missionen ist es, Planeten außerhalb des Sonnensystems (sogenannte Exoplaneten) zu untersuchen. Die Wissenschaftler glauben, dass das Teleskop durchaus in der Lage wäre, Planeten, so wie sie sie beschreiben, außerhalb der bewohnbaren Zone auf Hinweise von Leben zu untersuchen.
Hinter der Arbeit stecken die beiden Wissenschaftler Manasvi Lingam und Abraham „Avi“ Loeb. Bereits in der Vergangenheit hat Loeb Ideen für die Suche nach außerirdischem Leben veröffentlicht. Unter anderem hat er vorgeschlagen, in der Atmosphäre von erdähnlichen Planeten nach künstlichen Schadstoffen wie FCKW zu suchen, um eine Industrie auf dem Planeten nachzuweisen. 2018 machte Loeb Schlagzeilen, indem er behauptete, bei Oumuamua (ein extrasolares Objekt, das unser Sonnensystem durchquert hat) könnte es sich um das Werk Außerirdischer handeln. Auch Manasvi Lingam beschäftigt sich regelmäßig mit der Suche nach Leben im Weltall. Unter anderem untersucht er, wie Fotosynthese auf anderen Planeten funktionieren könnte.
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