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Ungarn auf Ramsch-Niveau abgesägt

Ungarn auf Ramsch-Niveau abgesägt
(dpa)

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Ungarns Regierungschef Orban dringt auf schnelle Verhandlungen mit dem IWF. Budapest braucht frische Kredite, um die drohende Staatspleite abzuwenden. Viel Zeit ist nicht mehr: Mit Fitch stufte auch die dritte große Ratingagentur das Land auf Ramsch-Niveau herab.

Im Kampf gegen die drohende Staatspleite wird es für Ungarn immer enger. Nach den Ratingagenturen Standard & Poor’s (S&P) und Moody’s hat nun auch Fitch die Kreditwürdigkeit des EU-Staates auf Ramsch-Niveau herabgestuft. Der Schritt sei eine Reaktion auf die schwere Finanzkrise des Landes und die schlechten Wachstumsaussichten, teilte die Agentur am Freitag mit.

Angesichts der für das Land gefährlichen Entwicklungen pochte Ministerpräsident Viktor Orban am selben Tag vehement auf eine möglichst schnelle Einigung mit der EU und dem
Internationalen Währungsfonds (IWF).

Umstrittene Politik

Wegen der noch stärker regulierenden Wirtschaftspolitik Orbans – zuletzt sicherte sich der Rechtsnationalist den Zugriff auf die Notenbank – wollen IWF und Europäische Union derzeit noch keine offiziellen Verhandlungen mit Budapest über die Gewährung eines bitter benötigten Kredits aufnehmen.

Fitch senkte die Bewertung der Kreditwürdigkeit Ungarns von zuvor «BBB-» auf «BB+» und damit auf die erste Stufe unterhalb der Ramsch-Grenze. In der Bewertung setzte Fitch den Ausblick für das Nicht-Euro-Mitglied auf «Negativ». Damit überwiegt in den kommenden Monaten die Möglichkeit einer weiteren Absenkung. Die zuletzt «unorthodoxe Wirtschaftspolitik» des Landes untergrabe das Vertrauen der Investoren. Außerdem erschwere sie eine Übereinkunft mit den internationalen Kreditgebern.

Überraschende Herabstufung

Ungarns Regierung zeigte sich in einer ersten Stellungnahme überrascht von der Herabstufung. Zuletzt habe sich der Kurs des Forint nach einer rasanten Talfahrt wieder stabilisiert, und die Kurse der Kreditausfallversicherungen hätten sich verbessert, sagte Regierungssprecher Andras Giro-Szasz.

Die von dem Sprecher erwähnte kurzfristige Linderung der ungarischen Finanznot trat am Freitag ein, nachdem der rechts-nationalistische Regierungschef Orban erklärt hatte: «Die ungarische Regierung hat alles getan, damit die IWF-EU-Verhandlungen so bald wie möglich begonnen und abgeschlossen werden können.» IWF und EU zieren sich aber bislang, einen Termin für die Aufnahme von offiziellen Gesprächen mit Budapest zu nennen. Zuletzt hatte sich Orban mit einer Novelle des Notenbankgesetzes den Zugriff auf die Zentralbank gesichert. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte in einem Brief an Orban vor diesem Schritt gewarnt.

Vor der Presseerklärung war der Regierungschef mit einigen Ministern sowie Notenbank-Chef Andras Simor zu einem unangekündigten Krisengespräch zusammengetroffen. Auch dies wurde von Analysten als positives Zeichen gewertet. Das Verhältnis zwischen Orban und Simor ist äußerst angespannt. Der noch von der Vorgängerregierung eingesetzte Nationalbank-Gouverneur verteidigt die Unabhängigkeit seiner Institution und setzt sich gegen Orbans Begehrlichkeiten zur Wehr.

IWF-Kredit

Der für die IWF-Verhandlungen zuständige ressortfreie Minister Tamas Fellegi, der auch bei der Unterredung anwesend war, reist am kommenden Mittwoch zu informellen Gesprächen mit dem IWF nach Washington. Dabei soll sondiert werden, ob Budapest bereit ist, die Beanstandungen der potenziellen Kreditgeber zu berücksichtigen und entsprechend zu handeln. Bereits am Donnerstag hatte Fellegi erklärt, seine Regierung sei nun zu Verhandlungen «ohne Vorbedingungen» bereit. Ungarn hatte schon 2008 einen 20-Milliarden-Euro-Kredit erhalten und war damit vor dem Staatsbankrott gerettet worden.

Das Land hat derzeit große Probleme, seine Staatsschulden zu finanzieren. Die nationale Währung verlor seit dem Sommer ein Fünftel ihres Wertes, und selbst kurzfristig kann sich das Land auf dem Geldmarkt nur für Zinsen von fast 10 Prozent neues Kapital leihen. Das neue Notenbank-Gesetz, aber auch eine Reihe von Verfassungsänderungen, die weite Teile des Staatsapparates unter Regierungskontrolle stellen und demokratische Rechte und Freiheiten infrage stellen, haben die EU-Kommission gegen Budapest aufgebracht. Das Brüsseler Gremium prüft derzeit die Einleitung mehrerer Verfahren wegen der Verletzung der EU-Verträge.