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Motivationsproblem

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Die Sache mit den Schullektüren.

In gut zwei Wochen ist schon wieder Schulanfang und wie so oft machen sich die einzelnen Gymnasiallehrer so langsam Gedanken über ihr Jahresprogramm. Eine der wesentlichen Fragen, die es dabei zu beantworten gilt, wäre, welche literarischen Werke im Laufe des Jahres neben dem Pflichtprogramm mit den Schülern gelesen werden sollen. Dabei gilt es natürlich, eine gute Mitte zwischen potenziellen Interessen der jungen Erwachsenen (wie sie ein ganzes Genre englischsprachiger Literatur – und der dazugehörige Markt – bezeichnet) und bildungsfördernden Werken zu finden.

Frage: Ist es angebracht bzw. sinnvoll, Bücher vom Marquis de Sade im Unterricht zu lesen? Ist «Das Parfum» mit seiner orgiastischen Schlüsselszene überhaupt eine geeignete Lektüre? Sind Werke von Autoren, deren oft kaum exemplarische Existenzen – man denke an Baudelaires Vorliebe für Prostituierte – manchmal Spuren in ihren Werken hinterlassen, überhaupt angemessen? Nimmt man allerdings nur diese verwässerten, harmlosen, niedlichen Autoren, deren Werke so diskret sind, dass sie sich keiner wichtigen Problematik auch nur ein bisschen annähern, verfehlt man wohl auch den Lehrauftrag. Die Frage ist, wie viel Realität man den Schülern zumuten möchte. Denn gute Literatur ist schonungslos, mutig und oft sozial marginal – ganz gleich, ob sie metaphysische Fragen der Sterblichkeit oder soziale Fragen der Ungleichheit aufwirft.

Ein wichtiger und wunder Punkt ist aber folgender: Oft werden die Bücher überhaupt nicht nach all diesen Kriterien ausgewählt. Wie erklärt es sich sonst, dass teilweise Bücher von Amélie Nothomb, Marc Lévy oder Didier van Cauwelaert gelesen werden? Einen Bildungsauftrag kann man solchen Werken kaum entnehmen. Und auf das Interesse der Schüler stößt man mit solch unterirdischer Literatur auch kaum. Denn man soll seine Schüler nicht unterschätzen. Die merken schon, wenn man ihnen miese Bücher zur Lektüre auferlegt – genauso wie sie mitbekommen, wie unmotiviert der Lehrer selbst ist, ein langweiliges, unbedeutendes Werk auf eine ebenso langweilige, unbedeutende Weise zu interpretieren.

Findet man dann einmal ein Werk, das in der Tat sowohl die Interessen der Schüler wecken könnte als auch erzieherisch wertvoll ist, wird dies allerdings so oft behandelt, dass man sich fragt, ob es zu diesem Thema vielleicht wirklich nur dieses eine Buch gibt. So wird z.B. Laurent Gaudés «Eldorado» zum Thema Flüchtlingskrise sehr oft im Schulunterricht behandelt. Nun gut, «Eldorado» ist stilistisch allenfalls Mittelmaß, allerdings ist die behandelte Problematik in der Tat wesentlich.

Nur: Eine Fiktion gibt eine mögliche Antwort, einen möglichen Blickwinkel. Und wenn man diese Blickwinkel nicht multipliziert, bleibt man bei einer uniformen Weltansicht. Variation wäre hier Trumpf. Der türkische Autor Hakan Günday hat mit «Encore» ein Meisterwerk zum Thema geschrieben. In den Schulen liest das niemand. Wieso? Leider scheint beim Lehrpersonal – ich verallgemeinere und kenne selbst zahlreiche Ausnahmen – das Interesse für spannende, wichtige Literatur oft abhanden gekommen zu sein. Eine angestaubte Empfehlungsliste vom Erziehungsministerium hilft da auch nicht viel. Dies ist umso bedauerlicher, da das Lesen eines einzigen wichtigen Romans (speziell im jungen Alter) eine lebensverändernde Rolle spielen könnte.

