„pure.“: Der Name des neuen Mudam-Cafés ist Programm. Mitten im Herzen des „Musée d’art moderne Grand-Duc Jean“ (Mudam) befindet sich das lichtdurchflutete Museumscafé, das vom französischen Designer-Duo Ronan und Erwan Bouroullec entworfen wurde. Genauso wie seine schlichte Einrichtung konzentriert sich auch das gastronomische Angebot des Cafés auf das Wesentliche.
Ab sofort steht „pure.“, das am 21. September Neueröffnung feierte, für eine pflanzenbasierte Küche, Naturschutz, lokale und regionale Lebensmittel, kurz: für Umdenken und Nachhaltigkeit. Alle Gerichte auf der Karte sind nicht nur frei von Milchprodukten und Raffinadezucker, sondern, bis auf das italienische Fladenbrot Focaccia, auch glutenfrei. Purer Genuss versprechen zudem die Fruchtsäfte, die aus saisonalen Zutaten zubereitet werden und ohne zugesetzten Zucker auskommen.
„Rund 80 Prozent der Lebensmittel, die wir heute probieren, kommen aus Luxemburg“, gibt Fabrizio Annicchiarico, der neue Leiter des Cafés, die Marschroute während einer Pressepräsentation Mitte September vor. Das Gemüse liefert beispielsweise das „Forum pour l’emploi“, Weine und Crémants das familiengeführte Weingut „Rita & Laurent Kox“ aus Remich.
Auf Streifzug durch die Karte
Wie vielfältig die pflanzenbasierte Küche sein kann, zeigt das Tagesmenü mit Vorspeise, warmem oder kaltem Hauptgericht sowie Dessert. Die kalten Kreationen wechseln wöchentlich und werden als Bowl serviert.
Jeden Mittwoch zwischen 18 und 22 Uhr finden im Rahmen von „Till Ten“ (engl.: „Bis zehn“), dem „Afterhours“-Programm des Museums, Veranstaltungen statt. Der Eintritt ist frei. Die Besucher sind eingeladen, bei einem Degustationsmenü mit Amuse-Bouches und dem ikonischen Hauscocktail Mudi die aktuellen Ausstellungen zu entdecken.
Anlässlich der Vorpremiere nahm das Team des Museumscafés seine Gäste mit auf eine Entdeckungsreise durch die Karte. Dabei offenbarte sich eine farbenfrohe und geschmacklich vielfältige Küche.
Gleich zu Beginn der Verkostung setzt Annicchiarico den Herbst in all seiner Farb- und Geschmacksvielfalt gebührend in Szene: ein Gazpacho aus heimischen Tomaten mit einer Kugel Basilikum-Eis, eine Kürbiscremesuppe mit Pfifferlingen und eine fantasievoll gefüllte Reisrolle verwöhnen den Gaumen mit einer unerwarteten Raffinesse. Besonders die samtig-cremige Kürbiscremesuppe überrascht mit ihrem vollmundigen, intensiven und zugleich delikaten Geschmack. „Das Geheimnis“, verrät der Chef, „liegt in der Zubereitung: Das Fruchtfleisch wird im Mini-Kürbis im Ofen gegart.“ So wie alle Suppen im „pure.“, die ebenfalls im Backrohr zubereitet werden. Übrigens auch Annicchiaricos Tipp an alle Hobbyköche, diese Methode für die Suppenzubereitung zu Hause zu wählen, um noch mehr Geschmack aus den verwendeten Zutaten herauszukitzeln.
Ergänzt wird die Speise-Vielfalt auf der kreativen Karte durch Falafel, „Raw Cakes“ oder pflanzliche Mini-Burger, auch „Slider“ genannt, weil sie dank ihrer Größe galant in den Mund gleiten. Wer beim Biss in den Mini-Burger auch nur eine Sekunde an Fleisch denkt, wird durch die geschmackliche Pointe der „pulled jackfruit“ eines Besseren belehrt. Die großen Früchte mit grüner Schale finden traditionell in der südasiatischen Küche Verwendung. In veganen Gerichten dient ihr Fruchtfleisch als Fleischersatz.
Und auch bei der Tortilla lernen die Gäste, ihrem Gaumen nicht immer blind zu vertrauen. „Eigeschmack ohne Ei?“ Fabrizio Annicchiarico schaut verschmitzt in die Runde, bevor er das Geheimnis lüftet. Dank des „Kala Namak“, eines Salzes, das für den Eigeschmack sorgt, bringt die Tortilla alle Merkmale ihres traditionellen Vorbilds, jedoch mit dem gewissen Extra, das allen mundet.
Seinen Höhepunkt findet das Menü im Dessert. Und ja, auch hier strotzen die Kreationen nur so vor Kreativität und Vielfalt. Besonders der eiskalte Kuchen mit Muskatkürbis, Kokosmilch und Tonkabohne eröffnet den Gaumenknospen neue Horizonte.
Ob Kakao oder Nüsse, aus tiefster Überzeugung werde bei den verwendeten Produkten stets auf Bio- und Fairtrade-Ware zurückgegriffen, erklärt der Café-Leiter. „Ich habe zwei Kinder, die auch zur Schule gehen. Damit die Preise für Kakaobohnen oder Nüsse niedrig gehalten werden können, steckt oftmals Kinderarbeit in deren Verarbeitung. Das unterstütze ich nicht“, unterstreicht Annicchiarico.
