Die Speerspitzen der europäischen (Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz) und nationalen Politik (Premierminister Xavier Bettel) erinnerten an die Tragweite von Schengen (Link). „Vor 70 Jahren haben Menschen für Grenzen gekämpft“, so Xavier Bettel. Wenn er heute jüngeren Menschen davon erzähle, wie er früher an Grenzen kontrolliert worden sei, könnten die sich das nur schwer vorstellen. Schengen ist zur Normalität, zur Selbstverständlichkeit geworden.
„Wir haben Glück zu leben, wo wir leben“, so Bettel, der aber schnell den Bogen schlug zu jenen, die dieses Glück nicht haben. In der Flüchtlingskrise müsse die Doppelzüngigkeit ein Ende haben. Es könne nicht angehen, dass man einerseits Solidarität predige nur um einen Tag später wieder nationale Partikularinteressen zu verteidigen.
Nicht nur Grenzen abgebaut
Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments, erinnerte daran, dass das 20. Jahrhundert, ein Jahrhundert des Schreckens und des Glücks war. „Nach dem Menschheitsdesaster des Zweiten Weltkriegs passierte etwas, was den Schengen-Prozess einleitete“, so Schulz. Die EGKS leitete den europäischen Einigungsprozess ein. In Schengen, so Schulz, sei schließlich mehr abgebaut worden, als nur physische Grenzen.
„Diejenigen, die die Grenzen wieder einführen wollen, wollen uns wieder trennen“, so Schulz. Grenzen, so meinte er, müsse es wohl geben „und zwar jene, die man als Demokrat gegenüber den Feinden der Demokratie zieht.“ Schengen würdigte er als „kleiner Ort, aber große Idee, die nicht für Partikularinteressen geopfert werden darf.“ Und die Verantwortung, die sich aus dieser Idee ergibt, dürfe auch nicht an Europas Außengrenzen aufhören. Schengen, so schloss er, sei ein Meilenstein gewesen. Aber die Idee dahinter sei permanent gefährdet, denn Hass, Rassismus, Antisemitismus und ähnliche Schreckgespenste seien immer noch lebendig.
Eine Erfolgsgeschichte
Das Schlusswort war Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorbehalten, der eine originelle, aber vermutlich nicht ganz ernst gemeinte Idee äußerte: Die Grenzen für sechs Monate wieder einführen, um zu zeigen, was Nicht-Europa bedeutet. Schengen sei eine Erfolgsgeschichte, so Juncker, das Abkommen stelle eines der wichtigsten Dokumente der Nachkriegszeit dar. Die Kritik daran fuße oft auf oberflächlichen Analysen. Sein Plädoyer für Europa schloss er mit den Worten: „Es gibt vieles, worauf wir stolz sein können, Tage wie dieser sind die Zeit, um sich daran zu erinnern.“
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