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Sie sind wieder da

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Es ist falsch, Rechtsextreme als proeuropäisch zu adeln - meint unser Redakteur Armand Back.

Damit wäre es also so weit. Das erste Mal in seinem Leben befindet sich der auch bereits mittelalte Schreiber dieser Zeilen in einem Land mitten in Westeuropa, in dem Rechtsextreme (und zumindest ehemalige Neonazis) mitregieren. Aus einer Partei heraus, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Nazi-Schergen gegründet wurde.

Demnach: Vielen, vielen Dank, soziale Christdemokratie, denn ohne euch wäre das nicht möglich gewesen – und es wurde von den Kollegen aus den Mitgliedsparteien der konservativen Fraktion im Europäischen Parlament ja auch fleißig gratuliert; ein Verein, dem auch die CSV angehört. Dass dies so kommen sollte, war sogar der explizite, bereits vor Jahren heimlich vom neuen österreichischen Kanzler Sebastian Kurz und seinem engstem Team ausgearbeitete Plan, um endlich selber an die Macht zu kommen und die verhassten Sozialdemokraten von dieser weg zu katapultieren. Koste es, was es wolle.

Nun soll keiner von dieser Seite kommen und sagen, er hätte das nicht bedacht. Das war glasklar und auch jedem Österreicher vollends bewusst. Am Wahlabend vom 15. Oktober berichtete das Tageblatt von der ÖVP-Party in Wien aus. Da haben sich die konservativen Parteigranden ebenso wie die treuen bourgeoisen Unterstützer der österreichischen Christdemokraten genauso lauthals über das gute Resultat der rechtsextremen FPÖ gefreut wie über das historisch gute Ergebnis ihrer eigenen Partei.

Und wie reagiert Europa?

Das gratuliert Kurz dafür, dass sein Koalitionsabkommen mit der FPÖ proeuropäisch ist. Und das war es. Hauptsache, das Business ist nicht in Gefahr, was es mit den Abrissbirnen für alles Soziale, die nun am Ruder sind, mit Sicherheit nicht sein wird – das wird ein faschistoid angehauchter Floribus für die Happy Few, das Ganze auf Kosten der unteren Einkommensschichten.

Dies scheint zum Hauptkriterium geworden zu sein, um sich das Passe-partout-Label der EU-Kompatibilität in Brüssel abholen zu können. Überreicht unter anderem von einem Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der noch zu Beginn dieses europäischen Superwahljahres, das ja im Zeichen des Kampfes gegen den aufstrebenden Rechtspopulismus stand, nicht müde wurde, das Friedensprojekt Europäische Union aus genau diesem Grund zu verteidigen und zu rechtfertigen, weil es eben ein Friedensprojekt wäre.

Und was war vor diesem Frieden? Genau, Krieg gegen die Nazis – deren direkte ideologische Erben nun in Österreich mit an der Macht sind.

Was proeuropäisch wiederum für Kurz bedeutet, dürfte mittlerweile auch dem letzten Proeuropäer bewusst sein. Der Quote zur Umverteilung von Flüchtlingen (ein Richtungsstreit, bei dem es in der EU mehr um die eigenen Grundfeste und die Pflicht zur Solidarität als um die tatsächliche Umverteilung geht) hat Österreichs Kanzler nun eine Abfuhr erteilt. Das ist das Denken der Visegrad-Staaten.

Österreich orientiert sich um. Nicht, um aus der EU auszusteigen, das will sogar die FPÖ schon längst nicht mehr. Sondern um die EU mit umzubauen – mit tatkräftiger Unterstützung aus dem extrem rechten Lager.

Die Auszeichnung, proeuropäisch gesinnt zu sein, verliert so jeden Inhalt. Für Europa kann das nicht gut sein. Es ist ein wahres Trauerspiel. Um es noch einmal klarzumachen: Sie sind wieder da – in Österreich passiert es gerade, zu jeder Stunde, Tag für Tag, fünf Jahre lang. Und das mit dem Einverständnis der EU.

armand
27. Dezember 2017 - 18.07

was ist denn die letzten jahre in F 33% D 13% AUT 27% NL oder B schiefgelaufen? dann bekommt man die antwort: angst vor der globalisierung, abgehängte,.. usw. keiner mag das kind beim namen zu nennen.

Jeannosch
27. Dezember 2017 - 15.10

Politikversagen macht die Bürger empfänglich für falsche Lösungen. Wer über Jahre die Sozialpolitik vernachlässigt, die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet, dem Bürger kein Gehör schenkt , sollte nicht aufschreien."Sie sind wieder da"

Grober Jean-Paul
27. Dezember 2017 - 14.35

„Sie sind wieder da“!
Sie waren noch nie weg. Merke nur, dass der IQ des Wahlvolkes immer kleiner wird. Was noch befremdlicher wirkt ist die Stille der Sozialdemokratie und der allgemeinen Linken, sind wohl im Dornröschenschlaf oder ist Ihnen die Sprache verschlagen?

René W.
27. Dezember 2017 - 13.48

Wie lange wird es dauern, bis die CSV, die ja nie und nimmer mit der ADR auf einer Bank sitzen wollte, über ihren Schatten springt (oder besser gesagt, nichts mehr davon wissen will) und genau das gleiche macht wie jetzt in Österreich. Um der Macht willen, könnte das schon nächstes Jahr der Fall sein.