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Politische Propaganda – so vermarkten sich Politiker auf Kosten der Steuerzahler

Politische Propaganda – so vermarkten sich Politiker auf Kosten der Steuerzahler
Pro Trambahnhof eine öffentlichkeitswirksame Feier – Lydie Polfer und François Bausch wissen sich zu inszenieren.

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Robert Goebbels über die Vermarktung der Politiker auf Kosten der Steuerzahler.

Im Wahlkampf wird eine Tendenz sichtbar: Immer mehr Politiker nutzen die öffentlichen Kommunikationskanäle zur Eigenwerbung. Ein Unding, das wir unterbinden sollten, findet Robert Goebbels.*

Mein politischer Ziehvater, Robert Krieps, hinterließ in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens tiefe Spuren. Krieps kommentierte mit kessen Sprüchen das politische Geschäft: «Auf’s Pferd, auf’s Pferd», grummelte er vor einer politischen Offensive. Oder: «Leg dich quer, dann bist du wer», wenn es galt, eine andere Partei zu kontern. Einer seiner Lieblingssprüche betraf den Wert der politischen Arbeit: «Tue Gutes und sprich davon!» Die beste politische Arbeit dient in der Tat wenig, wenn sie von den betroffenen Bürgern nicht zur Kenntnis genommen wird.

Auf Facebook zirkuliert eine von vielen Luxemburgern «gelikte» Meldung, Island habe für Frauen und Männer «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» gesetzlich verankert. Dank der Ministerin für Chancengleichheit Lydia Mutsch ist dieses Prinzip seit Längerem in Luxemburg Wirklichkeit. Ohne dass luxemburgische FB-Freunde es wahrnahmen.
Die Politik muss in Öffentlichkeitsarbeit investieren. Neue Gesetze, neue Reglements müssen verbreitet werden. Das tut beispielsweise die Abgeordnetenkammer, wenn sie über die an alle Zeitungsbezieher verschickten Sitzungsberichte Erklärungen zu neuen Gesetzen gibt. Problem ist nur, dass das «Chamber-Bliedchen» meist ungelesen in der Mülltonne verschwindet.

Wer als Minister oder Bürgermeister «Gutes tut», muss auf andere Wege sinnen, um die von ihm initiierten «Wohltaten» ins Gespräch zu bringen. Hilfestellung leistet dabei ein privater Verlag, der sich im Laufe der Jahre auf Wohlfühl-Magazine für die multikulturelle Spaßgesellschaft des Landes spezialisiert hat.

«Die «Polfer-City»

So werden elf Mal pro Jahr in der Hauptstadt 77.000 Exemplare des Magazins City gratis verteilt. Dabei geht es weniger um hauptstädtischen «Lifestyle» als um plumpe Propaganda für die Bürgermeisterin Lydie Polfer.

City, angeblich «Magazine officiel de la ville de Luxembourg», wird von «Maison Moderne» produziert und teilweise durch Werbung finanziert. Der Reinerlös landet nicht in den Kassen der Hauptstadt.

Was die Bürgermeisterin nicht darin hindert, sich für jede Ausgabe einen Leitartikel schreiben zu lassen, der mit ihrem Abbild auf Seite 3 des Magazins prangt. Damit nicht genug. Auf den nachfolgenden Seiten von City mehren sich deren Fotos beim Bändchen-Durchtrennen, bei Fahnenweihen und Ehrenweinen. Auf den ersten 20 Seiten der jüngsten Ausgabe ist die blaue Fahnenträgerin 10 Mal abgebildet. Was umso bemerkenswerter ist, weil ein Drittel dieser 20 Seiten mit Werbung gefüllt ist.

Dass der Bürgermeister der Hauptstadt viele Verpflichtungen wahrzunehmen hat, etwa das holländische Königspaar zu empfangen, bringt keine Verbesserung der Lebensqualität für den Bürger mit sich. Es gehört somit nicht zum «Tue Gutes und sprich davon». Es ist reinste politische Propaganda mit Verschmelzung von privatem Profit.

