Als das Duell „Macron vs. Le Pen“ hieß, konnte man oft nur mit den Augen rollen: Sogenannte Linke hielten die rechtsextreme Front-National-Politikerin oder Nicht-Stimmen für das kleinere Übel als den „En Marche“- Politiker. Das verstehe, wer will. Mittlerweile ist Macron Frankreichs Präsident und polarisiert nach wie vor. Für die einen ist er der brillante Wunderknabe, der das müde Frankreich reformiert, für die anderen der selbstgefällige Meister des sozialen Kahlschlags. Wer genau hinsieht und ehrlich bleibt, kann beides nur als Karikatur einstufen.
Was sich jedoch immer deutlicher herauskristallisiert, ist ein ungesunder Charakterzug Macrons: Dort, wo man sich anfangs Durchsetzungsvermögen und Geradlinigkeit wünschen konnte, hält heute eine besorgniserregende Mischung aus Arroganz und Kurzsichtigkeit Einzug. Denn Macron zeigt sowohl innen- als auch außenpolitisch, dass er zwar ein Staatenlenker in Dauerbewegung ist und im Gegensatz zu Amtsvorgänger François Hollande tatsächlich etwas verändern will. Allerdings scheint der amtierende Präsident die Rekordenthaltung bei der letzten Präsidentschaftswahl vergessen zu haben. Denn wie wäre es sonst zu erklären, dass sich Macron – trotz erheblicher Demonstrationen und teilweise geeinter Sozialbewegungen – unbeeindruckt zeigt und eine Polemik getreu dem Motto „waren ja gar nicht so viele dabei“ lostritt?
Mindestens genauso ineffizient sind seine internationalen Alleingänge. Er versteht sich als großer EU-Reformer, wird aber mit seinen Plänen von den europäischen Partnern im Regen stehen gelassen. Und als wäre dies nicht genug, biedert er sich beim „Demagogue-in-chief“ Trump an, um am Ende nichts zu erreichen, außer einen völkerrechtswidrigen Militärschlag der USA und der Briten in Syrien unterstützt zu haben. Bleibt Macron weiterhin ein „président jupitérien“, könnte Frankreich beim nächsten Wahlgang nicht mehr mit einem blauen Auge davonkommen.
Macron wurde falsch eingeschätzt. Er ist ein rücksichtsloser Mensch, der sich überschätzt und nicht gewillt ist mit seinen europäischen Kollegen im Team zu arbeiten. Er bevorzugt Alleingänge um sich zu profilieren. Macron ist ein prima Showman, der eine Rolle spielt und nicht überzeugt. Er hat es sich bei den meisten Franzosen verscherzt, spielt sich aber weiterhin auf wie ein kleiner Napoléon. Die Art, wie er Hollande in den Rücken gefallen ist hätte eine Warnung sein sollen.
Mein geliebtes Frankreich, wo steuerst du hin. L.E.F. scheint vergessen zu sein, übrigens wie im Rest der Welt.