Am heutigen Samstag setzt der anglikanische Erzbischof von Canterbury in Londons Westminster Abbey dem 74-jährigen Charles III die Krone auf. Bei der festlichen Zeremonie kommen auch eine Reihe weiterer Utensilien aus der reichhaltigen Schatzkammer des Königshauses sowie neu angefertigte Kleinode zum Einsatz. Die wichtigsten in Kürze:
Die Bibel zum Schwören des Amtseids hat der Erzbischof eigens in vier Exemplaren anfertigen lassen. Eines davon erhält Charles zum Geschenk, das Schwurexemplar wird öffentlich ausgestellt. In rotes Leder gebunden und mit dem königlichen Wappen versehen, enthält das Buch die Heilige Schrift in der autorisierten, von König James I in Auftrag gegebenen Übertragung ins Englische von 1611. Das in jeder Hinsicht gewichtige Buch wiegt immerhin 3,5 Kilo.
Der Krönungsstuhl von 1297 stellt das älteste Möbelstück der Insel dar. Längst ist die Vergoldung abgekratzt, Generationen frecher Chorknaben haben ihre Initialen ins Eichenholz geritzt. Mittlerweile wird das teure Stück besser bewacht. Erst vor zehn Jahren wurde das fragile Kunstwerk renoviert, für die Krönung haben Restauratoren den Stuhl erneut überarbeitet. Der an Rückenschmerzen leidende König wird so kurz wie möglich auf dem unbequemen Stuhl Platz nehmen.
Darunter liegt der Stone of Scone, der schottische Krönungsfelsen. Benannt nach einer Abtei nahe Perth, diente er den Herrschern als Zeichen der Verbundenheit mit ihrem Volk. Der englische König Eduard I beschlagnahmte den Stein 1296 als Zeichen seines Triumphs über die Schotten; erst 700 Jahre später durfte das gute Stück in die Heimat zurückkehren. Der Block aus rotem Sandstein wiegt 152 Kilo; dieser Tage wird er in feierlicher Prozession aus Edinburgh nach London geschickt – als Leihgabe, wie die schottische Regierung betont.
Bei der Prozession und Präsentation der royalen Insignien soll der kulturelle Unterschied zu Queen Elizabeths Krönung 1953 deutlich werden. Deshalb sind viele Frauen und Angehörige ethnischer Minderheiten sowie anderer Religionen beteiligt. So trägt die Jüdin Gillian Merron einen Teil des Krönungsornats, den der Erzbischof von Canterbury anschließend dem Monarchen umhängt. Der prominente Sikh Indarjit Singh darf den Krönungshandschuh bringen, sein muslimischer Kollege Syed Kamall den royalen Armreif, der Hindu Narendra Patel den Königsring.
Salbungsöl aus Jerusalem
Das Salbengefäß in Form eines goldenen Adlers und der dazugehörige Löffel dienen der Salbung des Monarchen und seiner Gattin Camilla. Das Öl stammt aus Oliven aus einem Kloster nahe Jerusalem und wurde in der dortigen Grabeskirche eingesegnet. Während das Gefäß und viele andere Utensilien im 17. Jahrhundert neu angefertigt wurden, stammt der Löffel aus vergoldetem Silber Experten zufolge aus dem 12. Jahrhundert – das älteste Objekt, das an diesem Tag zum Einsatz kommt. Die Salbung selbst nimmt der Erzbischof unter einem eigens neu angefertigten Baldachin vor, sodass König und Königin vor den Fernsehkameras geschützt sind.
Der goldene Reichsapfel hat mit köstlichem Obst wenig zu tun. Vielmehr geht er auf die Römer zurück und symbolisierte für viele Monarchen des Abendlandes die Weltkugel unter christlicher Herrschaft. Im britischen Fall handelt es sich um eine hohle Goldkugel, deren Durchmesser 16,5 Zentimeter beträgt. Geschmückt ist sie mit Edelsteinen und Perlen. Dazu gehören zwei goldene Zepter, 92 und 110 Zentimeter lang; sie symbolisieren die weltliche und die religiöse Führungsrolle des Königs.
Oberbefehlshaber der Streitkräfte
Seit alters her gehören auch Schwerter zu königlichen Amtseinsetzungen. In der royalen Prozession symbolisieren sie Charles‘ Rolle als Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Oberhaupt der Staatskirche. Das knapp einen Meter lange Gnadenschwert, auch Curtana genannt, hat eine stumpfe Klinge. Das gewaltige, 2,6 Kilo schwere Staatsschwert kennen die Briten von der jährlichen Eröffnung des Parlaments. Das Juwelen-Staatsschwert wurde für den extravaganten König Georg IV (1830-30) angefertigt.
Auch das bei der eigentlichen Krönung verwendete Schmuckstück zählt zu den Insignien, die Charles II neu anfertigen ließ. Benannt ist die Krone nach Eduard (1043-66), dem vorletzten angelsächsischen König von England, der später heiliggesprochen wurde. Um unter der 2,2 Kilo schweren Last nicht zu straucheln, hat Charles III im Palast mit schweren Mehltüten, eingeschlagen in Samt und verborgen in einer Melone, geübt. Sobald die Krone auf dem Kopf sitzt, beginnen die Huldigungen der Anwesenden: „Long live the King!“
Die königlichen Artilleristen verleihen ihrer Freude durch 62 Kanonenschüsse Ausdruck, an der festlichen Knallerei beteiligen sich auch die Kriegsschiffe der Royal Navy.
Die prächtige Staatskutsche aus vergoldetem Holz stammt aus dem Jahr 1762 und hat bei der Königsfamilie keinen guten Ruf. In dem ungefederten, stark schwankenden Gefährt fühle man sich wie auf hoher See, hat Queen Elizabeth II einmal geklagt. Charles und Camilla treten darin die Rückreise zum Buckingham-Palast an; zur Abbey dürfen sie bequem in der erst elf Jahre alten, mit Stoßdämpfern und Klimaanlage ausgerüsteten Kutsche reisen, die Australien der Queen 2012 zu ihrem 60. Thronjubiläum schenkte.
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