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Post-Privatisierung auf Schleichwegen?

Post-Privatisierung auf Schleichwegen?
(Tageblatt/Tania Feller)

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Die Staatsbeamtenkammer lehnt die Vorlage für das neue Postgesetz ab. Sie befürchtet eine schleichende Privatisierung der Post in Luxemburg.

Das auf den neuen Generaldirektor zugeschneiderte Gesetz (Link) bringe keinen Mehrwert, beeinträchtige die Rechte der Mitarbeiter im Beamtenstatut und lege den Personalvertretern einen Maulkorb an. Zu diesem vernichtenden Urteil gelangt die Staatsbeamtenkammer („Chambre des fonctionnaires et employés publics“) in ihrem Gutachten zu der Gesetzesvorlage der Regierung. Wobei sich die Kammer dabei lediglich auf die einleitenden Bemerkungen zum Gesetz konzentriert hat („Exposé des motifs“) und bereits nach deren Begutachtung „keinen Nutzen mehr in einer tiefgreifenden Analyse der verschiedenen Artikel des Gesetzes“ sieht.

Der aktuelle Post-Generaldirektor Claude Strasser bei der Vorstellung der Bilanz 2014 im letzten Monat.

An erster Stelle kritisiert wird die Abschaffung der kollegialen Direktion. Bislang besteht der Vorstand aus zehn Direktoren und einem Generalsekretär. Das Direktionskomitee, dem neben dem Generaldirektor und dessen Stellvertreter drei weitere Direktoren angehören, soll Entscheidungen kollegial fällen. Laut neuem Gesetz soll in Zukunft alleine der Generaldirektor volle Befugnisse über das Alltagsgeschäft haben. Er selber soll dann zwei Generaldirektoren und zwei weitere Direktoren einstellen und mit ihnen das Exekutivkomitee bilden. Wobei der Generaldirektor auch die Möglichkeit hat, die anderen abzusetzen. Der Generaldirektor selber wird vom Verwaltungsrat, mit Zustimmung des Ministers, eingesetzt. Jedoch hat der Verwaltungsrat nur mehr beratenden Charakter bei der Ernennung und Absetzung von Mitgliedern des Exekutivkomitees.

Keine Staatsbeamten mehr

Völlig neu ist auch, dass die Mitglieder dieses Exekutivkomitees in Zukunft auf privatrechtlicher Basis eingestellt werden sollen und keine Staatsbeamten mehr sind. Diese neue Organisationsform wird mit dem Argument verteidigt, dass die heutige Konkurrenzsituation und deren Auswirkungen z.B. auf die Preise schnelle Reaktionen und Entscheidungen erfordern. Für die Staatsbeamtenkammer steht mit diesem Argument die Welt auf dem Kopf.

Im Jahre 1992 nämlich, als die Post, die zu 100% dem Luxemburger Staat gehört, in ein öffentliches Unternehmen umgewandelt wurde, wurde eben die kollegiale Direktion mit genau denselben Argumenten eingeführt, mit denen sie nun abgeschafft werden soll. Das Modell hatte man von der Sparkasse übernommen.

Dabei, so die Staatsbeamtenkammer, stehe in der Einleitung zum Gesetz mit keinem Wort erwähnt, dass die kollegiale Direktion irgendwelche Schwächen aufgezeigt habe. Die Kammer vermutet daher, dass es bei der Umwandlung der Entscheidungsgremien der Post vor allen Dingen um reine Eigeninteressen geht und nicht um das Allgemeininteresse. Ohne darauf einzugehen, um wessen Eigeninteressen es sich handelt.

Nicht-Luxemburger

Ihren Eindruck sieht die Kammer dadurch verstärkt, dass im Gesetz nur „obskure“ Gründe angegeben würden, warum denn die Mitglieder des Exekutivkomitees nun ein privatrechtliches Statut haben sollen und kein öffentliches mehr. Die Kammer erinnert daran, dass laut Gesetz vom 9. Dezember 2005 bestimmte Posten, darunter der des Generaldirektors und seines Stellvertreters bei der Post, an die Luxemburger Nationalität gebunden sind. Wenn nun diese Posten nach privatrechtlichem Statut vergeben werden könnten, könnte auch ein Nicht-Luxemburger den Posten innehaben, was in den Augen der Kammer gegen die Interessen der nationalen Souveränität verstößt. Es sei zu befürchten, so die Kammer weiter, dass die Umwandlung in ein privatrechtliches Statut nur einen ersten Schritt in die totale Privatisierung der Post darstelle.

Selbst wenn man dringend Experten aus dem Privatsektor bräuchte, sei die Umwandlung des Statuts nicht notwendig, da der Staat bereits jetzt private Experten ein Jahr lang als Angestellte einstellen könne, um sie nach diesem Jahr in das Staatsbeamtenstatut übernehmen zu können. Wobei die Kammer daran erinnert, dass man beim aktuellen Generaldirektor, der ebenfalls aus dem Privatsektor zur Post stieß, selbst auf diese Regelung verzichtet und ihn direkt in das Staatsbeamtenstatut übernommen habe. Auch wenn es bei der Umwandlung des Statuts darum gehen sollte, den Managern mehr Gehalt zu ermöglichen, bieten sich laut Staatsbeamtenkammer andere Möglichkeiten. Die kollegiale Direktion sollte daher beibehalten und das öffentliche Statut gewahrt werden.

Maulkorb für Personalvertreter

Ebenfalls nicht einverstanden ist die Kammer damit, dass die rund 56% der aktuellen Post-Mitarbeiter, die noch im öffentlichen Statut sind – die anderen sind privatrechtlich angestellt, mit zum Teil niedrigen Löhnen, wie die Briefträgergewerkschaft auf ihrem Kongress im März scharf kritisierte –, laut Gesetzesvorlage künftig nach Belieben im Unternehmen versetzt werden können, also auch in Tochterunternehmen.

Bislang war das nur in Bereichen möglich, die der Post zu 100% selber gehören.

Beunruhigt ist man weiter darüber, dass den Personalvertretern im Verwaltungsrat ein Maulkorb angelegt werden soll. Das neue Gesetz sieht eine Schweigepflicht für alle Mitglieder des Verwaltungsrates in allen Fällen vor. Bislang gab es die Möglichkeit, dass Angelegenheiten mit generellem Charakter, die das Personal betreffen, von der Schweigepflicht ausgenommen waren, außer der Verwaltungsrat habe speziell hierauf gepocht. Hierbei werde vergessen, so die Kammer, dass Personalvertreter ihren Wählern ebenso Rechenschaft schuldig sind, wie es die Vertreter der verschiedenen Ministerien im Verwaltungsrat ihren Ministern gegenüber sind. Das neue Gesetz ist nicht transparent und lässt zu viel über die wahren Hintergründe und damit Konsequenzen offen, so die Kammer abschließend. Es verletze angestammte Rechte und bereite den Weg vor, die Post in eine Holding umzuwandeln, wenn nicht sogar die Post ganz zu privatisieren.

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