Ein alter Bekannter
Mit vollem Elan hingegen sorgt das Team im „pure.“ für das geschmackliche Rahmenprogramm während der kommenden Museumsnacht am 8. Oktober. An dem Abend findet eine After-Party im Mudam statt, die Bar ist bis 3 Uhr nachts geöffnet. Zu Musikklängen auf der queeren Rave-Party serviert das Team hausgemachte Suppen, Focaccia und Cocktails. Auf dem Museumsvorplatz können sich die Gäste am Foodtruck „Amore al dente“ bei Pasta-Gerichten stärken.
Für das Tageblatt-Wochenendmagazin ist Fabrizio Annicchiarico mit seiner kreativen Küche kein Unbekannter. 2017 kreuzten sich die Wege der Autorin dieser Zeilen und des Leiters von „pure.“ Damals stand der ehemalige Immobilienmensch Fabrizio an einem Wendepunkt in seinem Leben, gleichzeitig machte das Magazin im Tageblatt seine ersten Schritte. Gewissermaßen gingen wir gemeinsam ein paar Schritte in eine neue Lebensetappe.
Schon zu jener Zeit kochte Fabrizio lieber mit Gemüse, probierte gerne Neues aus und wehrte sich entschieden gegen Schubladendenken und feste Kanons – sowohl in der Küche als auch im Leben. Voller Neugierde, Leidenschaft, (Welt-)Offenheit. Diese Werte prägten damals wie heute die Lebens- und Schaffensart des Sohnes zweier italienischer Gastronomen, der fließend acht Sprachen spricht und seinen Worten mit Mimik und Gestik leidenschaftlich gerne Nachdruck verleiht.
Stets bewies er den richtigen Riecher für den Geist der Zeit: Als nur wenige vegan kochten, stellte er sich mit zwei Kochtöpfen an der Straße und bot abwechslungsreiche pflanzenbasierte Küche an. Später leistete er mit „Fabelicious“, dem ersten veganen Caterer, Pionierarbeit. 2019 übernahm er das „Oak Bistro“ in Luxemburg-Stadt. Dort kreuzten sich auch die Wege von Annicchiarico und Mudam-Direktorin Bettina Steinbrügge. Ohne sich vorher zu kennen, hinterließ seine kreative Küche damals bei ihr einen bleibenden Eindruck, sodass das Mudam und Fabrizio Annicchiarico seit April 2022 gemeinsam den Weg von „pure.“ beschreiten.
pure.
Musée d’art moderne Grand-Duc Jean (Mudam)
3, Park Dräi Eechelen
L-1499 Luxembourg-Kirchberg
Tel.: (352) 45 37 85-970
www.pure.lu
Rezept-Tipp: Kürbis-Gnocchi an Pfifferlingsoße*
Für die Gnocchi:
500 g Mehl
800 g Kürbis
1 Bouquet garni
1 Prise Fleur de Sel
Für die Pfifferlingsoße:
400 g Pfifferlinge
5 cl trockener Weißwein
30 ml extra natives Olivenöl
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
1 Prise Muskatnuss
Salz und Pfeffer
Frischer Dill
Zubereitung:
Für die Gnocchi:
1. Kürbisfleisch in Würfel schneiden und über Dampf garen, Bouquet garni und Fleur de Sel hinzufügen. Sobald das Fruchtfleisch gar ist, zerdrücken und abkühlen lassen. (Tipp: Während dieser Zeit bereiten Sie die Pfifferlingsoße zu).
2. Vermischen Sie den Kürbis mit dem Mehl, bis Sie eine homogene Masse erhalten, und binden Sie die Zutaten.
3. Formen Sie mit diesem Teig lange Rollen (Durchmesser zwischen 0,5 und 1 cm) und schneiden Sie diese in kleine Stücke (1-1,5 cm). Drücken Sie die Stückchen mit dem Finger oder einer Gabel leicht flach und stellen Sie sie beiseite. (Damit die Gnocchi später im Kühlschrank länger haltbar bleiben, reiben Sie sich Ihre Hände vor der Weiterverarbeitung des Teiges mit Olivenöl ein.)
Für die Pfifferlingsoße:
1. Pfifferlinge abbürsten, die Knoblauchzehe schälen, dabei den Keim entfernen, fein hacken.
2. In einem Wok fein gehackte Schalotten und den Knoblauch anbraten, bis sie goldgelb sind, fügen Sie die Pfifferlinge und eine große Prise Dill hinzu. Kurz anbraten, mit dem Weißwein ablöschen und die Hitze reduzieren. Nach Belieben mit Salz und Pfeffer abschmecken.
3. In der Zwischenzeit die Gnocchi in kochendem Salzwasser 4-5 Minuten kochen, bis die Gnocchi an der Wasseroberfläche schwimmen. Abgießen und etwas Kochwasser in einem kleinen Glas auffangen.
4. Die Gnocchi und das Glas Kochwasser im Wok mit der Soße verrühren und weitere 2-3 Minuten ziehen lassen.
(*Dieses Rezept wurde uns mit der freundlichen Unterstützung von Fabrizio Annicchiarico (pure.) zur Verfügung gestellt.)
Guten Appetit!
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