Anlass zur Panik bestehe nicht, betonen die Gesundheitsbehörden. Doch Experten mahnen zu Vorsicht. Die USA rüsten sich gegen das Zika-Virus: WHO-Warnungen vor einer Ausbreitung des Erregers, die Nachbarschaft zum Virus-befallenen Mexiko und erste Krankheitsfälle bereiten den Amerikanern Sorgen. Die Gesundheitsbehörden bemühen sich deshalb um den richtigen Ton: Vorsichtsmaßnahmen ja, Panikmache nein. Reisewarnungen für Schwangere wurden ausgesprochen, Blut-Tests für potenziell gefährdete werdende Mütter und Neugeborene sind vorgesehen, und es gibt eine Meldepflicht für Zika-Fälle.
Der Zika-Überträger
Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff hat der Mücke den Krieg erklärt und mobilisiert 220 000 Soldaten gegen sie. Denn die Moskitoart Aedes aegypti ist Überträger des gerade für Schwangere gefährlichen Zika-Virus. Sie wird auch als Gelbfieber- und Denguemücke bezeichnet, da die in tropischen Gebieten beheimatete Stechmücke auch diese Krankheiten überträgt. Im südamerikanischen Sommer vermehrt sie sich rasant, an stehenden Gewässern legt sie ihre Eier ab. Charakteristisch für die nur einige Millimeter kleine Mücke sind weiße Streifen an den Beinen.
Eine Theorie besagt, dass sie durch Schiffstransporte von Äthiopien nach Brasilien eingeschleppt worden sei. Heute ist sie weltweit in tropischen Gegenden verbreitet. Auf dem amerikanischen Kontinent gelten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) nur Chile und Kanada als frei von diesen Mücken – ebenso alle Gebiete über 2200 Meter Höhe.
Sie sticht auch tagsüber, vor allem in Morgen- und Nachmittagsstunden.
Die meisten Fachleute glauben jedoch nicht, dass dem Land eine unberechenbare Gefahr durch das in Lateinamerika verbreitete Virus droht, das im Verdacht steht, Babys im Mutterleib schwer zu schädigen. Tenor: Es wird bei Einzelfällen bleiben. «Die importierten Fälle können zu einer lokalen Verbreitung des Virus in einigen Regionen der USA führen, hieß es am Freitag aus dem Weißen Haus. Aber diesen Fällen könne man begegnen.
«Für den Durchschnittsamerikaner, der nicht in diese Gebiete reist, gibt es nichts, worüber er sich Sorgen machen müsste», betonte Anne Schuchat von der Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control) vor dem Wochenende. Beruhigende Worte, die nach der vorausgegangenen WHO-Warnung vor einer «explosionsartigen» Verbreitung des Erregers nötig waren.
Mindestens 31 Zika-Erkrankungen sind in elf Bundesstaaten und dem District of Columbia bisher gemeldet worden – alle Patienten hätten sich aber in anderen Ländern angesteckt, so die CDC. Zusätzlich wurden mehrere Fälle aus dem Bundesstaat New York gemeldet, sowie 20 Fälle von Vor-Ort-Infektionen in den entfernten US-Territorien Puerto Rico und Virgin Islands.
«Wachsam sein»
Präsident Barack Obama beriet in den vergangenen Tagen mit führenden Gesundheitsexperten über Strategien gegen eine Ausbreitung des Virus und über mögliche Gefahren für die USA. Am Samstag kündigte er dann an, dass die USA gemeinsam mit Brasilien die Entwicklung eines Impfstoffes vorantreiben würden. Experten beider Länder arbeiten seit längerem in der Sache zusammen. Auch zuverlässige Schnelltests und Medikamente gegen den Erreger werden gesucht.
Zugleich werden bei manchen Amerikanern Erinnerungen an den fahrlässigen Umgang mit Ebola und die Todesopfer in den USA wach. «Wir müssen hier wirklich wachsam sein», betonte Lawrence Gostin, Direktor des O’Neill Instituts für Nationales und Globales Gesundheitsrecht an der Georgetown University in Washington. Dies bedeute ein gutes Informations- und Meldesystem der CDC sowie gut geschulte Ärzte. «Das letzte, was wir wollen, ist eine Wiederholung von Ebola, als wir vermeidbare Todesfälle erleben mussten, in den USA und weltweit.»
Eine Zika-Infektion sei jedoch nicht tödlich und verlaufe in den meisten Fällen harmlos, betonen Experten. Auch sei der Erreger nicht so ansteckend wie Ebola, weil er sich nach heutigem Kenntnisstand wohl vor allem über Mückenstiche ausbreitet.
Auch in den USA gibt es – bislang nicht infizierte – Mücken der Spezies Aedes aegypti, die Zika verbreiten können. Stechen sie einen Erkrankten, dann können sie das Virus anschließend weitergeben, an andere Menschen und folgende Mückengenerationen. Jedoch haben sich ähnliche Erreger wie etwa Dengue-Viren trotz einzelner lokaler Fälle bisher nicht in den USA ausgebreitet – obwohl vor allem in den wärmeren und ärmeren Staaten im Süden, wo nicht jeder über Klimaanlage und Mückengitter verfügt, das Risiko besteht.
«Wir müssen am Ball bleiben, und jemanden, der erkrankt ist, sofort aus der Nähe von Mücken entfernen», sagt Prof. Dina Fonseca von der Rutgers University im Staat New Jersey.
Dieser Bundesstaat hat bereits Aktionspläne für einen ähnlichen Erreger, das Chikungunya-Virus: Werden bei Tests infizierte Mücken entdeckt, sieht dieser Plan etwa das Versprühen von Insektiziden vor. Genauso wird verfahren, wenn ein Mensch erkrankt, der sich nicht auf Reisen angesteckt hat. Fonseca geht davon aus, dass für Zika im Sommer vergleichbare Pläne eingesetzt werden.
Kolumbien: Anstieg der Infektionen
Eine andere Option sei der Einsatz genetisch veränderter Mücken, sagt Gostin von der Georgetown University: Das Ausbringen nicht zeugungsfähiger Männchen könne helfen, die Moskito-Populationen zu verkleinern. Obwohl es wegen unbekannter Umwelteffekte auch Bedenken gebe, könne dieser Ansatz bei einem Zika-Ausbruch eine Option sein.
Das kolumbianische Gesundheitsministerium hat unterdessen einen starken Anstieg der Zika-Infektionen bei schwangeren Frauen im Land festgestellt. In den vergangenen Tagen sei die Zahl von 890 auf 2116 Verdachtsfälle bei Schwangeren gestiegen. Davon seien bisher aber erst 176 durch Labore bestätigt worden, bei den restlichen gebe es Symptome, die auf eine Infektion schließen ließen. «Man muss sagen, dass sich innerhalb kurzer Zeit die Zahl verdoppelt hat», sagte der stellvertretende Direktor für Übertragungskrankheiten im Gesundheitsministerium, Diego García, dem Radiosender RCN.
Fachleute gehen davon aus, dass bei einer Infizierung von Schwangeren Mikrozephalie ausgelöst werden kann – das sind Schädelfehlbildungen bei Embryonen und Babys. Das Ministerium rät deshalb, geplante Schwangerschaften vorerst am besten zu verschieben.
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