Frau Polfer ist nicht der einzige DP-Politiker, der sich über die Magazine des Medienimperiums «Maison Moderne» verkauft. Landwirtschaftsminister Fernand Etgen überschüttet periodisch das Ländchen mit einem Magazin seines Ministeriums, «GUDD!». Der Minister ist bescheidener als seine hauptstädtische Parteigenossin. Er begnügte sich in der letzten Ausgabe mit bloß einem «Leitartikel», zwei Interviews und läppischen drei Fotos.
Dennoch ist das Magazin «GUDD!» eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Selbst wenn auf dem Deckelblatt das offizielle Regierungslogo prangt, wird es von «Maison Moderne» herausgegeben und teilweise durch Werbung finanziert. Die politische Propaganda für den Minister für Landwirtschaft ist wiederum verquickt mit dem privaten Gewinnstreben eines dynamischen Herausgebers.

Vor den herannahenden Wahlen ist die Versuchung bei allen Politikern groß, sich bei den Wählern in ein möglichst positives Licht zu rücken. Innenminister Dan Kersch lässt Briefe an alle Haushalte verschicken, um Feuermelder in alle Wohnungen einzubauen. Eine vertretbare Vorsorge gegen den Brandtod.

Landesmeister in Eigenpropaganda ist jedoch der quirlige Minister für Nachhaltigkeit und Infrastrukturen, François Bausch. Als er im Transportministerium antrat, fand er das von seinem Vorgänger Claude Wiseler fertiggestellte, aber durch den vorzeitigen Regierungswechsel ausgebremste Tram-Projekt vor.

Bausch setzte das Wiseler-Projekt um. Er begann mit der einfachsten Trasse, dem Teilstück Kirchberg. Der Boulevard Kennedy ist so breit wie die Pariser Champs-Elysées, was den recht problemlosen Bau der ersten Trasse ermöglichte. Nicht einmal die Kampfhennen des kompromisslosen Umweltschutzes protestierten gegen das Abholzen bei der Unterbringung der Tram-Remise im sonst heiligen Baumbusch.

Jede 100 Meter Tram werden seitdem separat gefeiert. Der Minister lässt alle zukünftigen Etappen plakatieren, etwa eine idyllische Sicht der avenue de la Liberté, wo die für den Trassenbau zu fällenden Bäume wieder prächtig nachgewachsen sind. Dass die wahren Verkehrsprobleme sich erst bemerkbar machen, wenn die Tram die place de l’Etoile überquert und zum Boulevard Royal vorstößt, weiß der Minister sehr genau. Deshalb überlässt er diese problematischen Bauphasen der nächsten Regierung.

Aufgebauscht

Was François Bausch nicht daran hindert, heute schon eine Weiterführung der noch lange nicht fertiggestellten ersten Tramtrasse in viele Himmelsrichtungen zu propagieren. Der Minister ließ gar eine schnelle «Studie» über den eventuellen Bau einer «schnellen Tram» zwischen der Hauptstadt und der Minette-Metropole anfertigen. Anvisierte Fertigstellung: 2035. Bausch wird zu diesem Zeitpunkt kurz vor seinem 80. Geburtstag stehen.
Dass ein Minister in die ferne Zukunft schweifen will, ist nicht anstößig. Zu kritisieren ist, dass Bausch zur Eigenvermarktung ungeniert den Umweltfonds seines Ministeriums nutzt.
So warben bezahlte Anzeigen in den sozialen Medien und in der Presse für die Diskussionsabende mit dem Minister zur Mobilitätspolitik. Es ist positiv, wenn politisch Verantwortliche den Dialog mit den Bürgern suchen. Doch dürften Budgetmittel nicht für Eigenpropaganda eingesetzt werden. Was der Grünen-Chef nachhaltig tut.

In den vielen Publikationen seines Ministeriums wird grünes Gedankengut vehikuliert. Etwa im «Modu2.0»-Dokument zur «nachhaltigen Mobilität bis 2025». Im Schnitt erfolgen 69% aller täglichen Bewegungen per Automobil und bloß 17% per Bus oder Zug. Der Minister will deshalb die Bürger zur «sanften Mobilität» erziehen. Bis 2025 soll der Anteil der Fußmärsche von 6 auf 9% und jener der Fahrradfahrten von 2 auf 4% gesteigert werden. Das Problem ist nur, dass die Luxemburger im Schnitt vom Wohnort bis zur Arbeit 13 km zu bewältigen haben, die französischen Grenzgänger 34, die Deutschen 40 und die Belgier gar 42 km. Solche Distanzen sind kaum mit Fahrrad und schon gar nicht zu Fuß zu bewältigen.

