Die Trennung von Kirchen und Staat ist gelungen, fast, die Besitzverhältnisse bei religiösen Bauten sind quasi geklärt. Was während Jahrzehnten als ein Ding der Unmöglichkeit galt, ist innerhalb weniger Jahre so gut wie realisiert worden. Die enge Verflechtung zwischen Kirche und Staat galt in Luxemburg sozusagen als ein Element des „Nation Building“. Wenn es jedoch Prinzipien in Luxemburg geben soll, die scheinbar unveränderbar sind, dann gehört dazu jenes des Privateigentums, insbesondere von Grund und Boden.
Mit seinem Vorstoß, im Zusammenhang mit der Wohnungsnot in Luxemburg die Enteignung von Privatbesitz als ultimative Maßnahme in Erwägung zu ziehen, hat der sozialistische Fraktionschef Alex Bodry einen Sturm der Entrüstung beim liberalen Koalitionspartner ausgelöst. Unter DP-Regierung werde es derlei nicht geben, befleißigte man sich dort zu präzisieren. Dabei hatte der Abgeordnete lediglich auf bereits heute bestehende Möglichkeiten für die öffentliche Hand hingewiesen, auf die Expropriationsprozedur zurückzugreifen, falls ein vom Staat bzw. von der Gemeinde geplantes Projekt von allgemeinem Interesse ist.
Ist aber erschwinglicher Wohnraum für jeden eine Frage allgemeinen Interesses? In einer Gesellschaft, die für sich den Anspruch erhebt, auch ihren schwächsten Mitgliedern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, kann die Frage nur bejaht werden. Es geht schlicht um den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Den heutigen Bedürfnissen angepasste Wohnverhältnisse gehören zum Leben in Luxemburg wie ein gut funktionierendes Gesundheitswesen oder eine öffentliche Schule, die die kulturellen, oftmals wegen der sozialen Herkunft des Betroffenen bedingten Nachteile glätten oder ganz beseitigen kann. Genauso wie ein öffentliches Personennahverkehrsnetz, das den Mobilitätsbedürfnissen einer Mehrheit entspricht, oder auch ein modernes Straßennetz, dessen Benutzung Fahrzeug und Insassen nicht dauernd durchrüttelt.
Nur, was bei Straßen geht, soll für Wohnungsbau nicht mehr gelten? Es dauerte zwar lange Jahre, bis die Autobahn nach Saarbrücken durchgehend fertiggestellt werden konnte. Dennoch konnten sich Staat und Grundstückseigentümer am Ende einigen. Enteignungen sind bei öffentlichen Projekten demnach durchaus möglich, wenn auch kompliziert. Warum das jedoch im Bereich Wohnungsbau tabu sein soll?
Hohe Wohnungspreise sind vor allem auf die exorbitant hohen Grundstückspreise zurückzuführen. Deren Höhe ist ein Resultat von Angebot und Nachfrage, sagen die Marktpuristen. Nur dass oftmals dem Markt von interessierter Seite nachgeholfen wird, in der Hoffnung, die Preise in die Höhe zu treiben. Das nennt man Spekulation. Der Spekulation, in diesem Fall dem Spiel mit der Not wohnungssuchender junger Menschen und Zuwanderer, könnten Enteignungsmaßnahmen entgegenwirken. Wobei nicht die kleinen Parzellenbesitzer betroffen wären, die in Boden investierten, um später den Kindern den Bau eines Eigenheims zu ermöglichen. Ans Leder ginge es den Großen, die aus reiner Gewinnsucht Gelände massiv aufkaufen, ungenutzt lassen, in der Hoffnung, in einigen Jahren den höchstmöglichen Gewinn einzufahren.
Nur, wie eingangs erwähnt, am sakrosankten Prinzip Privateigentum an Grund und Boden wird wohl bis auf Weiteres nicht zu rütteln sein. Zumindest so lange, wie die Oktav-Prozession durch die Hauptstadt ziehen wird. Aber Gedankenspiele werden bis auf Weiteres auch DP-Politiker wohl noch erlauben.
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