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Strafrichter sollen entscheiden

Strafrichter sollen entscheiden

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Der Staatsanwalt forderte im Berufungsprozess, dass die Strafrichter in Zukunft bei Flugunfällen auch über etwaige Schadensersatzforderungen und Entschädigungen entscheiden dürfen.

Am Dienstag wurde die Verhandlung im sogenannten Luxair-Zivilprozess fortgesetzt. Dort geht es um die Schadensersatzforderungen der Nebenkläger. Als erster war es Me Pol Urbany, der einen offenen Brief seines Kollegen Me Christian-Charles Lauer, dem Verteidiger der Freundin des Kopiloten, an die Berufungsrichter überreichte, in dem dieser die Vorgehensweise des Verteidigers des Hauptangeklagten Claude Poeckes., Me Georges Pierret, scharf verurteilte.

Dieser hatte die Lebenspartnerin des Kopiloten der Hypokrisie bezichtigt, weil sie zweimal entschädigt wurde. Seine Mandantin habe nur einen mit der Luxair vereinbarten partiellen Schadenersatz durch ein zweites Übereinkommen ergänzt, erklärte Me Lauer.

Die Worte des Anwalts des Flugkapitäns seien zudem sehr verletzend, weil die Nebenklägerin während fast zehn Jahren im Glauben gelassen wurde, ihr Freund habe die Unglücksmaschine geflogen, betonte der Anwalt. Erst eine durch Me Pol Urbany überarbeitete Version des CVR (Cockpit Voice Recorder), die während des Strafprozesses vorgespielt wurde, brachte Licht in die Angelegenheit. Noch heute habe sich der Kapitän für diese Gewissenslosigkeit nicht bei seiner Mandantin entschuldigt, ärgerte sich Me Lauer weiter.

Menschen und keine Firma sind angeklagt

Es waren dann die anderen Anwälte der Nebenkläger, die erneut darauf hinwiesen, dass Luxair als Firma nicht angeklagt ist. Sie könnten ihre Forderungen nur an die strafrechtlich verurteilten Angestellten der Fluggesellschaft richten. Auf das französische Kassationsurteil zu verwiesen sei aber absurd, da hier die Fluggesellschaft angeklagt war, betonten die Anwälte. Die Verteidiger hatten dieses Urteil ins Feld geführt, weil bei diesem Prozess sich die höchste Instanz als inkompetent erklärte, in einer Zivilklage zu richten.

Me Pol Urbany ging erneut auf die 1929 abgeschlossene Konvention von Warschau ein, die erst im Jahre 1967 in Luxemburg in ein Gesetz einfloss. Sie soll den Flugverkehr mit seinen Unfällen regeln.

Universelles oder nationales Recht?

Der Anwalt stellte die Frage, warum die in Montreal verbesserte Konvention nicht zum universellen Gesetz wurde, wie es die Anwälte der Angeklagten glauben lassen wollen. Diese Konvention wurde erst am 12. August 2003, also nach dem Luxair-Crash, in Luxemburg in ein Gesetz integriert. Die Anwälte der Angeklagten wollten sogar die Konvention in ihrem Interesse umschreiben, so Me Urbany.

Die Anwälte der angeklagten Luxair-Verantwortlichen, Me Loesch und Me Hurt, beharrten aber auf ihrer Argumentation, man könne die Warschauer Konvention “als uniformes und globales Rechtskonvolut” nicht ignorieren.

Staatsanwalt plädiert auf Opfer-Entschädigung

Generalstaatsanwalt Serge Wagner trug anschließend seinen Strafantrag vor. Er sah das erste Urteil, indem die Richter sich nicht kompetent erklärten über die Schadensersatzforderungen zu urteilen, als genügend motiviert an, zweifelte jedoch die Logik der Warschauer Konvention an, weil sie keine Entschädigung der Hinterbliebenen der Opfer vorsieht. Er sah keinen Grund, aus dieser Sachlage eine Inkompetenz der repressiven Gerichtsbarkeit schlusszufolgern.

Natürlich könnten die Luxemburger Berufungsrichter es sich einfach machen, um zukünftig Problemen aus dem Weg zu gehen, doch stelle er sich das Recht anders vor, so Serge Wagner. Der Staatsanwalt plädierte für die Kompetenz der Strafrichter, über Entschädigung der Zivilopfer zu statuieren.

Das Urteil wird am 15. Januar 2013 gesprochen.