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Regieren «mit den Waffen der Frau»

Regieren «mit den Waffen der Frau»
(dpa)

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Thailands Parlament hat am Freitag erstmals eine Frau an die Regierungsspitze gewählt. Yingluck Shinawatra bekam 296 der 500 Stimmen.

Drei Abgeordnete stimmten gegen sie, 197 enthielten sich der Stimme. Die Schwester des 2006 gestürzten Regierungschefs Thaksin Shinawatra tritt ihr Amt offiziell an, sobald der König seine Zustimmung gibt, möglicherweise noch im Laufe des heutigen Tages.

Yingluck und die Pheu Thai-Partei hatten die Wahlen am 3. Juli klar mit 53 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Regierungspartei kam nur auf knapp 32 Prozent. Pheu Thai verbündete sich dennoch mit vier Koalitionspartnern und verfügt jetzt über 300 der 500 Stimmen im Parlament. Sie selbst sowie der Parlamentspräsident und seine beiden Stellvertreter durften bei der Wahl am Freitag nicht abstimmen.

Veränderungen angemahnt

Die Pheu Thai-Partei hat umfassende Veränderungen angekündigt, darunter die Anhebung des Mindestlohns auf 300 Baht (sieben Euro) am Tag, Stützungsmaßnahmen für Bauern und massive Infrastrukturinvestitionen. Nächste Woche soll das Kabinett stehen.

Thaksin flüchtete knapp zwei Jahre nach dem Sturz vor einer zweijährigen Gefängnisstrafe wegen Amtsmissbrauchs ins Exil. Er gilt als de facto-Chef der Partei und ist nach Angaben von Mitgliedern an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt.

Politisches Naturtalent

Yingluck Shinawatra, das politische Naturtalent: Die fotogene neue Ministerpräsidentin hat Thailand im Sturm genommen. Kein Mensch kannte die Geschäftsfrau, als sie vor kaum drei Monaten aus dem Nichts als Spitzenkandidatin der Opposition ins Rampenlicht rückte. Zwar ist sie mit einem riesigen Sympathie-Bonus gestartet, als Schwester des 2006 gestürzten und in weiten Teilen des Landes bis heute heiß geliebten Ex-Regierungschefs Thaksin Shinawatra. Doch hat sie dann Freund und Feind überrascht.

Wenn die Millionärin unter sengender Sonne strahlend lächelnd im Reisfeld steht und vor dem älteren Bauern respektvoll knickst, liegt ihr das Volk zu Füßen. Politische Gegner entwaffnet sie mit Charme. Nie ist ihr ein Wort der Kritik an anderen über die Lippen gekommen.

Skeptische Parteigegner

Seit dem Wahlsieg der Pheu Thai-Partei am 3. Juli hat Yingluck (reimt sich in Thai auf ying rak – sehr geliebt) aber auch eine Menge zunächst skeptischer Parteigänger auf ihre Seite gezogen. Nicht ein Mal ist sie in eines der in Thailand zahlreichen politischen Fettnäpfchen getreten. Sie hält bislang überzeugend an den Wahlversprechen fest und nimmt in parteiinternen Strategietreffen wie selbstverständlich die Führungsrolle ein.

Als Chefin ist sie eigentlich auch in ihrem Element: Yingluck, die in Kentucky in den USA Politik und Verwaltungswesen studierte, hat zeitlebens im Shinawatra-Firmenimperium gearbeitet – stets an der Spitze, versteht sich, erst in einer Mobilfunk-, dann in einer Immobilienfirma. «Ich weiß, wie man managt», sagte sie im Wahlkampf selbstbewusst. «Ich weiß, wie man Entscheidungen trifft.» Yingluck ist verheiratet und hat einen neunjährigen Sohn.

Großer Lehrer

Das habe sie von ihrem 18 Jahre älteren Bruder Thaksin gelernt, sagt Yingluck. Sie ist das neunte Kind des Clans. Thaksin nahm die kleine Schwester mit Spitznamen Pou (Krabbe) unter seine Fittiche, als die Mutter früh starb. «Mein Klon», sagte er wenig taktvoll. Yingluck ging darüber hinweg. «Ich möchte, dass das Volk mir eine Chance gibt», sagte sie im Wahlkampf. «Vertraut mir, so wie ihr meinem Bruder vertraut habt.» Der große Bruder hängt wie ein großer Schatten über Yingluck und der Partei. Sie muss noch beweisen, dass er nicht aus dem Exil in Dubai sämtliche Strippen zieht.

In Thailand geht Yinglucks Charmeoffensive erstmal weiter. Die erste Frau auf dem höchsten Regierungsposten bringt frischen Wind in eine Politlandschaft, die bisher von Männern dominiert war. Mode und Trends gehören in Zukunft zum Programm. «Ich lese alles, Zeitungen, Zeitschriften und Modemagazine, um auf der Höhe der Zeit zu sein», sagte Yingluck schon. Das Chefbüro wird nach Angaben von Protokollchef Parada Thenbumrung jetzt neu dekoriert, in rosa und pink. Das seien die Lieblingsfarben der neuen Chefin, habe er aus der Partei gehört, sagte er der Zeitung «Nation». Sie werde die Waffen der Frau zum Wohl das Volkes einsetzen, versprach Yingluck kokett.

«Teamfähigkeit, unermüdliche Energie und schnelle Auffassungsgabe» zählt die neu gewählte Abgeordnete Jarupan Kuldiloke als Qualitäten auf.