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US-Gewerkschaft läuft Sturm

US-Gewerkschaft läuft Sturm
(AFP/dg)

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Es ist nicht nur der Abgas-Skandal - VW hat in den USA auch ein Problem mit der Gewerkschaft.

Die Gewerkschaft will eine Arbeitnehmervertretung in Volkswagens US-Werk einrichten. Doch der Autobauer, bei dem Mitbestimmung ansonsten groß geschrieben wird, sträubt sich.

Und dann schaltete sich sogar Hillary Clinton ein: «Volkswagen-Mitarbeiter in Tennessee erheben ihre Stimme für die Rechte, die sie verdienen». Der Tweet der demokratischen Präsidentschaftsbewerberin rückt eine Dauerfehde in den Fokus, die über Volkswagens Abgas-Skandal in den Hintergrund geraten war. Denn in den USA gibt es noch andere Probleme: Der Konzern reibt sich in einem zähen Konflikt mit der Autogewerkschaft UAW auf – und gerät dabei immer weiter ins Hintertreffen.

Die Auseinandersetzung will angesichts der traditionell starken Arbeitnehmervertretung und des mächtigen Betriebsrats nicht so recht zur Unternehmenskultur bei VW passen. Aber in den USA ist alles etwas anders. Tatsächlich liegt VW schon seit Jahren im Clinch mit der US-Gewerkschaft und die Situation droht zu Ungunsten der Wolfsburger zu eskalieren. Wie konnte es soweit kommen?

«Volkswagen respektiert das Recht aller seiner Angestellten, in der Frage nach Gewerkschaftsvertretung frei zu entscheiden», beteuert ein Sprecher. Dennoch lehnt der Konzern die UAW als Tarifpartner bislang strikt ab. Dafür habe man auch gute Gründe, heißt es aus dem Konzern. Denn der Versuch der Gewerkschaft, in einer Abstimmung die Mehrheit der Mitarbeiter im einzigen US-Werk von VW am Standort Chattanooga im Bundesstaat Tennessee hinter sich zu sammeln, war vor zwei Jahren gescheitert.

Rechtlich auf dünnem Eis

Die UAW ließ sich jedoch nicht abwimmeln. Die Gewerkschaft hat seitdem einige Etappensiege erzielt, die dazu führten, dass sie nun über Umwege doch noch einen Fuß in die Tür bekommen konnte. Denn im Dezember stimmte eine kleine Gruppe von Facharbeitern für die UAW als Interessenvertretung. VW verweigert die Anerkennung mit Verweis auf den Sonderstatus der Spezialisten, die die Maschinen im Werk instand halten. Zudem habe die Gewerkschaft nur gut 160 von insgesamt über 2000 Angestellten hinter sich bringen können.

Doch der Konzern bewegt sich damit rechtlich auf dünnem Eis. Die UAW gibt nicht klein bei und hatte Erfolg mit einer Beschwerde bei der US-Arbeitsaufsicht National Labor Relations Board (NLRB). VW will sich nicht zwingen lassen, Löhne und Arbeitsbedingungen mit der Gewerkschaft auszuhandeln, und hat die Entscheidung der Behörde angefochten. Das dürfte allerdings eher ein Spiel auf Zeit sein, als ein adäquates Mittel, die Regulierer umzustimmen.

Die Gewerkschaft macht indes weiter Druck und wirft den Wolfsburgern Rechtsbruch vor. «Mit seiner Entscheidung, die NLRB zu bekämpfen, verletzt Volkswagen eindeutig das Bundesgesetz», zürnt UAW-Direktor Gary Casteel. «Wir weisen die Behauptung zurück, dass es die Belegschaft in Chattanooga spalten würde, Facharbeiter als Verhandlungspartner anzuerkennen.» Es sei inakzeptabel, dass das Werk weltweit die einzige Fertigungsstätte von VW ohne Mitbestimmung durch den Konzernbetriebsrat sei.

Mitbestimmungskultur

Die UAW ist sich der breiten Unterstützung der Arbeiter sicher. Und in der Tat kann niemand einschätzen, wie eine erneute Abstimmung im Werk heutzutage ausgehen würde. Denn ein Vorwurf der Gewerkschaften lautet, beim Votum Anfang 2014 hätten politische Lobbygruppen eine Drohkulisse aufgebaut und die Wahl damit erheblich beeinflusst. Republikanische Politiker hatten behauptet, wenn die UAW einziehe, blieben Investitionen aus und die Produktion neuer Modelle sei gefährdet.

All das hat dazu geführt, dass der eigentlich auf seine Mitbestimmungskultur so stolze VW-Konzern in den USA – wo die Interessenvertretung der Arbeitnehmer normalerweise deutlich kleiner geschrieben wird – als gewerkschaftsfeindlich gilt. Gerade im aktuellen «Dieselgate»-Umfeld kommt das überhaupt nicht gut. Das weiß auch die UAW: «In einer Zeit, in der Volkswagen wegen des Abgas-Skandals ohnehin schon mit den US-Behörden aneinandergerät, sind wir sehr enttäuscht, dass sie ihnen nun auch noch beim Arbeitsrecht die lange Nase zeigen».

Dass sich dann auch noch ausgerechnet die Frau auf die Gegenseite schlug, die derzeit die besten Chancen auf das Amt des US-Präsidenten hat, macht die Sache für den deutschen Autobauer nur noch bitterer.