Nach der Naturkatastrophe in Japan leiden die Überlebenden unter Schnee und Kälte. Rund um das AKW Fukushima ist verstrahltes Wasser aus den Reaktoren ins Meer geflossen.
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Die radioaktive Verstrahlung der Küstengewässer vor dem Atomkraftwerk Fukushima hat am Samstag einen neuen Höchstwert erreicht. Die Belastung mit Jod-131 in Meerwasser nahe der Anlage übertraf den zulässigen Grenzwert um das 1250fache, wie die Reaktorsicherheitsbehörde (NISA) mitteilte. Zuvor wiesen die 330 Meter südlich der Anlage entnommenen Proben lediglich eine 100 Mal so hohe Strahlenbelastung aus. Der AKW-Betreiber Tepco räumte ein, dass mit großer Wahrscheinlichkeit radioaktives Wasser aus den Atomkraftwerk ins Meer geflossen ist.
Unglücksreaktor in Fukushima seit 40 Jahren in Betrieb
Reaktor 1 im havarierten Kernkraftwerk Fukushima Eins ist am Samstag genau seit 40 Jahren in Betrieb. Es sei «äußerst bedauerlich», was aus dem Reaktor geworden sei, sagte der Vize-Chef des Atombetreibers Tepco, Sakae Muto, anlässlich des Jahrestages der Inbetriebnahme des Reaktors, wie die japanische Nachrichtenagentur Jiji berichtete. Dafür wolle er sich entschuldigen. (dpa)
In den Reaktorblöcken 1 bis 4 war zuvor radioaktives Wasser mit teilweise 10 000fach erhöhter Strahlung ausgetreten, das entweder aus dem Reaktorkern oder aus dem Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe stammt. Das verstrahle Wasser in Block 1 des Atomkraftwerks Fukushima enthält hohe Mengen von Cäsium 137, wie es auch nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor nahezu 25 Jahren in großen Mengen in die Umwelt gelangt ist. Die japanische Reaktorsicherheitsbehörde (NISA) veröffentlichte am Samstag eine Analyse dieses Wassers, wobei acht radioaktive Substanzen festgestellt wurden. An der Spitze der Aktivität steht Cäsium 137 mit 1,8 Millionen Becquerel.
Radioaktives Wasser
Die Einsatzkräfte versuchen mit Hochdruck, das ausgelaufene Wasser zu entfernen, um die Arbeiten zur Verkabelung der Kühlsysteme fortsetzen zu können. Das verstrahlte Wasser am Boden von Räumen in der Nähe des Reaktorbehälters steht in Block 3 nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo 1,50 Meter hoch. In Block 2 sind es 1 Meter, in Block 4 0,80 Meter und in Block 1 wurden 40 Zentimeter gemessen.
Die Reaktorblöcke 1 bis 3 wurden am Samstag wieder mit Wasser von außen gekühlt, um die drohende Überhitzung zu stoppen. Wegen der hohen Strahlenbelastung geschah dies nach einem Bericht des Fernsehsenders NHK aus größerer Entfernung als bisher.
Langjährige Schäden
Das verstrahle Wasser in Block 1 enthält große Mengen von Cäsium-137. Die Reaktorsicherheitsbehörde veröffentlichte am Samstag eine Analyse dieses Wassers. Insgesamt wurden acht radioaktive Substanzen festgestellt. Nach der Aufnahme in den Körper kann Cäsium-137 anstelle des chemisch ähnlichen Elements Kalzium in die Knochen eingebaut werden. Damit würde diese Strahlenquelle die Betroffenen über lange Zeit gefährden, denn erst nach etwa 30 Jahren ist die Hälfte der radioaktiven Atome zerfallen (Halbwertszeit). Jod-131 hat eine Halbwertszeit von nur acht Tagen.
Im Meer verdünnen sich die Konzentration radioaktiver Substanzen schnell. Daher droht derzeit noch keine unmittelbare Gefahr für Pflanzen und Tiere vor der Küste.
