Sechs Wochen nach der Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten kann der sozialliberale Staatschef laut Meinungsforschern mit einer absoluten Mehrheit in der ersten Parlamentskammer rechnen. Macrons Lager hatte den ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag klar gewonnen. Die Wahllokale sind bis 18.00 Uhr geöffnet, in großen Städten zwei Stunden länger. Unmittelbar danach sind erste offizielle Hochrechnungen zu erwarten.
Die Wahl der neuen Nationalversammlung dürfte die Macron-Revolution in Frankreichs Politik besiegeln. Alles deutet darauf hin, dass der Staatschef im zweiten Wahlgang eine mehr als komfortable Mehrheit für seine Reformpläne bekommt.
Meinungsforscher erwarten absolute Mehrheit
Eine absolute Mehrheit für Macrons Partei La République en Marche und die verbündete MoDem-Partei gilt als sicher. Meinungsforscher rechneten auf Basis von Umfragen und dem Ergebnis der ersten Runde damit, dass sie mindestens 400 der 577 Mandate in der ersten Parlamentskammer bekommen. Zwei Institute hielten sogar bis zu 470 Sitze für möglich.
Die traditionellen Regierungsparteien der bürgerlichen Rechten und der Sozialisten müssen mit einer weiteren herben Niederlage rechnen.
50 000 Polizisten
50 000 Polizisten sollen die Abstimmung schützen. Nach einer Reihe von Terroranschlägen in den vergangenen Jahren gilt in Frankreich weiterhin der Ausnahmezustand.
Bei der Parlamentswahl wird in 577 Wahlkreisen jeweils ein Abgeordneter gewählt. Dabei gilt ein reines Mehrheitswahlrecht, das es für kleine Parteien schwer macht, Mandate zu gewinnen. Nur vier Sitze wurden bereits in der ersten Runde vor einer Woche vergeben, im Rest der Wahlkreise waren Stichwahlen nötig. In mehreren französischen Überseegebieten wurde wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstag gewählt.
Schwache Wahlbeteiligung
Ein schwaches Ergebnis wird erneut bei der Wahlbeteiligung erwartet. Schon im ersten Wahlgang war nur jeder Zweite zur Wahl gegangen. Macrons Lager hatte am vergangenen Sonntag 32,2 Prozent der Stimmen erhalten, auf Platz zwei lagen die konservativen Republikaner und ihre Verbündeten mit rund 21,6 Prozent. Sie könnten laut einer Berechnung des Instituts Harris Interactive auf 60 bis 80 Sitze kommen. Allerdings gibt es in den Reihen der Republikaner verschiedene Lager: Manche stehen einer Zusammenarbeit mit Macron offen, während andere auf eine klare Abgrenzung setzen.
Die Sozialisten von Macrons Vorgänger François Hollande waren schon im ersten Wahlgang dramatisch abgestürzt, Umfrageinstitute sahen die moderate Linke und die Grünen zuletzt zusammen bei höchstens 35 Sitzen.
Unklar ist noch, ob die radikale Linke um Jean-Luc Mélenchon eine Fraktion bilden kann. Dazu sind 15 Abgeordnete nötig. Die Front National von Rechtspopulistin Marine Le Pen dürfte laut Meinungsforschern weiterhin keine große Rolle im Parlament spielen – allerdings hat Le Pen selbst Chancen, in ihrem Wahlkreis in Nordfrankreich erstmals in die Nationalversammlung gewählt zu werden.
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