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Krämer des Zweifels

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In der Klimawissenschaft gibt es einen weitgehenden Konsens darüber, dass die Menschheit ein Problem hat. Ein existenzbedrohendes. Ein im Wesentlichen menschengemachtes.

Eine kleine Minderheit von Wissenschaftlern ist der Überzeugung, dass es sehr wohl einen Klimawandel gibt, dass er aber nur zu einem vernachlässigbaren Anteil vom Menschen verursacht wird.

fwagner@tageblatt.lu

Dergleichen ist in den Naturwissenschaften gang und gäbe. Es herrscht dort selten totale Übereinstimmung. Wobei sogar ein nicht unerheblicher Teil des wissenschaftlichen Fortschritts dem Umstand geschuldet ist, dass das Bestehende angezweifelt wird. Wissenschaftler versuchen, Mängel oder Fehler in den derzeit mehrheitlich akzeptierten Lehrmeinungen nachzuweisen und ihrerseits Theorien zu entwickeln, die diese Mängel und Fehler beheben und dergestalt einen Erkenntnisfortschritt bewirken.

Zweifel am Bestehenden ist also in der Naturwissenschaft nicht nur alles andere als ungewöhnlich, es ist sogar unverzichtbar für den Ausbau unseres Wissens.

Es ist aber so, dass in der Naturwissenschaft der Disput für gewöhnlich unter Fachleuten stattfindet, unter Menschen also, die wissen, wovon sie reden. Man stelle sich vor, dass etwa ein Germanist, ein Rheumatologe und ein Klempnermeister der gesamten Astronomenzunft attestierten, von dem ganzen Sternengedöns keinen Schimmer zu haben. Man riete den drei Herrschaften in dem Falle, dann doch lieber über Fußball zu pontifizieren, jene Disziplin, von der nachweislich jedermann, seine Oma und sogar dem Kevin sein Hund etwas verstehen.

In der Klimawissenschaft ist diese absurde Situation aber leider die Norm. Der wissenschaftliche Konsens über den anthropogenen Klimawandel wird in der Regel massiv in Zweifel gezogen … von Menschen, die möglicherweise in allen erdenklichen Fachgebieten bewandert sind, nur halt nicht in Klimatologie.

Präsentiert werden dabei immer wieder die gleichen zwei Dutzend Einwände gegen den derzeitigen wissenschaftlichen Konsens. Einwände, die allerdings von der Fachwelt längst widerlegt wurden. Dies ficht die „Contrarians“ aber nicht an: Mit den Widerlegungen ihrer Behauptungen setzen sie sich erst gar nicht auseinander, sondern begnügen sich mit der gebetsmühlenhaften Wiederholung ihrer Propaganda. Wofür es praktischerweise kein Fachwissen braucht.

Es fällt auf, dass etliche Klimaskeptiker, allen voran Konzerne, die ihre Milliarden mit der Förderung von Erdöl und Kohle scheffeln, nach den gleichen Methoden operieren wie einst die Tabaklobby, die über Jahrzehnte hinweg den Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs systematisch in Abrede zu stellen suchte. Dieser Lobby gelang es, eine Minderheit von gewissenlosen und korrupten Medizinern für ihre Zwecke einzuspannen. Dokumentiert wurde dieser beispiellose Skandal in dem interessanten Buch „Merchants of Doubt“ von Naomi Oreskes und Erik Conway, worin sie erklären „wie eine Handvoll Wissenschaftler die Wahrheit über eine Reihe von Fragen – vom Tabakrauch bis zum Klimawandel – vertuschten“.

Wobei die unehrlichen und gekauften unter den Zweifelskrämern sich kriminellerweise des Todes ungezählter Menschen schuldig machen.