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Tränengas im Parlament

Tränengas im Parlament
(AFP/Armend Nimani)

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Der Außenminister und frühere Guerilla-Anführer könnte neuer Präsident des Kosovos werden. Im Parlament werden bei der Debatte über die Präsidentenwahl Tränengaskanister geöffnet.

Neue Tumulte im Parlament des Kosovo haben die Wahl eines neuen Präsidenten überschattet. Von den Oppositionsbänken aus wurde am Freitag Tränengas versprüht. Abgeordnete verließen die Debatte über die Wahl von Außenminister Hashim Thaci zum Staatschef. Gegen eine Präsidentschaft des früheren Guerilla-Führers protestierten auch auf den Straßen der Hauptstadt Pristina Tausende. Sechs Oppositionsabgeordnete wurden wegen Störung der Parlamentssitzung suspendiert. Einer von ihnen, der angeblich einen Tränengaskanister öffnete, wurde in einem Minibus von der Polizei weggebracht.

Thaci hatte die Kämpfer des Unabhängigkeitskriegs gegen Serbien 1998 bis 1999 angeführt. 2010 wurde er in einem Bericht des Europarats erwähnt. Darin wurden Thaci und andere Anführer der inzwischen aufgelösten Kosovo-Befreiungsarmee für den Tod von Hunderten Menschen verantwortlich gemacht, die einer Zusammenarbeit mit Serben verdächtigt wurden. Thaci bestreitet die Vorwürfe. Das Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt, was Serbien nicht anerkennt.

Machthungrig und korrupt

Viele führende Vertreter der Opposition waren während des Kriegs Partner von Thaci, wandten sich aber später gegen ihn. Sie warfen ihm vor, machthungrig und korrupt zu sein. Kritiker sagen auch, Thaci sei keine einende Einzelperson, was der Präsident laut kosovarischer Verfassung aber sein muss. Thaci selbst ging dennoch davon aus, dass er die nötigen Stimmen im 120 Mandate zählenden Parlament bekommt. Er benötigt bei den ersten zwei Wahlgängen mindestens 80 Stimmen oder aber 61 im dritten. Wenn er die Unterstützung nicht bekommt, wird das Parlament aufgelöst und eine Neuwahl binnen 45 Tagen abgehalten. Im Rennen um den Präsidentenposten ist auch Rafet Rama, ein Abgeordneter aus Thacis Demokratischer Partei des Kosovos.

Mehrere Hundert Demonstranten kampieren derzeit auf dem wichtigsten Platz in Pristina. Visar Ymeri von der oppositionellen Partei der Selbstbestimmungsbewegung rief Anhänger auf, sich dem Protest anzuschließen, um Thacis Wahl abzulehnen. Sie sollten bis zum Rücktritt der Regierung protestieren, forderte er. Es ist nicht die erste Störaktion im Parlament des Kosovos. Seit September hat die Opposition immer wieder Parlamentsdebatten mit Tränengas, Pfefferspray, Pfeifen und Wasserflaschen unterbrochen. Sie ist vehement gegen ein Abkommen mit Serbien, das der serbischen Minderheit im Kosovo mehr Autonomie gewährt. Zudem lehnt sie einen Vertrag mit Montenegro über die Grenzziehung zwischen den beiden Nachbarstaaten ab.