Das Thema wird bereits seit längerem innerhalb der LSAP diskutiert: Auf den Punkt brachte es Wirtschaftsminister Etienne Schneider während des Neujahrsempfangs seiner Partei, als er klar forderte, kürzere Arbeitszeiten sollten diskutiert werden, die Sozialpartner sollten bei einer Verkürzung der (Wochen-)Arbeitszeiten – Schneider sprach explizit die 40-Stunden-Woche an – mit einbezogen werden.
Wenig später schlug der Beschäftigungsminister in die gleiche Kerbe, fügte hinzu, er sehe keine Notwendigkeit, entsprechende Gesetze zu erlassen. Nicolas Schmit sagte am Wochenende in einem Radio-Interview, er sei überzeugt, dass über die neuen Technologien (Digitalisierung) große Produktionsgewinne entstehen würden, und die Frage stelle sich, wer hiervon profitieren solle; allein das Kapital oder das Salariat, das in letzter Zeit eher schlecht bedient worden sei?
In der Tat hat sich die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahrzehnten weiter geöffnet, und die Steuerreform wird hieran nicht allzu viel ändern, da sowohl Betriebe als auch Großverdiener fiskalisch bedient werden.
Die freundlich vorgebrachten Vorschläge zur Arbeitszeitverkürzung riefen denn auch gleich die Unternehmerverbände auf den Plan, die in mittlerweile gewohnt geharnischter Sprache (weshalb eigentlich?) jedwede Diskussion zu dem Thema ablehnten, was dann doch stark an die Töne der deutschen Arbeitgeberverbände während der Kampagne der IG Metall zur 35-Stunden-Woche in den 1980er-Jahren erinnerte.
Damals versuchte die große deutsche Gewerkschaft im Rahmen ihrer Kampagne zur Humanisierung der Arbeitswelt, gegen den massiven Widerstand der Unternehmen, kürzere Arbeitszeiten zu erkämpfen. Trotz wochenlanger Streiks konnte lediglich ein Einstieg in Wochenarbeitszeiten unter 40 Stunden erreicht werden.
Dass das Patronat so allergisch reagiert (Nicolas Schmit meinte hierzu, es solle nicht gleich bei jedem Vorschlag „aus der Këscht sprangen“, und Etienne Schneider quittierte die Reaktion mit einem „näischt verstan“), ist übrigens zum Teil unverständlich. In ihren Analysepapieren schreibt die Deutsche Bank, dass die digitale Revolution die erste industrielle Revolution sei, die mehr Arbeitsplätze kosten werde, als sie schaffe.
Es muss also – auch im Interesse der Unternehmen – darüber nachgedacht werden, wie die verbleibende Arbeit besser verteilt werden kann. Arbeitslose werden kaum die Produkte der Wirtschaft in zunehmenden Mengen kaufen können; eine Bevölkerung ohne hohe Kaufkraft führt zu einem produzierenden Sektor ohne Käufer …
Weitere Argumente zur Arbeitszeitverkürzung stehen übrigens reichlich zur Verfügung. Hier nur einige: Bei weniger Arbeitszeit gibt es eine Arbeitsverdichtung, d.h. die Angestellten arbeiten intensiver und konzentrierter. Ein zusätzlicher freier halber Tag führt zur Entlastung der Betreuungseinrichtungen, wie etwa der überlasteten „Maisons relais“, und auch zu einer besseren Verteilung der Verkehrsströme. Flexibilisierte Arbeitszeiten können auch die Arbeitgeber arrangieren …
Also, UEL, etwas mehr „good will“ bitte.
rschneider@tageblatt.lu
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