Robert Segga
4. September 2017 - 20.44

Those Princes of Belair always target the highest, just to get their academical brilliancy a little bit shiny!
Von welchen 'jungen Erwachsenen' schreibt denn in diesem Artikel der Autor?
Ein Gymnasium, oder (für jene Luxemburgisch-lästigen) ein Lyzeum, ob klassisch oder technisch, beherbergt doch gerademal 13 bis 20Jährige.
Spricht der Autor nur von der Abschlussklasse - und dann bitte, von welcher - oder, zieht er etwa die gesamte Lernzeit eines Schülers in Betracht?
Ich lese also, und bin gar verwundert: 'Einen Bildungsauftrag kann man solchen Werken kaum entnehmen.'
Wie bitte? Sollten Schriftsteller derweilen schon dazu genötigt werden, Werke nach Bildungsaufträgen zu schreiben? Warum sollte sowas geschehen? Um irgendwelchen gebildeten Freaks das Recht zu geben, Schülern vorzuschreiben, was gut und Recht ist?
Betrachtete man Schüler als mündig, machte man ihnen keine Vorschriften, und lieferte man ihnen keine vorabgefassten Werteformulierungen, stürben die Schwane in den Teichen der Prinzen von Sie wissen ja.

najanaja
2. September 2017 - 0.56

Sie wissen also welche Bücher in jeder Klasse gelesen werden?
Sehr viele 'Proffen' lesen neue und interessante Bücher da es ihnen überlassen ist welche Bücher sie mit ihren Klassen lesen. Natürlich gehören Klassiker auch dazu, aber so ist es halt überall.
Es ist heute auch nicht mehr so leicht junge Leute zum Lesen zu motivieren, dies ist auch immer einem super Jugendbuch möglich. Viele Jugendromane sind auch 'einfach' geschrieben da sie sich ja an ein junges Publikum richten, deswegen finde ich Ihre Bemerkung 'Nun gut, “Eldorado” ist stilistisch allenfalls Mittelmaß, allerdings ist die behandelte Problematik in der Tat wesentlich.' nicht passend.
Schauen Sie sich lieber mal an was in 'Realität' in den Klassen gelesen wird oder gehen Sie in eine gute Buchhandlung und lassen Sie sich zum Thema Jugendliteratur beraten.

Piejun
1. September 2017 - 8.47

Wie wäre es mit "1984", "Brave new World" Oder "Animal Farm".?

Bpat
1. September 2017 - 5.46

Wie kann es sein dass in unserem Schulsystem Lehrkörper erlauben können den offiziellen Lehrplan einfach so ändern zu können? in der Zeit wo ich in die Schule ging hatten Sprachenprofessoren die Arroganz die offiziellen Schulbücher einfach zu ignorien und nur "ihre" eignen Lesebücher im Unterricht zu verwenden . In den Naturwissenschaftlichen Fächer wäre keiner Professor auf die Idee gekommen "seine" eigenen Bücher zu benutzen. Meine Eltern mussten nie ein 2. Physikbuch kaufen was nicht auf dem Lehrplan stand .

Mick
31. August 2017 - 19.41

Seit wann gibt es in Luxembourg Gymanasiallehrer? Es kann sich dabei doch nur um Lyzeumsprofen handeln, denn Gymnasien gigt es auf der anderen Seite der Mosel aber hier nennt man das noch immer Lyzeum!

Student
31. August 2017 - 10.52

"Der Unaufhaltsame Fall des Dr.Spacecake" von Marco Ciaferri ; )

Bücherwurm
31. August 2017 - 8.52

Amélie Nothomb ist nun wirklich nicht mit Marc Lévy vergleichbar und auch keine miese Literatur!

Markus
31. August 2017 - 8.41

Sie scheinen nicht zu bemerken das ihre literarischen Ansichten einer der Gründe ist, wieso den Kindern das Lesen vergeht.