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Sterbender Alleinherrscher ohne Nachfolger

Sterbender Alleinherrscher ohne Nachfolger
(AFP)

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Der Gesundheitszustand von Usbekistans Präsident Karimow verschlechtert sich rapide. Die Nachfolgefrage ist ungeklärt und die möglichen Kandidaten offenbar zerstritten.

Der langjährige usbekische Präsident Islam Karimow befindet sich nach einem Schlaganfall laut amtlichen Angaben in einem lebensbedrohlichen Zustand: Die gesundheitliche Lage des 78-Jährigen habe sich zuletzt «rapide» verschlechtert, teilte die Regierung der zentralasiatischen Republik am Freitag in einer Erklärung «an die Landsleute» mit.

Nach mehr als 25 Jahren autoritärer Herrschaft ist die Nachfolge Karimows ungeklärt, die möglichen Kandidaten sind zerstritten. «Mit schwerem Herzen teilen wir Ihnen mit, dass sich die Gesundheit unseres Präsidenten deutlich verschlechtert hat und dass er sich laut Ärzten in einem kritischen Zustand befindet», hieß es in der Erklärung an die 30 Millionen Einwohner des Landes.

Gehirnblutungen

In den vergangenen Tagen hatten bereits Berichte über das Ableben des Präsidenten die Runde gemacht, der Usbekistan schon seit 1989 mit harter Hand regiert. Seine Tochter hatte dies am Montag dementiert und mitgeteilt, dass sich ihr Vater nach Gehirnblutungen seit Samstagmorgen im Krankenhaus auf der Intensivstation befinde.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim sagte bei einer im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung, Karimow sei tot und «möge in Frieden ruhen». In Karimows Heimatstadt Samarkand seien Vorbereitungen für die Trauerfeierlichkeiten angelaufen, berichtete die oppositionelle Nachrichtenagentur Fergana. Teile der Innenstadt seien dort abgesperrt, die Straßen würden gereinigt.

Ungeregelte Nachfolge

Laut Verfassung würde Senatspräsident Nigmatulla Juldaschew an die Stelle des Staatschefs treten, wenn dieser stirbt. Als wahrscheinlicher gilt allerdings, dass sich Ministerpräsident Schawkat Mirsijojew oder sein Stellvertreter Rustam Asimow durchsetzen.

Zum Kreis der möglichen Konkurrenten zählt auch Sicherheitschef Rustam Inojatow. Der 72-jährige ist bereits seit 1995 als Sicherheitschef im Amt. Er trägt einen wesentlichen Anteil am Klima der Repression, das Karimows Herrschaft prägte. Dazu zählen Folter von Oppositionellen und Zwangsarbeit in der Baumwollindustrie.

Getötete Demonstranten

Inojatow soll auch für die gewaltsame Niederschlagung von Demonstrationen in Andischan im Osten des Landes im Jahr 2005 mitverantwortlich sein. Laut einem Bericht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurden damals zwischen 300 und 500 Demonstranten getötet.

Der am 30. Januar 1938 geborene Karimow wurde in einem Waisenhaus in der Stadt Samarkand groß. Nach Ingenieursstudien rückte er in der Kommunistischen Partei 1989 an die Spitze der damaligen Sowjetrepublik Usbekistan auf. Nach der Unabhängigkeit 1991 wurde er zum Staatschef gewählt – und zuletzt wurde er im März 2015 mit mehr als 90 Prozent für ein weiteres fünfjähriges Mandat im Amt bestätigt.

Streit in der Familie

Im Jahr 2013 drang ein heftiger Streit in der Familie Karimow an die Öffentlichkeit. Karimows Tochter Gulnara, die einst als eine mögliche Nachfolgerin betrachtet wurde, warf ihrer jüngeren Schwester und ihrer Mutter Hexerei vor, bezichtigte Sicherheitschef Inojatow der Korruption und verglich ihren Vater mit Sowjetführer Josef Stalin. Gulnara Karimowa steht seit 2014 unter Hausarrest.