Der Tod des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) im Alter von 87 Jahren hat auch international Trauer ausgelöst. Der einstige sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow würdigte Kohl als herrausragenden Politiker, der deutliche Spuren in der Weltgeschichte hinterlasse. «Die Deutschen haben Helmut Kohl den Spitznamen «Kanzler der deutschen Einheit» gegeben. Das ist richtig und gerecht», sagte Gorbatschow am Freitagabend in Moskau.
Kohl hatte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989 mit Gorbatschow sowie den Staats- und Regierungschefs der USA, Großbritanniens und Frankreichs die Bedingungen für die Deutsche Einheit ausgehandelt. Der frühere US-Präsident George H. W. Bush würdigte Kohl als «wahren Freund der Freiheit».
«Wahrer Freund der Freiheit»
Der Kanzler der Deutschen Einheit und Wegbereiter der Europäischen Union war am Freitagmorgen in seiner Heimatstadt Ludwigshafen gestorben. Seine Amtsnachfolgerin Angela Merkel bezeichnete Kohl als «Glücksfall für uns Deutsche». Man werde noch lange bewundern, wie entschlossen Kohl und seine Mitarbeiter die Gunst der Stunde zur Vereinigung genutzt hätten, sagte die CDU-Vorsitzende bei einem Besuch in Rom.
Seit einem Sturz und Schädel-Hirn-Trauma 2008 war Kohl schwer krank, saß im Rollstuhl und konnte nur schwer sprechen. 2015 hatte sich sein Zustand deutlich verschlechtert. Nach Operationen lag er monatelang im Krankenhaus. Kohl kehrte wieder in sein Haus in Ludwigshafen-Oggersheim zurück, wo er zuletzt im April 2016 noch Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban empfing. Orban lobte in einem Nachruf Kohl als herausragenden Staatsmann: «Möge Gott dem Freund Ungarns, dem großen Alten Helmut Kohl gnädig sein.»
Der Staatsakt zu Ehren des Gestorbenen wird voraussichtlich in seiner Heimat Rheinland-Pfalz stattfinden. Im Foyer der CDU-Zentrale in Berlin wurde ein Kondolenzbuch für Helmut Kohl ausgelegt. Die CDU richtete zudem ein Online-Kondolenzbuch ein.
Europäischer Visionär
Der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz würdigte Kohl als europäischen Visionär. «Das Europa, in dem wir heute leben, wäre ohne Helmut Kohl nicht denkbar», schrieb Schulz in einem Gastbeitrag für die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Samstag). Der Christdemokrat habe «die europäische Einigung mit einer Energie und Überzeugungskraft vorangetrieben, wie nur ganz wenige andere Staatsmänner».
US-Präsident Donald Trump beschrieb Kohl als Freund und Verbündeten der USA. Kohl sei nicht nur der Vater der deutschen Wiedervereinigung gewesen, sondern auch ein Verfechter für Europa und das transatlantische Verhältnis. Die Welt habe von seinem Weitblick und seinen Anstrengungen profitiert. «Sein Vermächtnis wird weiterleben.» Italiens früherer Ministerpräsident Matteo Renzi bezeichnete Helmut Kohl als einen Giganten. Er sei einer der Väter des Europas der Völker gewesen. «Dies zu leugnen ist nicht nur ungerecht, es ist unmöglich», sagte Renzi.
Kohl regierte von 1982 bis 1998 als Bundeskanzler – 16 Jahre, so lange wie bisher niemand vor und nach ihm. Er war treibende Kraft für die EU und eine gemeinsame Währung. Immer wieder hob er die Bedeutung der europäischen Idee für Frieden und Wohlstand hervor.
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