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US-Osten schrammt an Katastrophe vorbei

US-Osten schrammt an Katastrophe vorbei
(AFP/Staff Sgt. Jonathan Shaw)

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Mehrere Tote, Zerstörungen, Stromausfälle und vor allem Überschwemmungen - "Matthew" hat im US-Südosten seine Visitenkarte hinterlassen. Aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Um das zu sehen, müssen die Betroffenen nur nach Haiti blicken.

Bei den bangen Blicken auf die Landkarte schien es so, als würde «Matthew» (Link) an den USA kleben. Seit Donnerstagabend (Ortszeit) stellte der Sturm Millionen Menschen auf eine Nervenprobe, während er sich quälend langsam vom Südosten Floridas an der US-Küste entlang nordwärts pflügte.

War es für die eine Region vorbei, und konnten vor dem Hurrikan geflohene Menschen zurückkehren, nahm sich «Matthew» die nächste vor. Und hinterließ abgedeckte Dächer, entwurzelte Bäume, heruntergerissene Stromleitungen, Glasscherben auf den Straßen und Wasser, Wasser, Wasser. Vor allem aber: Mindestens elf Menschen verloren ihr Leben.

Land unter

Auch, als sich «Matthew» am Sonntag schließlich von den USA zu lösen begann, war es für Hunderttausende noch immer nicht vorbei: Noch bis zum frühen Abend sollte es nach den Warnungen der Meteorologen dauern, bis die Winde in North Carolina völlig abgeflaut sein würden.

Weiter südlich entlang der Küste schien die Morgensonne auf Städte, deren Straßen sich in Flüsse verwandelt hatten. Wasser überall, im Zentrum der historischen Stadt Charleston etwa, bekannt als Perle South Carolinas, wo «Matthew» Fluten über Schutzmauern gedrückt hatte. Oder im romantisch-melancholischen Savannah in Georgia, im kostbaren St. Augustine im Nordosten Floridas, der ältesten Stadt der USA. Und immer noch waren mehrere Hunderttausende entlang der Küste ohne Stromversorgung, viele werden wohl noch Tage die Nacht im Dunkeln verbringen müssen.

Schwächste Kategorie

Dennoch machte sich am Wochenende große Erleichterung breit: Es hätte viel schlimmer kommen können, «Matthew» hat sich in den USA deutlich gnädiger gezeigt als befürchtet. Das Auge des Sturmes war am Samstag in South Carolina an Land gekommen, aber da war «Matthew» schon zu einem Hurrikan der schwächsten Kategorie abgestuft – wenn auch weiterhin nicht zu unterschätzen.

Bis dahin war der Sturm an der Küste entlanggeschrammt, «und jede Meile Entfernung hat geholfen», erläuterte ein Meteorologe im Sender CNN.

«Wenig beklagen»

Ja, es gab Todesopfer, Zerstörungen, Überschwemmungen, massive Stromausfälle. Aber auch die Menschen in besonders stark betroffenen Gebieten müssen sich nur die Bilder aus Haiti vor Augen halten, um zu erkennen, wie glücklich sich die meisten von ihnen schätzen können.

Hunderte Tote dort, schwere Verwüstungen, Menschen, die schon vor «Matthew» kaum etwas besaßen und nun noch das Letzte verloren hatten – «da kann ich mich wenig beklagen», sagte ein Mann in Floridas Küstenstadt Port St. Lucie, dessen Haus «Matthew» unter Wasser gesetzt hatte, dem Sender MSNBC.

Massive Schäden

Aber das alles heißt nicht, dass «Matthew» am Ende dem US-Südosten nicht teuer zu stehen kommt. Weil der Sturm so weite Küstenabstriche malträtiert hat, wird es wohl eine geraume Zeit dauern, bis sich «Matthews» Auswirkungen in Dollar beziffern lassen.

Und dann ist da die Erosion, sind da die zahlreichen Strandabschnitte, von denen Sturm und Wasser Erde und Sand weggefressen haben. Vielerorts werden wohl Anlandungen nötig werden – dabei streiten sich Küstenbezirke in Florida schon seit Jahren darum, woher der kostbare Sand genommen werden und wer ihn bekommen soll.

Das große Aufräumen

Aber erst mal beginnt das Aufräumen, da, wo Menschen am Wochenende nicht durch teilweise hüfthohes Wasser auf der Straße waten mussten. Und dann: Die Hurrikan-Saison ist noch längst nicht vorbei, bis Ende November dauert sie noch – wenn sich denn Tropenstürme überhaupt fest an solche Zeitlinien halten. Vor allem für die Floridianer, die seit Jahren verschont geblieben waren, wurde «Matthew» zu einer drastischen Erinnerung daran: Es gibt keine Garantien.

Auch nicht dafür, dass «Matthew» ganz zur Geschichte wird, wenn er in den offenen Atlantik herausgezogen ist. Nach Berechnungen der Meteorologen wird er nach seiner Trennung von der Küste auf dem Atlantik eine Schleife drehen – und nicht ganz ausgeschlossen ist, dass er irgendwann später Floridas Südostzipfel einen zweiten Besuch abstattet. Ein Wiedersehen, das sicher keine Freude macht – auch wenn «Matthew» dann nur wenig Puste haben dürfte.