Über die von Hollande geforderten Wachstumsimpulse wird seit Wochen in Europa gestritten. Dabei mehren sich Stimmen, die neben der bisherigen Strategie auch neue Initiativen zur Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen fordern. Deutschlands Bundesfinanzminister Schäuble betonte, dass die Regierungen der Euro-Zone jetzt nicht schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme auflegen dürften. «Darauf müssen wir achten, auch wenn man sich dafür gelegentlich den Vorwurf einer gewissen Hartnäckigkeit zuzieht», sagte er dem Magazin. Die Konsolidierung der Haushalte sei Voraussetzung für gesundes Wachstum. So könnten durch Strukturreformen wie etwa am Arbeitsmarkt durchaus Wachstumskräfte freigesetzt werden, ohne dass neue Schulden aufgenommen werden müssten.
EU-Kommissar Barnier warnte vor der zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahl am Sonntag vor einer Abkehr in der bisherigen Euro-Rettungsstrategie. «Die Stabilitätskultur Deutschlands muss alle Länder Europas durchdringen», sagte der Franzose der «Wirtschaftswoche». Der Fiskalpakt müsse von allen Ländern so schnell wie möglich ratifiziert und umgesetzt werden. Barnier bezeichnet das Regelwerk als eine «Hausordnung, die wir schon vor zehn Jahren hätten einführen sollen». Michel Barnier und EU-Justizkommissarin Viviane Reding lehnten ein Aufschnüren des Fiskalpakts für mehr Haushaltsdisziplin ab, wie es der in Umfragen vorne liegenden Sozialist Francois Hollande gefordert hat. Fantasieloses Sparen allein reiche nicht aus, hieß es weiter.
Fiskalpakt bleibt
Die luxemburgische EU-Kommissarin Reding empfahl Frankreich, auch im Fall eines Wahlsieges von Hollande Kurs zu halten. «Der Fiskalpakt ist von 25 EU-Staaten, auch von Frankreich, unterschrieben worden, und die ersten Staaten haben ihn bereits ratifiziert», sagte sie der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Sie sei zuversichtlich, dass Paris seine Vertragsunterschrift honorieren werde. Allerdings sprach sich auch Reding dafür aus, Wachstum stärker in den Mittelpunkt zu rücken. «Wir müssen uns nur alle darüber klar werden, dass Wachstum nicht allein durch öffentliche Gelder finanziert werden kann.» Nachhaltiges Wachstum müsse sich jeder Staat hart erarbeiten.
Das Hollande-Lager hatte zuletzt rasche Bemühungen um einen deutsch-französischen Kompromiss in der Wachstumsdebatte angekündigt. Als Präsident werde der Sozialist bei seiner ersten Auslandsreise in Berlin für einen deutsch-französischen Konsens zum Wachstum werben, sagte dessen Wahlkampfleiter Pierre Moscovici am Freitagabend. Kurz vor der Stichwahl konnte Präsident Nicolas Sarkozy in einer Umfrage seinen Rückstand auf vier Punkte verringern, obwohl ihm nach Rechtsextremistin Marine Le Pen auch der Zentrumspolitiker Francois Bayrou eine Wahlempfehlung verweigert hatte.
Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte die Staaten der Euro-Zone vor neuen Konjunkturprogrammen, die durch Schulden finanziert würden. «Das wäre so wie ein Schwur, sich bessern zu wollen, aber vorher noch etwas zu sündigen», sagte Schäuble in einem am Samstag veröffentlichten Interview des «Focus».
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