Süßwasser-Kühlung
Dabei wurde nun nicht mehr Meerwasser, sondern Süßwasser eingesetzt. Mehrere Experten, vor allem in den USA, haben sich besorgt über eine durch Meerwasser verursachte Verkrustung der Kernbrennstäbe mit Salz geäußert. Am Freitag kündigte Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa an, es sei notwendig, sehr schnell die Umstellung auf eine Kühlung mit Süßwasser zu erreichen. Dazu habe die US-Regierung ihre Hilfe angeboten.
Nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sind noch viele Vorarbeiten nötig, bevor Ingenieure die vermuteten Lecks in den Reaktoren untersuchen und eventuell abdichten können. Der IAEA-Sicherheitssprecher Denis Flory erklärte, zunächst müssten die Reaktoren weiter gekühlt werden, um überhaupt erst eine Umgebung zu schaffen, in der Menschen innerhalb des Reaktors arbeiten und den Schaden beurteilen könnten. «In dieser Phase sind wir noch lange nicht», sagte Flory.
17 Arbeiter verstrahlt
Seit Beginn der Krise im Atomkraftwerk Fukushima wurden nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo vom Samstag 17 Arbeiter verstrahlt. Dabei wurden nur diejenigen Unfälle berücksichtigt, bei denen eine Radioaktivität von mehr als 100 Millisievert gemessen wurde – dies entspricht der maximalen Belastung für AKW-Arbeiter über ein ganzes Jahr hinweg. Allerdings hat das Arbeitsministerium diesen Grenzwert für Arbeiter in Fukushima jetzt auf 250 Millisievert heraufgesetzt. Bei dem Unfall vom Donnerstag im Turbinengebäude von Block 3 wurden zwei Arbeiter ohne Schutzstiefel nach Informationen von NHK einer Strahlenbelastung von 2000 bis 6000 Millisievert ausgesetzt.
Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt behinderten am Samstag die Aufräumarbeiten im Katastrophengebiet im Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu. «Es ist so kalt, dass wir nichts machen können», sagte ein Überlebender dem Fernsehsender NHK, der zusammen mit seiner Frau in sein beim Erdbeben beschädigtes Haus zurückkehrte. In einigen Orten unterstützten Freiwillige die Betroffenen, ihre Habe in zerstörten Häusern zu sichern.
Humanitäre Katastrophe
Die Bereitstellung von Behelfsunterkünften für die Opfer der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe lief an. Die mit am schwersten getroffene Stadt Rikuzentakata in der Provinz Iwate begann als erste Gemeinde am Samstag, Anträge für solche Häuser entgegenzunehmen.
Die Menschen in der Katastrophenregion benötigen laut der EU-Kommissarin für Humanitäre Hilfe schnellere Informationen zur radioaktiven Verseuchung. Zwar würden die japanischen Behörden Messungen vornehmen und Informationen bereitstellen, sagte die Kristalina Georgiewa, am Samstag nach einem Besuch in der Katastrophenregion der Nachrichtenagentur dpa. Doch wüssten viele Menschen nicht, wie es speziell in ihrer jeweiligen Gegend genau aussehe.
Bei dem Erdbeben der Stärke 9,0 und dem dadurch ausgelösten Tsunami kamen nach offiziellen Angaben mindestens 10 102 Menschen ums Leben. Als vermisst gelten noch 17 053 Menschen, so dass die Behörden eine weiter steigende Zahl von Todesopfern erwarten.
Daisy Schengens Laufbahn beim Tageblatt begann 2010 als Online-Redakteurin, später in der Lokalredaktion, bevor sie leitende Redakteurin des Magazin-Hefts wurde. Ihre Schwerpunkte umfassen die Themengebiete Gesundheit und Ernährung. Die gebürtige Bulgarin hat einen Magisterabschluss in Germanistik und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem Sohn lebt sie an der Mosel. Wenn sie nicht über Genuss und Gesundheit schreibt, widmet sie sich dem Tanz(-sport).
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