In vielen Wahlprogrammen dieses Jahres findet man zwischenparteiliche Übereinstimmungen darüber, welche kulturpolitischen Maßnahmen in nächster Zeit Vorrang haben sollten, wie z.B. die Wiedereinführung des «Congé culturel» oder das Senken der Mehrwertsteuer bei kulturellen Produktionen. Vergleicht man anschließend die Wahlprogramme von 2013, das darauffolgende Regierungsprogramm der Koalition und die Programme für die kommenden Abgeordnetenkammerwahlen, sieht man auch hier Parallelen und deutliche Wiederholungen.
Klar kann man kaum verlangen, dass innerhalb von fünf Jahren alle Kulturbaustellen angegangen werden – jedoch erkennt man durch diese Parallelen, wie die Zivilgesellschaftsvertreter und Kulturschaffenden von «Forum Culture(s)» bereits im Februar angemerkt hatten, dass eine ganze Menge geplanter Änderungen nicht mal den Ansatz einer Umsetzung bekamen. Sodass es kaum verwunderlich (und sicherlich für andere Parteien auch bequem) ist, dass man die üblichen Verdächtigen in den politischen Zukunftsplänen wiederfindet. Gleichzeitig professionalisiert sich die Kulturszene, wie man noch am Dienstag im Laufe einer Pressekonferenz der «Theater Federatioun» bemerken konnte, sodass die Diskrepanz zwischen dem Vorsprung der Kulturschaffenden und dem Hinterherhinken der Politiker immer deutlicher wird.
Zwei Sachen kann und soll man dabei aber anmerken: Erstens scheint gerade die DP in ihrem aktuellen Wahlprogramm eine ganze Menge der vor fünf Jahren anvisierten, jedoch nicht ansatzweise durchgeführten Maßnahmen nun über Bord geworfen zu haben. Mit der praktischen Anmerkung, man gedenke auf jeden Fall, den Kulturentwicklungsplan umzusetzen. Jeder Vorwurf hinsichtlich der Abwesenheit einer kulturpolitischen Aufbesserung kann so mit dem KEP-Joker verworfen werden. So musste man sich wohl kaum viel Zeit nehmen, um die Kulturpolitik im Wahlprogramm zu verarbeiten, schließlich hat man diesen Aspekt implizit via Jo Kox schon ausgelagert.
Zweitens bleibt zu bedenken, dass die aktuelle Regierung in Sachen Kulturpolitik stets ein gewisses Sensationsnarrativ der konkreten Umsetzung intelligenter Aufbesserungen bevorzugt hat. Was hätte man alles durchführen können, hätte man nicht so viel Energie in das (zum Teil) sinnlose Kündigen der Konventionen, den Lunghi-Skandal, das Esch-2022-Debakel investieren müssen.
Problematisch bleibt zudem, dass einerseits viele der Maßnahmen einer Schaufensterkulturpolitik zuzuordnen sind (wie oft betonte Kulturminister Bettel, er habe Luxemburg ein Schaufenster errichten möchten, und wie sehr geht der Plan eines Luxemburg-Hauses noch verstärkt in eine solche Richtung?) und dass sich die DP andererseits immer wieder für Privatisierungsmaßnahmen starkgemacht hatte. Bettels Bemerkung an Schauspielerin Larisa Faber im Laufe der diesjährigen «Assises culturelles», auch er habe wie die klagenden Kunstschaffenden am Anfang seiner Anwaltskarriere für wenig Geld gearbeitet, verriet ein neoliberales Credo hinter der Subventionskultur.
Wer Schaufenster sagt, impliziert immer auch, dass er der Kultur einen separaten Raum schaffen, sie von der Bevölkerung trennen möchte. So lassen sich eine Vielzahl der Koalitionseingriffe als ein Wegsperren der Kunst interpretieren – z.B. die geplante «Galerie nationale d’art luxembourgeois» und das Luxemburg-Haus. Kein Wunder, dass Leute eines Schlages von Janina Strötgen oder Andreas Wagner hier nicht ins Bild passten: Schließlich setzt ihr Remix-Bidbook für Esch 2022 auf ein Kulturverständnis, das Kultur unter die Leute bringen will, um etwas über die Welt auszusagen.
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