Laut ministerieller Planung soll sich der Anteil des öffentlichen Transportes von 19 auf 22% steigern. Somit werden auch 2025 noch rund zwei Drittel aller Bewegungen per Auto stattfinden.

Dabei wird das Auto unentwegt «verteufelt». Etwa indem vorgerechnet wird, der Transport einer Person führe pro Kilometer zum Ausstoß von 58 Gramm CO2 mit einem Elektromobil und zu 138 Gramm CO2 mit einem Diesel-Auto. Der CO2-Ausstoß von Benzinern wird nicht angegeben. Sonst würde auffallen, dass benzinbetriebene Autos mehr CO2 ausstoßen als die von den Grünen als Hauptfeind auserkorenen Diesel-Motoren.

So wird grünes Gedankengut mit persönlicher Propaganda vermischt. Alles finanziert vom Steuerzahler. Hoffentlich nimmt sich der nationale Rechnungshof dieser Problematik an. Klare Regeln für die Kommunikation von Staat oder Gemeinden mit den Bürgern sind überfällig. Wirkliche Information für den Bürger ist eine Notwendigkeit. Eigenpropaganda der Politiker auf öffentliche Kosten muss dagegen unterbunden werden.

* Der Autor ist ehemaliger LSAP-Minister und ehemaliger Abgeordneter im Europäischen Parlament.

roger wohlfart
6. September 2018 - 15.00

E franzéischt Sprachwuert seet:" On ne peut pas être et avoir été " Dat solle sech den Ex Minister Goebbels a Cie
zu Häerz huelen . Alles zu senger Zäit!

René Charles
26. August 2018 - 1.36

De "Betongminister" huet nach ee klenge Groll op déi gring: déi hun hien déi dräispurech Autobunn Esch-Lxbg. net maache gelooss. Dat war déi Zäit wéi déi Greng sech nët eens waren an sech gespléckt haten. Ëmmerhin as ët duergaang fir déi Pläng ze zerappen an dem Betongminister de gëllene Bagger z'iwerreechen.

A propos: wien misst hautdesdachs de gëllene Bagger kréien, a wouhin as deen verschwonnen?

roger wohlfart
7. August 2018 - 22.12

Ganz richteg, e lamentablen, bëssechen Artikel voller Näid, armeséileg ! Ech géif mech schummen. Elo ass de Goebbels näischt méi an duerfir deelt hien aus!

Michel Cames
7. August 2018 - 21.14

Stëmmt just net, dat Diesel-Autoen eng besser Klimabilanz hätten wéi Bensinner. Mee dat ass bei villen zu Lëtzebuerg nach net ukomm. Virun 15 Joer konnt dat gestëmmt hunn, mee dunn haten Diesele nat kee Partikelfilter an d'Produktioun vun Diesel aus der Raffinerie wär eppes méi effizient wéi haut wou d'Demande no Diesel net sou héich wor. Mee et gi nach aaner Ursaachen.

R. Franck
7. August 2018 - 20.14

Waat e béisswellegen Artikel. Aus all Zeil spruddelt den Näid vun engem ehemols gescheiterten Spëtzekandidat op den Staater Buergermeeschterstull. An vun engem soss emol tituléierten Betonsminister deen selwer gären an oft Strossen ageweiht huet.

roger wohlfart
7. August 2018 - 12.56

Das schreibt der Richtige! Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.

dePetz1
7. August 2018 - 11.15

Richteg gesinn !
Fotoen mam Här Bausch beim TRAM, daat gesait gutt aus. Eng Piste Cyclable och.
Fotoen mam Här Bausch bei engem RADAR op enger Landstrooss,
bei enger Cargolux by Night - wär guer keng gutt "Propaganda".
Obwuel den Impakt genau sou grouss ass. Ass d' Foto gutt - ass alles gutt ?
Gesait en ëmmer dei selwecht Biller ginn d' Leit midd, ginn d' Biller wiekungslos.
Beim Tram riskeiert dat de Fall ze ginn.