Tageblatt: Herr Lafer, gehen Sie auf dem Frischmarkt einkaufen?
Frühling auf der Stromburg: Spitzenkoch Johann Lafer im Restaurant «Val d’Or».
Biografie
Seine Philosophie beschreibt er selbst als „ein Leben für den guten Geschmack“. Der in der Steiermark geborene Spitzenkoch wurde mit Sendungen wie „Himmel und Erd“, „Lafer! Lichter! Lecker!“ als Stammkoch bei „Lanz kocht“ oder als Juror und Teamhelfer bei „Die Küchenschlacht“ einem breiten
Publikum bekannt. Auf der 1.000 Jahre alten „Stromburg“ bei Frankfurt,
nahe Wiesbaden und Mainz, betreibt Lafer gemeinsam mit seiner Frau Silvia und seinem Team das Jahreszeitenrestaurant „Le Val d’Or“ und das „Bistro d’Or“ sowie einen Kräutergarten. (ds)
Stargast in Schengen
Johan Lafer besucht zur Sisoneröffnung am Mittwoch, 3. Mai, von 10–14 Uhr den «Schenger Mart» am Moselufer in Schengen,. Der Frischmarkt findet jeden ersten Mittwoch im Monat statt.
Johann Lafer: Selbstverständlich. Das ist für mich, für einen Koch, das Paradies. Nicht nur wegen der Vielzahl an frischen Waren. Es bietet sich die Möglichkeit an, mit dem Erzeuger zu sprechen, diese Vertrauensbasis ist wichtig. Außerdem ist ein Marktbesuch wichtig für die Kreativität. Man sieht Dinge, an die man zuhause nicht denkt. Daher gehe ich sehr gerne auf den Markt.
Wonach halten Sie dabei Ausschau?
Jetzt haben Spargel und Bärlauch Saison. Ich schaue daher beim Marktbesuch, wer den schönsten und den besten Spargel hat. Natürlich halte ich Ausschau nach etwas Besonderem, was die Händler anbieten.
Haben Sie marktfrische Lebensmittel für die Gerichte in einem Ihrer Restaurants auf der Stromburg bei Frankfurt verwendet?
Wir arbeiten ausschließlich mit marktfrischen Produkten. Wir haben keinen Markt in unserer direkten Nähe. Da wir große Mengen an frischen Lebensmitteln brauchen, kaufen unsere Leute auf den Großmärkten in Frankfurt und Köln ein. Aber natürlich haben wir auch unsere regionalen Lieferanten und Erzeuger, von denen wir direkt vom Acker beliefert werden.
Haben Sie Tipps für uns Verbraucher, woran wir frisches Obst und Gemüse auf dem Markt erkennen?
Es gibt viele Dinge, die beachtet werden sollten. Zunächst ist die Optik sehr wichtig: Wie schauen die Lebensmittel aus? Dann lässt sich durchs Fühlen erkennen, wie reif ein Produkt ist. Der Geruch spielt dabei auch eine Rolle.
Wir haben gerade über Spargel und Bärlauch gesprochen. Frischer Spargel ist hell glänzend, darf keine abgebrochenen Stellen haben, der Kopf muss komplett weiß sein. Wenn ich hinten, am Schnittende, zusammendrücke, muss richtig frischer Saft herauskommen. Wenn ich aber schon merke, dass die Schnittstelle eingerissen oder trocken ist, dann weiß ich, dass der Spargel wesentlich älter ist oder zu früh gestochen worden ist.
Welche Produkte gibt es auf dem Markt, die der Händler Ihres Vertrauens niemals liefern könnte?
Das sind zum Beispiel Pilze. Im Herbst, wenn die Pilzzeit in vollem Gange ist, sind das Steinpilze, Pfifferlinge. Wenn ich ganz klare Vorstellungen habe, ich möchte kleine Pilze haben, gehe ich selbst zu den Sammlern und kann mir die bestimmten Exemplare in der gewünschten Größe aussuchen. Das ist ein ganz typisches Beispiel. Zum Teil sind es aber auch besonders schöne Aprikosen oder Äpfel. Wir machen viele Aufnahmen und da brauchen wir ganz besondere Produkte, die wir am besten auf dem Frischmarkt holen. Denn dann können wir uns aus dem vielfältigen Angebot das Schönste und Beste aussuchen.
Der Markt ist in vielen Gemeinden wieder im Kommen. Ist dies eine Modeerscheinung, die mit der Zeit wieder verschwinden wird?
Nein, auf keinen Fall. Für mich ist der Markt Haupttreffpunkt, eine Kommunikationsplattform und der Bauch der Stadt oder der Gemeinde. Dort kann man genau sehen, wie die Menschen leben, wovon sie sich ernähren, was angeboten wird.
Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Wenn es auf dem Markt nur Fertigprodukte gibt, dann legen die Menschen nicht sehr viel Wert auf ihre Ernährung. Bei einem extrem guten Frischemarkt steht die Frische im Mittelpunkt, das ist klar.
Was muss ein Markt bieten, um erfolgreich zu sein?
Ein Markt muss abwechslungsreich sein, vieles zu bieten haben, was die Kulinarik auszeichnet. Und ein Markt muss möglichst authentisch sein. Wenn ich nächste Woche nach Schengen komme, erwarte ich keinen arabischen Basar mit Gewürzen. Ich erwarte schon die Widerspiegelung der Gegend, des Umfelds, und das ist dort angeboten.
Ist der Markt die richtige Plattform, um den regionalen Anbau und Produzenten zu fördern?
Absolut. Das ist das Entscheidende. Als Erzeuger hat man dort im direkten Gespräch die Möglichkeit, den Kunden unmittelbar von seinen Produkten zu überzeugen, ihnen Kostproben zu servieren. Im Supermarkt habe ich keinen Ansprechpartner, die Ware liegt bereits im Regal.
Sind Bio-Produkte Abzocke?
Nein. Ich bin auf dem Bauernhof groß geworden, habe eine große Marke mit Bio-Kräutern. Natürlich, in Sachen Schädlingen und Ungeziefer hat man bei Bio ganz wenige Möglichkeiten, ihnen entgegenzutreten. Wir haben schon mehrere Hundert Töpfchen Kräuter weggeschmissen. Blattläuse kann man mit Seifenlaugeguss zu vertreiben versuchen. Aber wenn das nicht hilft, dann gibt es nur eine Möglichkeit: das Ganze wegzuschmeißen. Biologisch zu produzieren ist ein wesentlich größerer Aufwand, daher kosten sie auch mehr. Der Verbraucher bekommt aber einen wesentlich besseren Inhalt.
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