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Nadel im Heuhaufen

Nadel im Heuhaufen

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Am Freitag haben die EU-Innenminister eine Einigung in den seit Jahren schleppenden Verhandlungen über die Schaffung eines europäischen PNR-Systems (Passenger Name Records) erzielt.

Somit werden auch in mehr oder weniger naher Zukunft bestimmte Daten – wie Namen, Adresse, Kreditkartennummer u.ä.m. – von Flugpassagieren erfasst, die außerhalb Europas reisen. Unter Umständen werden aber auch auf innereuropäischen Flügen diese Informationen von den Fluggesellschaften gesammelt und den Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt. Diese versuchen, anhand dieser Daten herauszulesen, ob jemand in terroristischer Absicht unterwegs ist. Das System wurde den Fluggesellschaften, die die Vereinigten Staaten anfliegen, nach den 9/11-Attentaten aufgezwungen.

gkemp@tageblatt.lu

Daten auch nutzen

So lange hinkten die EU-Staaten hinterher, bis eben zum Pariser Freitag, dem 13. Eigentlich sollte bereits nach den Anschlägen im Januar u.a. auf Charlie Hebdo das europäische PNR-System zügig beschlossen werden. Doch hatten weiterhin die EU-Parlamentarier ihre Bedenken. Die an sich auch jetzt noch nicht gänzlich vom Tisch sind. Sie monierten nicht nur den fehlenden Datenschutz und die Unverhältnismäßigkeit der undifferenzierten Datensammlung, sondern auch den praktischen Nutzen. Insbesondere die beiden letzten Punkte haben nach wie vor ihre Gültigkeit.

Es fragt sich, ob in jedem Heuhaufen nach der sprichwörtlichen Nadel gesucht werden muss. Das Problem scheint weniger zu sein, festzustellen, wer in den Dschihad zieht und sich dann wieder nach Europa zurückzieht. Ebenso wie manche der Attentäter von Paris sind europäischen Nachrichtendiensten offenbar Dutzende, wenn nicht gar Hunderte solcher sogenannten „foreign fighters“ bekannt, von denen möglicherweise einige bereit sind, Terroranschläge in ihren Herkunftsländern zu verüben. Nur weiß nicht jeder nationale Geheimdienst, nicht jede nationale Polizeibehörde in Europa von diesen Kämpfern und Verdächtigen. Es gibt ein Problem mit dem Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden in der EU, das haben die Anschläge von Paris bewiesen. Und dieser fatale Mangel lässt sich nicht durch Aktivismus an anderen Stellen beheben. Zumal ohnehin an den Außengrenzen der EU, also auch an den Flughäfen, Personenkontrollen durchgeführt werden. Wo festgestellt werden sollte, wer ein- bzw. ausreist.

Ob sich daher der Aufwand, die Daten sämtlicher Flugpassagiere zu erfassen, überhaupt lohnt, wurde offenbar noch nicht geklärt. Sinnvoller wäre es stattdessen, den Informationsfluss zwischen den europäischen Diensten und Sicherheitsbehörden zu verbessern. Wozu durchaus auf bestehende Instrumente wie das Schengener Informationssystem aufgebaut werden kann. Oder, warum nicht, eine Art EU-Geheimdienstbehörde aufgebaut werden könnte, die koordinierende Aufgaben übernehmen könnte. Denn Daten sind ausreichend vorhanden. Sie werden nur nicht genutzt.

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