«Luxemburg hat viele gute Leute und es wird nicht kompliziert sein, um einen Guten zu finden, der die Zentralbank leiten könnte“, meinte am Dienstag Finanzminister Luc Frieden am Rande einer Ecofin-Sitzung in Brüssel dem Tageblatt gegenüber. Allerdings nannte Luc Frieden nur einen möglichen Nachfolger für Yves Mersch: den Generaladministartor im Finanzministerium, Gaston Reinesch.
Gaston Reinesch wurde vom Finanzminister Luc Frieden ins Gespräch um die Nachfolge von Zentralbankchef Yves Mersch gebracht, nachdem Mersch von den Euro-Finanzminstern für das EZB-Direktorium nominiert wurde.
Damit dürften die Spekulationen um die Nachfolge von Yves Mersch mit einem Schlag beendet worden sein. Dabei tauchten in den letzten Wochen so einige Namen in der Gerüchteküche auf: Zentralbank-Direktor Serge Kolb, Statec-Chef Serge Allegrezza oder der Generaldirektor der CSSF, Jean Guill. Auch „Trésor“-Direktor Georges Heinrich galt als potenzieller Nachfolger. Dieser winkte allerdings bereits am Dienstag gegenüber den Kollegen von Radio 100,7 ab und verwies darauf hin, dass er im Jahr 2009 ein siebenjähriges Mandat angetreten war und gedenke, dieses auch zu Ende zu führen.
Oder gilt doch, was die schnelle Nennung des Namens Gaston Reinesch angeht, die alte Politikerweisheit „früh genannt, schnell verbrannt“? Dies dürfte wohl ausgeschlossen sein. Zu sehr ist der Name des Staatsdieners mit der Umsetzung der wirtschaftlichen Politik des Staates in den vergangenen beiden Jahrzehnten verbunden, als dass man ihm diese „Gefälligkeit“ tun würde. Zu sehr kommen durch seinen „möglichen“ Wechsel an die Spitze der BCL die Begehrlichkeiten anderer hoch, doch später dazu mehr.
Nationale und europäische Erfahrung
Der Nachfolger von Yves Mersch muss vor allem sowohl europäische als auch nationale Erfahrung haben, meinte Luc Frieden. Gaston Reinesch würde beide Voraussetzungen mit sich bringen, „was ihn für diesen Posten qualifiziert“, wie der Finanzminister gestern anerkannte. In der Tat gilt Reinesch seit Jahren als einer der engsten Regierungsberater, vor allem auf europäischem Parkett. Hinzu kommt, dass er Mitglied des „Groupe de rédaction“ des Maastrichtvertrags war. Gerade die Tatsache, dass er einer der Redakteure des Vertrages war, welcher die Europäische Währungs- und Wirtschaftsunion begründet hat – und damit also auch die gemeinsame Währung –, dürfte wohl ausschlaggebend für die „Ernennung“ Gaston Reineschs sein.
Im vergangenen Jahrzehnt tat sich Reinesch allerdings auch als sehr guter Betriebswirtschaftler hervor.
Dass die BGL ihren Charakter seit der Übernahme durch die BNP Paribas und den Staat nicht wesentlich verändert hat, wird allgemein seiner Person zugeschrieben. Dabei stand Reinesch zwei Fronten gegenüber: zum einen dem Mehrheitsaktionär aus Paris, zum anderen dem Management aus Fortis-Zeiten.
Aus Bankkreisen wurde immer wieder betont, dass besonders die Managementebene nicht unbedingt erfreut darüber war, dass ihnen ein „fonctionnaire“ als Verwaltungsratspräsident vor die Nase gesetzt worden war. Er eckte wohl auch an, weil er als Repräsentant des staatlichen Aktionärs im Verwaltungsrat den einen oder anderen allein durch seine Präsenz daran erinnerte, dass der Staat 2,5 Milliarden Euro für die Rettung der BGL aufbringen musste. Reinesch wird nicht nur zugute geschrieben, dass die Bank wieder in ruhigere Gewässer gebracht wurde, sondern auch, dass er eine hohe Dividendenausschüttung durchgesetzt hat.
Bei der Post gilt Reinesch als die Person, welche die Diversifizierung der Gruppe vom klassischen Postgeschäft hin zum IT-Konzern vorangetrieben hat. Er zeichnet auch verantwortlich für das von ihm noch kürzlich selber als „historisch“ bezeichnete Abkommen mit der Briefträgergewerkschaft.
Dass Reinesch ein Händchen für Investitionen besitzt, hat er über Jahre bei der SNCI, seiner eigentlichen Schaltzentrale, bewiesen. Durch die Strukturbank förderte er Start-ups und viele mittelständische Betriebe. Durch die staatliche SNCI wurden auch so manche Firmen restrukturiert oder gleich gerettet. So mancher Unternehmer hat der SNCI und Gaston Reinesch viel zu verdanken – eine Tatsache, die ihm nicht nur Freunde einbrachte.
Weiteres Postengeschacher
Da sein Name bereits seit geraumer Zeit als Ersatz für Yves Mersch zirkuliert, wird immer wieder auch gemutmaßt, ob Reinesch nicht vielleicht konzilianter gegenüber der Regierungspolitik sein könnte. Dies wird die Zukunft sagen müssen. Allein vom Statut her ist ein Zentralbanker gegenüber der Politik unabhängig.
Eines ist allerdings sicher, sollte Gaston Reinesch zum Zentralbankchef werden, wird dies eine Kaskade von Umbesetzungen in verschiedenen Verwaltungsräten mit sich bringen (siehe nebenstehenden Kasten). Und dies zwangsläufig, da, um Interessenskonflikte zu vermeiden, es dem Zentralbankchef vom Gesetz her nicht gestattet ist, andere Funktionen auszuüben.
Aus Kreisen des BCL-Personals war am Dienstag nicht unbedingt Jubel zu vernehmen, auch wenn man um die schwierige Beziehung zwischen Yves Mersch und seinem Personal weiß. Das hängt wohl mit dem ständigen Auf und Ab aus der letzten Zeit zusammen, meinte ein anonymer Zentralbanker. Man erhofft sich aber frischen Wind, und einige meinten: „Wenigstens ist er vom Fach.“
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