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Frankreich will in Florange investieren

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Wenn nötig, will Frankreich 150 Millionen Euro in Florange investieren, um den Stahlstandort zu retten, kündigte Staatspräsident Nicolas Sarkozy in einem Interview an.

„Ich werde nicht zulassen, dass sich beim Stahl wiederholt, was wir in der Chemie erlebt haben, sagte Sarkozy. Der französische Staatspräsident sagte weiter, dass er sich in Gesprächen mit der Direktion von Arcelor Mittal zu diesem Thema befände.

Sarkozy, der sich im Wahlkampf um ein zweites Mandat an der Spitze des französischen Staates befindet, will im Laufe des Tages mit dem französischen Ministerpräsidenten zu diesem Thema reden. Er kündigte weiter an, am Ende der Woche während des europäischen Gipfels mit Kommissionspräsident Barroso zu reden.

Das Gespräch mit Barroso soll sich um das Projekt Ulcos drehen, das von der europäischen Kommission bezuschusst werden soll. Ulcos ist ein Plan zur Verminderung des Kohlenstoffdioxid-Ausstosses in Stahlwerken. In Lothringen soll das entstehende Kohlenstoffdioxid im Boden verklappt werden. Das Vorhaben kann aber nur gelingen, wenn ein Hochofen arbeitet. Die beiden Hochöfen in Florange sind seit Juni und Oktober vergangenen Jahres stillgelegt, weil die Nachfrage eingebrochen ist. Mit 16 arbeitenden von 25 Hochöfen in Europa sei eine Produktionskapazität erreicht, die voll der Nachfrage entspräche, hatte der Finanzchef von ArcelorMittal, Aditya Mittal, bei der Bilanzvorstellung des Unternehmens am 7. Februar erklärt.

150 Millionen Euro

Der Hochofen P6 in Florange/Hayange soll, so die Frankreich-Direktion des Unternehmens, auch im zweiten Vierteljahr 2012 geschlossen bleiben. Die Nachfrage läge immer noch unter der des Jahres 2008, teilte das Unternehmen mit. Die 150 Millionen, die Sarkozy angekündigt hat, sollen aus dem französischen Staatsfonds für strategische Unternehmensbeteiligungen kommen, sagte Sarkozy.

Die Stahlstadt Florange ist im französischen Präsidentschaftswahlkampf zu einem Symbol geworden. Die 500 Arbeiter, die von der zeitweiligen Stillegung der Hochöfen betroffen sind, haben die Direktionsräume besetzt und den Stahlstandort für enteignet erklärt. Sie seien nun die Besitzer des Stahlwerkes. Florange ist im französischen Wahlkampf zu einem Pilgerort für Präsidentschaftskandidaten geworden. Zuletzt war Francois Hollande, Kandidat der Sozialisten in Florange, der dort im Falle seiner Wahl ein Gesetz ankündigte demzufolge Unternehmen nicht mehr das Recht haben sollen, Fabriken stillzulegen. Sie sollen gezwungen werden, im Falle von Stillegungen den jeweiligen Unternehmensbereich zu verkaufen.

Hysterie

Die Stilllegung der Hochöfen in Florange/Hayange hat im Präsidentschaftswahlkampf zu einer Art Hysterie der französischen Medien geführt. Die Gewerkschaften nutzen das Medieninteresse aus. Die Konzernleitung in Luxemburg und auch der Mehrheitsaktionär, die Familie Mittal, finden kaum Gehör. Die Zahlen, die durch die französischen Medien geistern, sind Fantasiezahlen. Der Starmoderator des Fernsehsenders France 2, Pujadas, fragte in einer Diskussionssendung die Spitzenkandidaten des rechtsradikalen Front National Marine le Pen, was sie tun würde, um die 5.000 Arbeitsplätze in Florange zu retten.

Wahlkampf

In Florange arbeiten 2.800 Stahlarbeiter in einer Kokerei, an einer Warmwalzstraße, an einer Kaltwalzstraße und an zwei Hochöfen. Betroffen von den Stillegungen sind 500 Arbeiter. Sie sind bei der Stilllegung nicht entlassen worden. Der Präfekt der Region Lothringen hat für die Dauer der Stilllegung Kurzarbeit genehmigt.

Die Industrie ist in Frankreich ein großes Thema im Wahlkampf. Staatspräsident Sarkozy hat den Slogan «In Frankreich produzieren» lanciert, mit dem derzeit jede Investition im Ausland verteufelt wird. Der Automobilproduzent Renault hat sich starken Angriffen aus der Politik ausgesetzt gesehen, weil das Unternehmen ein Werk in Marokko baut. Die Mehrwertsteuer soll um einen «Sozialsatz» angehoben werden, mit dem die Arbeitskosten gesenkt werden sollen, weil Frankreich nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Das Land hat wegen seiner hohen Arbeitskosten in den vergangenen drei Jahren 100.000 Arbeitsplätze verloren. Mit der angekündigten Aktion in Florange nutzt Sarkozy seinen Vorteil als wahlkämpfender Staatspräsdident aus und will im Stahltal der Fench in Lothringen, das sozialistisch geprägt ist, punkten.