Boris Palmer ist blitzgescheit, erfolgreich und kreativ. Ein Vorzeige-Grüner, ihr wohl bester Kommunalpolitiker. Aber er ist auch ein Dummkopf, weil er sein großes Talent für ein paar schnelle Schlagzeilen verschwendet, seinen Ruf mit unbedachten Sprüchen ruiniert. Palmers Dreistigkeit beim Austeilen korrespondiert dabei mit einer großen Überempfindlichkeit gegen Kritik.
Vor „Ausgrenzung und Denunziation“ warnt der Tübinger Oberbürgermeister jetzt. Einer, der locker mal das N-Wort benutzt, der von Menschenrechts-„Fundamentalismus“ sprach, und der fand, man rette mit dem Lockdown nur Leute, „die in einem halben Jahr sowieso tot wären“. Der kurze Triumph über die Empörung der anderen ist die Selbstbefriedigung des Querulanten.
Zu viel Geltungssucht
Könnte das anders enden als mit einem Partei-Ausschlussverfahren, wie es nun beschlossen ist, obwohl es im Wahlkampf nur Verdruss bringen wird? Früher oder später wäre es sowieso so weit gekommen. Denn Palmer kann nicht von seinen Tabubrüchen lassen. Im Grunde benutzt er den guten Namen seiner Partei, ohne die er bloß irgendein Kommunalpolitiker wäre, der kaum zitiert werden würde. Das muss eine Partei nicht mit sich machen lassen.
Fraglich ist allerdings, ob es anders wäre, wenn Palmer sich mäßigte, seine Kritik an Flüchtlings- und Coronapolitik sachlich und vor allem intern vorbringen würde. Vermutlich nicht. Zu viel Geltungssucht auf der einen Seite, zu viel Ideologie und schnelles Bekennertum auf der anderen. So fahren auch bei den Grünen die Züge aufeinander zu, wie zuvor schon bei Thilo Sarrazin und der SPD, wie bald vielleicht auch bei Hans-Georg Maaßen und der CDU. Die eine Seite radikalisiert sich, die andere kennt kein Pardon. Es ist der Zug der Zeit. Wo er hinfährt, hat es die politische Kultur nicht gut.
Es ist typisch, dass alle Parteien die Leute ausschliessen, welche in ihren Reihen den gesunden Menschenverstand repräsentieren:
Thilo Sarrazin, Sara Wagenknecht und jetzt eben auch Boris Palmer.