Nach den zahlreichen Reaktionen unserer Leser auf die Berichterstattung und den Kommentar über die Entwicklung des Escher Stadtzentrums wollte das Tageblatt vom Polizeidirektor der Region Süden, Donat Donven, und Polizeipressesprecher Vic Reuter wissen, ob man sich nun in Esch tatsächlich unsicherer fühlen muss als in anderen Gegenden sprich Städten des Landes. Fazit nach einem rund anderthalbstündigen Gespräch: Nein. In Esch ist das Pflaster nicht heißer als anderswo. Die Stadt liege im nationalen Trend.
Immer mehr Anzeigen = immer schlimmer?
Aus dem Gespräch am Mittwoch ging hervor, dass die Zahl der erstatteten Anzeigen bzw. der mutmaßlich begangenen Straftaten kontinuierlich steigt. Und, „Esch läit an der Gesamtevolutioun vum Land dran“, sagt Donat Donven.
Diese Gesamtentwicklung führt Donven auf mehrere Faktoren zurück. Die wachsende Bevölkerungszahl ist einer davon. Donven weist aber auch darauf hin, dass das „Plainte-Verhalen“ der Bürger sich geändert habe. Und zwar dahingehend, dass heute immer häufiger auch Nichtigkeiten zur Anzeige gebracht würden. Und er gibt ein Beispiel: Ein Bürger erstattet Anzeige, weil sein Nachbar ihn Idiot gescholten haben soll. „Sécher“, verteidigt sich besagter Nachbar, „awer heen huet mech Kallëf vernannt.“ Beide erstatten Anzeige gegeneinander. Diese werden dann an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet – da ihr alleine die sogenannte „Opportunité des poursuites“ vorbehalten ist – und tauchen anschließend in den Statistiken auf.
Das sei nicht immer so gewesen. „Fréier wuar de Polizist och e bësse Mediateur“, sagt Donven. Auch wenn das vom Gesetzgeber eigentlich nie so vorgesehen gewesen sei.
„Ghetto Esch … ech weess net“, Polizei-Regionaldirektor Donat Donven verzieht skeptisch das Gesicht, „dann ass iwwerall Ghetto.“
Und etwas später im Gespräch: „Ech fannen et schued, datt Esch alleng esou duergestallt gëtt. Esch ass net anescht. Mär si mat der Situatioun zwar net zefridden, mais et ass net just Esch.“
Nationales Phänomen
Sprich, die Situation in Esch ist aus Polizei-Sicht zwar nicht rosig, aber auch nicht schlimmer als anderswo im Land. Die Probleme, denen Polizisten und Bürger aber begegnen, seien sehr vielschichtig, was es schwierig mache. Aber das sei ein nationales Phänomen, wenn nicht sogar ein internationales.
In diesem Zusammenhang wollte Regionaldirektor Donven am Mittwoch eine klare Botschaft loswerden: „Mär si frou fir all Informatioun, déi mir vun de Leit kréien.“ Via Notrufnummer 113.
Das Zauberwort lautet Zivilcourage. Im Idealfall gepaart mit der Bereitschaft, als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Donven weiß darum, dass gerade davor die allermeisten zurückschrecken: „Et ass awer dat eenzegt, wat hëlleft … alleng léise mär de Problem net!“ So eine Zeugenaussage setzt ein Signal und wirkt rechtsfreien Räumen entgegen, ergänzt Pressesprecher Vic Reuter.
Anforderungen an die Polizei
Und noch ein Wunsch der Gesetzeshüter: eine klare Ansage vonseiten der Gesellschaft, was die Polizei zu tun und zu unterlassen hat. Die Beamten hätten das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, so Reuter. Nach klaren Richtlinien. Donven gibt ein einfaches Beispiel: Die Polizei wird nach 1.00 Uhr wegen nächtlicher Ruhestörung zu einer Gaststätte gerufen, in der noch lautstark gefeiert wird. Die Beamten fahren hin, sprechen mit dem Wirt. Doch der weigert sich, die Musik leiser zu stellen und die Gäste nach Hause zu schicken. Eine „Fräi Nuecht“-Genehmigung liegt auch nicht vor. Was tun? Protokoll errichten und an die Staatsanwaltschaft weiterleiten? Dann hieße es gleich wieder, die Polizei unternehme nichts, weil das der Ruhestörung in besagter Nacht natürlich keinen Abbruch schafft. Oder aber die Musik abstellen und das Lokal räumen? Dann werde der Polizei vorgeworfen, es wieder einmal übertrieben zu haben.
Zu Demaart



Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können