Von allen Parteien im Lande hat es überraschenderweise die CSV offensichtlich am schwersten. Sie, die große Oppositionspartei, die angetreten war, nach dem Coup der letzten Regierungsbildung die Regierungsparteien DP, LSAP und „déi gréng“ durch eine geharnischte Oppositionspolitik nach den nächsten Wahlen 2018 wieder massiv in die Schranken zu verweisen, muss feststellen, dass es erstens anders kommen kann und zweitens als man denkt. Denn während die Regierungsparteien voll und ganz loslegten und unbeirrt die gesellschaftspolitischen offenen Fragen weiter ebenso angehen wie die sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen, kommt bei der CSV der Eindruck auf, dass sie von der Schnelligkeit des Geschehens vollends überrascht wurde.
Die Haushaltsdebatten haben dies ebenso gezeigt, wie es die Lektüre des Parteiblatts z.B. offenbart. Die Taktik der Oppositionspartei ist vor allen Dingen die Rückbesinnung auf das eigene Schalten und Walten in den Jahren zuvor. Frei nach dem Motto: Dass die jetzige Regierung so gut arbeiten kann, habe eigentlich nur damit zu tun, dass sie damals – wann genau, spielt dabei keine Rolle, aber damals auf jeden Fall – die richtigen Weichen gestellt hat. Ob in der Sozialpolitik durch Parteipräsident Marc Spautz im CSV-Profil oder bei der Haushaltsdebatte zum Thema Triple AAA durch Fraktionschef Claude Wiseler, der die Verdienste des früheren Ministers Luc Frieden anführte: überall die, mit Verlaub, langweilige Rückbesinnung auf längst vergangene Zeiten. Tempi passati.
Alternativen legt die CSV selten vor, und wenn, dann laufen sie zumeist den allgemeinen Richtungsvorgaben der Regierungsparteien hinterher. Und wenn erstens schon alles anders kommt als gedacht und erhofft, und man von einem schieren Haufen Gesetzesprojekten quasi geplättet wird, dann kommt zweitens noch ein Streit innerhalb der Katholischen Kirche hinzu. Von dem ganz besonders die CSV betroffen ist.
Mit der gestern dem Erzbischof zugegangenen Gerichtsvorladung in Sachen Kirchenfabriken gegen die Konvention zwischen Kirche und Staat ist der offene Bruch zwischen einem Teil der katholischen Basis und dem Erzbistum ganz offiziell vollzogen. Gestern weigerte sich Erzbischof Jean-Claude Hollerich, die Konvention über die Echternacher Basilika zu unterzeichnen, weil die Echternacher Kirchenfabrik mit am Tisch saß und diese ebenfalls gegen ihn geklagt hat.
Mit diesem Riss quer durch die katholische Gemeinschaft und damit durch einen Teil ihrer angestammten Wählerschaft wird sich vor allen Dingen die CSV auseinandersetzen müssen. Ob sie will oder nicht. Zuerst beim Aufstellen der Listen für die Gemeinderatswahlen. Ganz besonders in jenen Gemeinden, in denen mordicus an den Kirchenfabriken festgehalten werden soll, weil in diesem Ort der Gemeinde vielleicht noch jenes Bauprojekt ansteht und im Nachbardorf in der gleichen Gemeinde, das eventuell zur zweiten Kirchenfabrik der Gemeinde gehört, ein anderes.
Und in beiden Fällen eben die Verwalter der Kirchengüter so handeln und auftreten dürfen wollen, als wären die Bauterrains z.B., die sie verwalten, ihre eigenen und würden nicht der Kirche gehören. Zudem stellt sich gerade jetzt für viele Katholiken die Frage, wie denn die CSV zum Erzbischof steht. Was ist dessen Unterschrift der CSV noch wert? Die viel geübte CSV-Taktik, dass der eine dies und der andere das genaue Gegenteil davon sagt, wird in diesem Fall nicht aufgehen. Die größte Oppositionspartei wird Position beziehen müssen. Und wenn nicht gegenüber den Kirchengängern, dann aber ganz sicher gegenüber den Wählern.
Die Frage ist einfach. Will die CSV, sollte sie wieder an die Macht kommen, die Konvention zwischen Kirche und Staat rückgängig machen, so wie es vielleicht viele katholische Mitbürger hoffen – und sich damit gegen den Erzbischof und die heutige vatikanische Tendenz in Richtung transparente Kirche stellen – oder nicht? Nicht nur die katholischen Wähler werden die Antwort auf diese Frage einfordern. Noch vor den Wahlen.
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