Das Direktorium der europäischen Zentralbank ist ein Männerverein: Mario Draghi aus Italien, Vítor Constâncio aus Portugal, Jörg Asmussen aus Deutschland, Benoît Cœuré aus Frankreich, Peter Praet aus Deutschland und José Manuel González-Páramo aus Spanien. Der 53-jährige Spanier verlässt jetzt das Gremium.
Die Macht des Direktoriums
Das Direktorium leitet die Geschäfte der Europäischen Zentralbank. Dazu setzt es die Beschlüsse des EZB-Rates um und gibt Anweisungen an die nationalen Zentralbanken. Darüber hinaus bereitet das EZB-Direktorium die Sitzungen des EZB-Rates vor und übernimmt einige Aufgaben, die ihm vom EZB-Rat übertragen werden können.
Eine Amtszeit dauert maximal acht Jahre und kann nicht verlängert werden.
Auch wenn am Montag (12.03.12) eine Entscheidung der Eurozonen-Finanzminister über die Nachfolge eines der Mitglieder fallen soll, wird sich daran nichts ändern – nominiert sind wieder drei Männer. Unter ihnen auch der Gouverneur der Luxemburger Zentralbank Yves Mersch.
Drei Kandidaten –zwei mit Chancen
Seit es zu Beginn der letzten Woche „aus Kreisen“ geheißen hatte, dass nun auch Frankreich die Kandidatur von Yves Mersch unterstützt, gilt Yves Mersch sogar als Favorit. Seitdem gilt Mersch als der gemeinsame Kandidat der nordeuropäischen Länder. Ursprünglich hatte Frankreichs Präsident sich für den spanischen Kandidaten ausgesprochen.
Es wäre wohl die Krönung der Karriere des 62-jährigen Mersch, die 1975 im luxemburgischen Finanzministerium ihren Anfang fand. Doch Merschs persönliche Berufsziele dürften wohl kaum eine Rolle spielen, wenn sich die Finanzminister der Eurozone heute für einen Kandidaten entscheiden. Vielmehr geht es um Geldpolitik und die Machtverteilung zwischen Nord- und Südeuropa. Zwischen den Ländern, die die Schuldenkrise mit einem blauen Auge überlebt haben und jenen, die noch um das Überleben kämpfen.
Mersch gilt als Falke. Als jemand, der eine Inflation verhindern will. Der Süden Europas braucht Wachstum – etwas das man künstlich mit Hilfe von Inflation schaffen kann, wenn auch nicht ohne die Gefahren.
Die Falken bekommen die Oberhand
Mit der Wahl Merschs würde das sich derzeit in Balance befindliche Machtverhältnis kippen. Die Falken bekämen die Oberhand im Direktorium.
Und noch etwas spricht aus spanischer Sicht gegen Mersch. Ein Sitz im EZB-Direktorium hat für das Land Tradition. Würde José Manuel González-Páramo nicht durch einen spanischen Nachfolger ersetzt, wäre dies das erste Mal seit der Gründung der EZB, dass kein Spanier ein Amt in dem sechsköpfigen Gremium bekleidet. Damit gilt Merschs spanischer Konkurrent auch als sein stärkster Gegner: Antonio Saínz de Vicuña.
Der in Barcelona geborene Ökonom und Rechtsgelehrte ist seit 1998 bei der EZB tätig und leitet derzeit die Rechtsabteilung des Frankfurter Institutes. Ein Punkt, der gegen ihn sprechen könnte. Sein Fokus lag in der Vergangenheit mehr auf der Justiz als auf der Ökonomie. Immerhin gilt es jenes Direktoriumsmitglied abzulösen, welches derzeit für die Forschung und das Risiko-Management der „Bank der Banken“ zuständig ist.
Chancenlos
Dritter Kandidat ist der Slowene Mitja Gaspari. Er war früher wie auch Yves Mersch Zentralbankchef seines Landes und gilt als Falke. Doch er gilt als chancenlos.
Nach einigen hektischen Monaten, mit viel Stühlerücken in der Chefetage der EZB, geht es nun um sehr viel. So wie das Direktorium nach der derzeitigen Wahl aussieht, wird es für eine lange Zeit bleiben. Vorausgesetzt es tritt niemand von seinem Posten zurück, steht der nächste Wechsel erst für 2018 ins Haus, dann nämlich, wenn die Amtszeit von Vizepräsident Vítor Constâncio sich dem Ende zuneigt.
Entscheidung
Die Entscheidung, die die Finanzminister am Montag (12.03.12) voraussichtlich treffen, ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Sie ist eine Empfehlung und wird gefolgt von Abstimmungen im Wirtschaftsausschuss des europäischen Parlamentes und dem Plenum des Europaparlamentes. Erst wenn ein Kandidat offiziell durch die Mehrheit des Europäischen Rates bestätigt wurde, kann er seinen Posten antreten.
Der Europäische Rat wiederum ist das Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Am Ende liegt es also an ihnen, den neuen EZB-Direktor zu bestimmen.
Würde Mersch in das Direktorium gewählt, würde eine weitere Entscheidung ins Haus stehen. Nämlich jene über die Nachfolge von Mersch bei der Luxemburger Zentralbank, der er seit ihrer Gründung im Jahr 1998 vorsteht.
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