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Staatsschulden und privater Wohlstand

Staatsschulden und privater Wohlstand
(Tageblatt/Stefan Osorio-König)

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Vertraue nur einer Statistik, die du selber gefälscht hast, heißt es. Und gerade bei Europas Schuldenkrise können die Zahlen gedreht und gekehrt werden, wie es einem beliebt.

Nicht einmal die Frage, welches Land die höchste Verschuldung hat, ist einfach zu beantworten: Vergleicht man die Staatsschuld mit der nationalen Wirtschaftsleistung, dann ist Griechenland – selbst nach dem Schuldenschnitt der Banken – mit 132 Prozent (Anfang 2012) der unumstrittene Spitzenreiter.

Nimmt man jedoch einfach die Summe der Schulden, dann steht Deutschland mit über 2.100 Milliarden (Anfang 2012) klar an der Spitze der Schuldenstaaten.

Oder, eine dritte Möglichkeit: Vergleicht der Statistiker jedoch die Staatsschulden pro Kopf und pro Land, dann liegen weder die Deutschen noch die Griechen an der Spitze, sondern die Iren.

Viele Möglichkeiten der Berechnung

Differenziert sollte man auch mit den „überschuldeten Staaten“ Griechenland, Italien, Portugal und Spanien vorgehen.
Während Länder wie Griechenland, Italien und Portugal tatsächlich eine Schuldenquote (verglichen mit ihrer Wirtschaftsleistung) haben, die über 100 Prozent liegt – ist Spanien mit 72,1 Prozent (Anfang 2012) deutlich weniger verschuldet als Deutschland mit 81,6 Prozent oder Frankreich mit 89,2 Prozent.

Trotzdem wird Deutschland von den Finanzmärkten als „sicherer Hafen“ angesehen, während Spanien als „Krisenland“ gesehen wird. Diese hohe Verschuldungsquote Deutschlands birgt klare Risiken für das Land, welches zahlen soll, um „den Euro zu retten“. Steigt seine Staatsschuld nämlich weiter, dann ist nicht auszuschließen, dass Investoren irgendwann auch Europas größter Volkswirtschaft misstrauen.

Deutschland in der Zwickmühle

Derzeit profitiert das Land aber noch von sehr niedrigen (bis hin zu negativen) Zinsen auf seinen Staatsanleihen.

Würde Deutschland jedoch eine Haftung für die südlichen Länder Europas übernehmen, damit diese sich günstiger finanzieren können – es würde von den Investoren „bestraft“ werden. Die Zinszahlungen für seine eigenen Schulden würden stark ansteigen.

Deutschland zählt jedoch noch zu den Ländern, die noch an der Steuerschraube drehen können, um die Staatseinnahmen zu erhöhen.

Asymmetrie bei der Einschätzung

Der Mittelstand ist zwar bereits durch hohe Abgaben belastet, aber die Superreichen zahlen seit der Steuerreform von Gerhard Schröder heute wesentlich weniger Steuern als vor Jahren. Kein anderes Land in der Eurozone zählt auch nur annähernd so viele Milliardäre wie Deutschland.

Oftmals ist zu hören, Griechenland müsse seine Millionäre mehr besteuern. Doch, das wäre auch nicht die Rettung. Laut den Schätzungen von Credit Suisse gibt es nur relativ wenige Millionäre in dem hochverschuldeten Land.

Schuldenabbau durch Enteignung

Und, auch wenn es theoretisch möglich wäre, die Menschen zu enteignen, um die Staatsschuld zurückzubezahlen, so wäre es dennoch nur schwer durchsetzbar: Der durchschnittliche griechische Haushalt müsste nämlich mehr als die Hälfte seines Privatbesitzes hergeben, um das Land schuldenfrei zu machen.

In anderen Ländern hingegen wäre eine solche Art des Schuldenabbaus theoretisch möglich. So hat der durchschnittliche Franzose einen Privatbesitz von 136.831 Euro – während die Staatsverschuldung pro Kopf nur 24.657 Euro beträgt. In Italien sehen die Zahlen ähnlich aus.

Italiener reicher als Luxemburger

Zudem leben in Italien und in Frankreich deutlich mehr Millionäre als in Deutschland, das eine viel größere Bevölkerung hat. Laut den Zahlen von Credit Suisse ist die Millionärsdichte in Frankreich und Italien sogar größer als in Luxemburg, das sich viel Mühe macht, um wohlhabende Menschen ins Land zu ziehen.

Laut der Schweizer Bank ist Frankreich die Heimat von 9,1 Prozent aller Millionäre dieser Welt.
Es ist wohl auch diese hohe Anzahl von Millionären in Italien und Frankreich, die die Zahlen von Credit Suisse erklärt, laut denen der durchschnittliche Franzose und Italiener deutlich wohlhabender ist als der durchschnittliche Deutsche. Sie sind sogar wohlhabender als der durchschnittliche Luxemburger.