Nanu, wieso fallen Bankangestellte relativ zeitgleich in mehreren Ländern Mordanschlägen zum Opfer? Eine Sonderkommission, die buchtitelgebende „SoKo Börsenfieber“, soll Aufklärung bringen.
Polizeihauptkommissar Gerold Gerold wird nach Bern beordert, um im multinational aufgestellten Ermittlungsteam für Licht im Dunkel zu sorgen. Derweil hat seine Kollegin und Ehefrau Ute Fischer im norddeutschen Uelzen nicht nur für den gleich dreifachen Nachwuchs des Paares zu sorgen, sondern mit Jannik Schüsterhausen als Polizeimeisteranwärter einen geradezu begnadeten Hohlkopf an der Backe, der hinter jedem Falschparker eine staatsgefährdende Verschwörung vermutet und entsprechende Gegenmaßnahmen bei seiner Chefin einfordert.
Wir könnten hier nun mit der Aufzählung all jener Charaktere in Gerhard Henschels neuem Roman anfangen, bei denen sich auf die eine oder andere Weise mehr als nur eine Schraube im Oberstübchen gelockert hat, belassen es aber bei dem Autogrammjäger Michael Ringel, der sich mit dem Charme einer Schmeißfliege auf die Opfer seiner Passion stürzt, um wenige Seiten weiter in Südamerika angekommen die Transformation in einen waschechten Sex-Gott durchzumachen. Oder nehmen wir die beiden befreundeten, tatsächlich existierenden Schriftsteller Frank Schulz und Thomas Gsella, die Henschel auf eine Kreuzfahrt direkt in die Hölle schickt.
„Wie könnte man einzelne Körperorgane dazu bringen, daß sie im Interesse des Gesamtorganismus ein paar Unannehmlichkeiten akzeptieren?“ Diese Frage ist nur eine der vielen, die Henschel in seinem Roman nicht nur stellt, sondern auch so beantwortet, dass garantiert kein Auge trocken bleibt. Doch der Irrwitz, des Wahnsinns fette Beute, hat System. Wie überhaupt Henschels grundlegende Idee hinter seinen SoKo-Überregionalkrimis („Börsenfieber“ ist der dritte in der Reihe), alles Sinnvolle bzw. Sinnfällige ad absurdum zu führen oder gleich in die Luft zu jagen, sehr umsichtig in Szene gesetzt werden muss, um nicht einfach nur Blödsinn zu sein.
Und so kann es auch niemanden verwundern, dass Henschel im kommenden Mai für diesen virtuosen Roman sowie für sein Werk insgesamt den kleinen, aber deshalb nicht weniger feinen Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor erhalten wird – Gratulation! (thk)
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